• 12.10.2012, 11:45:11
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Neues Kindschaftsänderungsgesetz: Frauenhäuser befürchten massive Belastungen auf Frauen und ihre Kinder zukommen

Wien (OTS) - Frauenhäuser haben sich immer vehement gegen eine
gesetzliche Anordnung einer gemeinsamen Obsorge bei strittigen
Trennungen ausgesprochen. Wir bedauern sehr, dass diese Warnung nicht
ernst genommen wurde, so Rösslhumer. Denn gewalttätige Beziehungen
können nicht durch ein Gericht harmonisiert werden! Frauenhäuser
befürchten vor allem massive Belastungen auf Frauen und ihre Kinder
zukommen, denn die geplante Gesetzesänderung schwächt die Position
von ledigen Müttern, wenn gewalttätige Väter das alleinige oder
gemeinsame Sorgerecht beantragen. "Viele betroffene Frauen sind jetzt
sehr verängstigt, dass sie nach dem neuen Gesetz mit massiven
Forderungen des Kindesvaters, mit dem sie vielleicht gar nicht
zusammenleben, konfrontiert werden und womöglich die Obsorge für ihre
Kinder sogar verlieren, eine Drohung, die von gewalttätigen Männern
häufig ausgesprochen wird", weiß Maria Rösslhumer zu berichten.

Positiv zu erwähnen ist jedoch, dass im neuen Gesetzesentwurf
erstmals eine klare Definition zum Kindeswohl gelungen ist. Maria
Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Österreichische
Frauenhäuser (AÖF), begrüßt es "dass das Kindeswohl erstmals klar
definiert und sowohl die direkte wie auch die indirekt erlebte Gewalt
bei der Definition des Kindeswohls mitberücksichtigt werden soll".

Vollkommen offen bleibt jedoch, welche Beweise bei Gericht für den
Nachweis von Gewalt herangezogen werden und wie die Betroffenheit von
Gewalt erkannt werden kann.

In diesem Zusammenhang kritisieren die autonomen Frauenhäuser,
dass nach wie vor keine Schulungen von im Obsorgeverfahren
Beteiligten zu Gewalt vorgesehen sind. "Unseren Erfahrungen nach gibt
es große Defizite in Bezug auf Information und Sensibilisierung von
RichterInnen und GutachterInnen zu Gewalt". Fehlendes Wissen über
Gewaltdynamiken hat gravierende Auswirkungen auf die Entscheidungen
im Verfahren und damit auf das Leben von gewaltbetroffenen Frauen und
ihrer Kinder. "Es ist unverständlich, warum im neuen Entwurf keine
verpflichtenden Schulungen zum Thema " Häusliche Gewalt" vorgesehen
sind", bedauert Birgit Thaler-Haag, Obfrau des Vereins AÖF und
Geschäftsführerin des Frauenhauses Salzburg.

Frauenhäuser fordern daher dringend, dass alle Berufsgruppen wie
RichterInnen, GutachterInnen, PädagogInnen, PsychologInnen und
SozialarbeiterInnen, die gemäß den neuen Bestimmungen des
Familienrechts am Obsorgeverfahren beteiligt sein sollen, zum Thema
Gewalt an Frauen und Kindern geschult werden.

Frauenhäuser sehen darüberhinaus die "Phase der elterlichen
Verantwortung" von sechs Monaten bei strittigen Scheidungen und
Trennungen als sehr problematisch an. Bei Gewaltbeziehungen ist auch
nach der Trennung das vorrangige Ziel der Schutz vor dem Gewalttäter.
So eine Phase, die unmittelbar an die Trennung anschließt und in der
es zu keiner Prüfung der bisherigen Obsorgeregelung kommt, wird die
Gewalt prolongieren. Die FamilienrichterInnen sind bereits jetzt
massiv überlastet, daher werden die Obsorgeverfahren zukünftig noch
länger dauern. Da jeder Fall einzeln genau geprüft werden muss, wird
sich die Zeit der Konflikte und der unklaren Rahmenbedingungen
verlängern, dies bedeutet eine extrem belastende Situation für die
Kinder.

Birgit Thaler-Haag sieht erkennt noch eine weitere Lücke im
Entwurf: "Inwieweit wird in dieser Phase die Verantwortung und
Betreuung der Kinder vor der Trennung mitberücksichtigt? Das bleibt
im aktuellen Entwurf unklar." Erfahrungen der Frauenhäuser zeigen,
dass von Gewalt betroffene Frauen vor der Trennung oftmals alleine
für ihre Kinder sorgen und diese schützen. Dass diese vorher
geleistete Betreuungs- und Erziehungsarbeit keine stärkere
Berücksichtigung findet bei der Entscheidung, bei welchem Elternteil
die Kinder in diesen sechs Monaten leben sollen, ist unverständlich
und entspricht nicht dem Kindeswohl.

Um das zu vermeiden, ist es grundlegend, dass alle an
Obsorgeverfahren Beteiligte das notwendige Wissen über die
Auswirkungen von Gewalt in der Familie sowohl auf Frauen als auch auf
Kinder haben. Ein gewalttätiger Partner und Vater hat vor allem im
Sinne des Schutzes des Kindeswohls seinen Anspruch auf das Sorgerecht
verwirkt. Das muss in den neuen Regelungen des Familienrechts
garantiert sein.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | AFH

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