- 24.09.2012, 12:15:37
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Tierversuchsgesetz: Österreichische Forscher fürchten Einschränkungen für die Krebsforschung und massive Standortnachteile
Wien (OTS) - Eine EU-Direktive zur Vereinheitlichung der
Tierversuchs-Gesetzgebung im europäischen Raum verpflichtet das
österreichische Parlament, noch in diesem Jahr eine Neufassung des
Tierversuchsgesetzes zu beschließen. Forscher und Forscherinnen der
wichtigsten universitären und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen Österreichs äußern schwere Bedenken gegen den
veröffentlichten Entwurf. Wird das Gesetz wie geplant umgesetzt,
gefährdet dies den Forschungsstandort Österreich und erschwert
biomedizinische Grundlagenforschung.
Die Forscher sind sich darin einig, dass Tierversuche so schonend
wie möglich und unter genau kontrollierten Bedingungen durchgeführt
werden müssen. Diese Bedingungen europaweit zu harmonisieren, ohne
die Situation für die österreichische Forschung zu verschlechtern,
ist das Ziel. Tierversuche in Länder abzuschieben, deren Gesetze
weniger restriktiv sind, liefert die Tiere den dort herrschenden,
sehr viel schlechteren Bedingungen aus.
Konkret geht es den Forschern um die Definition der zulässigen
Anwendungsbereiche von Tierversuchen. Bei restriktiver Auslegung des
Gesetzes könnten bestimmte experimentelle Ansätze, etwa im Bereich
der Krebsforschung, in Zukunft verboten sein.
Biomedizinische Grundlagenforschung kann ohne Tiermodelle nicht
auskommen. Krebserkrankungen beispielsweise können in ihrer
Komplexität nicht an einzelnen Zellen oder Geweben simuliert werden,
sie müssen im Gesamtorganismus studiert werden. Spezifisch wirkende
Krebsmedikamente, wie sie heute bereits vielfach eingesetzt werden,
gehen auf Untersuchungen an Säugetieren zurück und hätten ohne diese
nicht entwickelt werden können.
Tiere, die an Krebs oder anderen komplexen Krankheiten erkrankt
sind, leiden - genau wie Menschen - mehr oder weniger daran. Eine
exakte Vorhersage des Krankheitsverlaufs ist oft unmöglich. Genau das
verlangt jedoch das neue Gesetz.
Sollten Experimente einer bestimmten Kategorie in Österreich
generell untersagt werden, so würde die Forschung in andere Länder
ausweichen. Ein massiver Standortnachteil für die heimischen
Forschungseinrichtungen wäre die Folge, der darüberhinaus durch eine
heuchlerische Grundeinstellung hervorgerufen wird. Der medizinische
Fortschritt, der besonders von betroffenen Patienten herbeigesehnt
wird, ist auch in Österreich willkommen, die Erforschung der
Krankheitsmechanismen soll jedoch anderswo passieren.
Die Zulässigkeit von Tierversuchen im biomedizinischen Bereich
beruht letztendlich auf einer ethischen Abwägung, welchen Stellenwert
man dem Leben von Menschen beziehungsweise Tieren beimisst. Die
Forscher appellieren an die Gesellschaft, sich diese Frage aufrichtig
zu stellen.
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