• 13.09.2012, 09:42:51
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GLOBAL 2000 deckt auf: Korneuburger Grundwasser massiv mit Pestiziden belastet

Bislang unentdecktes Pestizid liefert Erklärung für Pflanzenschäden - kontaminiertes Wasser wurde lange Zeit in Donau gepumpt

Utl.: Bislang unentdecktes Pestizid liefert Erklärung für
Pflanzenschäden - kontaminiertes Wasser wurde lange Zeit in
Donau gepumpt=

Wien (OTS) - Seit Frühjahr 2011 ist bekannt, dass das Korneuburger
Grundwasser durch das Pestizid Thiamethoxam verunreinigt ist. Bei von
GLOBAL 2000 beauftragten Pestizid-Untersuchungen durch das
Umweltbundesamt stellte sich nun heraus, dass eine zusätzliche,
bislang der Öffentlichkeit nicht bekannt gemachte massive Belastung
durch das Herbizid Clopyralid in einem Ausmaß von 57 Mikrogramm pro
Liter vorliegt.

Beprobungen an einer Filteranlage zeigten zudem, dass das seit dem
Frühjahr 2011 im Zuge von Sanierungsmaßnahmen des Pharma-und
Pestizidherstellers Kwizda über Sperrbrunnen abgepumpte und in den
Donaugraben eingeleitete Wasser ebenfalls große Mengen von Clopyralid
(28 Mikrogramm pro Liter) sowie Thiamethoxam (1 Mikrogramm pro Liter)
enthält. Helmut Burtscher, Umweltchemiker von GLOBAL 2000, betont:
"Der Messwert von Clopyralid im Grundwasser entspricht dem 570-fachen
des Grenz- bzw. Aktionswerts von 0,1 Mikrogramm pro Liter, ab dem ein
Grundwasser als pestizidbelastet gilt und daher keine
Trinkwasserqualität mehr aufweist. Das ist unseres Wissens nach die
größte in Österreich bislang bekannt gewordene
Pestizid-Grundwasser-Kontamination." In diesem Zusammenhang besonders
besorgniserregend ist, dass es sich sowohl bei Clopyralid als auch
bei Thiamethoxam um Pestizidwirkstoffe handelt, die in der Umwelt nur
sehr langsam abgebaut werden und zahlreiche negative Effekte auf das
Ökosystem haben.

Pestizide werden ohne behördlichen Bescheid in die Donau gepumpt

Thiamethoxam und Clopyralid sind laut Sicherheitsdatenblatt der Firma
Kwizda als "sehr giftig" bzw. "giftig für Wasserorganismen"
eingestuft. "Dass diese Pestizide dennoch in großer Menge in den
Donaugraben und damit in die Donau eingeleitet wurden, ist ein
ökologisches Drama", sagt Burtscher. "Dass diese Einleitung schon
seit Ende 2010 praktiziert wurde - ohne wasserrechtlichen Bescheid
der verantwortlichen Behörde - macht die Sache keineswegs besser."

Elisabeth Kerschbaum, Umweltstadträtin von Korneuburg, erhielt auf
ihre Anfrage nach der rechtlichen Grundlage dieser Einleitung in ein
Oberflächengewässer von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft die
schriftliche Auskunft, dass für diese Sanierungsmaßnahme eine
bescheidmäßige Anordnung nicht erforderlich sei, da die
erforderlichen Maßnahmen freiwillig durchgeführt würden. Kerschbaum
betont: "Das ist eine sehr eigenwillige Auslegung des
"Notfallsparagraphen" (§ 31 Wasserrechtsgesetz), der für "Gefahr in
Verzug" gilt. Davon kann aber fast zwei Jahre nach dem Unfall keine
Rede mehr sein. Wenn über dem Grenzwert kontaminiertes Wasser von der
Firma Kwizda in ein öffentliches Gewässer eingeleitet wird, muss doch
die Behörde zumindest festlegen, in welchem Ausmaß das erfolgen
darf!"

Rolle der Behörde wirft Fragen auf

Neben dem offensichtlichen Fehlen einer bescheidmäßigen Anordnung
besteht auch Aufklärungsbedarf darüber, wie der Wasserrechtsbehörde
der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg die Kontamination durch
Clopyralid so lange verborgen bleiben hat können, wo doch in den
vergangenen eineinhalb Jahren im Zuge der Thiamethoxam-Sanierung
hunderte Wasseranalysen durchgeführt wurden. "Es ist mir ein Rätsel,
wieso die Behörden nicht auf die Idee gekommen sind, das Wasser auch
auf andere Pestizide als die ohnehin schon bekannte Kontamination mit
Thiamethoxam untersuchen zu lassen", sagt Burtscher.

Verwunderlich ist zudem, dass die BH Korneuburg immer noch über die
Homepage www.korneuburg.gv.at die Brunnenbesitzer informiert, dass
das Gießen mit belastetem Grundwasser keine Auswirkungen auf das
Wachstum von Pflanzen habe. Richtig ist, dass die bislang bekannte
Kontamination durch Thiomethoxam die Schäden an den Pflanzen nicht
ausreichend erklärt - dies haben auch Gießversuche von Kwizda
bewiesen. Allerdings liefert die von GLOBAL 2000 gefundene Belastung
mit Clorpyralid eine schlüssige Erklärung. Burtscher erklärt: "Es ist
in meinen Augen ein unverantwortliches Vorgehen, den AnrainerInnen zu
'beweisen', dass ihre Pflanzenschäden nichts mit der
Pestizidbelastung zu tun haben, die bereits aufgedeckt wurde - und
nicht der Frage nachzugehen, ob etwa eine weitere Kontamination für
das Phänomen verantwortlich sein könnte. Im wahrsten Sinne des Wortes
müssen die AnrainerInnen sich dadurch 'gepflanzt' fühlen."

Bereits seit eineinhalb Jahren wissen sogar die höchstzuständigen
Stellen im Staat bis hinauf zu Umweltminister Nikolaus Berlakovich
aufgrund diverser parlamentarischer Anfragen über die
Grundwasserbelastung mit Thiamethoxam in Korneuburg Bescheid. Helmut
Burtscher sagt: "Es mir unverständlich, dass sich in dieser Causa
beispielsweise Stephan Pernkopf, seines Zeichens Umweltlandesrat von
Niederösterreich, im Zuge einer solchen Anfrage zum Thema als nicht
zuständig erklärt hat."

Kritisch sieht Umweltstadträtin Kerschbaum auch die Rolle der
Staatsanwaltschaft: Diese hatte eine von Kerschbaum eingebrachte
"Anzeige gegen Unbekannt" zurückgelegt. Die Begründung: Ein
Zusammenhang mit dem Störfall auf dem Betriebsgelände der Firma
Kwizda Agro Leobendorf am 13.08.2010 liege nicht vor und es bestehe
auch kein Anfangsverdacht für einen früheren Störfall. Kerschbaum
sagt: "Wenn es eine massive Grundwasserbelastung durch Thiamethoxam
gibt und diese Kontamination auch noch stromabwärts einer
Chemiefabrik auftritt, die dieses Pestizid vertreibt, sollte wohl ein
ausreichender Anfangsverdacht vorliegen!"

GLOBAL 2000 fordert:

- Einen sofortigen Stopp der Einleitung von kontaminiertem
Grundwasser in den Donaugraben

- Sorgfältige Abklärung, ob noch andere Chemikalien das Grundwasser
belasten

- Eine Evaluierung der bisherigen Sanierungsmaßnahmen und eine
Erhöhung von deren Effizienz

- Transparente Information der Öffentlichkeit

- Eine Untersuchung der Hintergründe des Versagens der zuständigen
Behörden und politisch Verantwortlichen

- Eine klare Identifizierung der VerursacherInnen der
Grundwasserkontamination

Die morgige ORF-Sendereihe "Am Schauplatz" steht ganz im Zeichen der
Grundwasserkontamination in Korneuburg. Es waren Recherchen für diese
Sendung, die den Anstoß für die gegenständlichen Wasseruntersuchungen
von GLOBAL 2000 gaben.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | GLL

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