Brüssel (OTS) - China als Großmacht im Bereich Erneuerbarer
Energien / Doch fundierte Kritik: Keine nachhaltige
Energiewirtschaft / Marktzugang für ausländische Unternehmen unfair
beschränkt / Neue EU-Strategie gefordert: Energie-Kooperationen auf
atomfreie Bereiche konzentrieren, Anerkennung als Marktwirtschaft an
faire Wettbewerbsbedingungen knüpfen
Als langjähriges Mitglied der China-Delegation des
Europaparlaments präsentierte der unabhängige österreichische
EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin heute beim interparlamentarischen
Treffen mit den Vertretern des chinesischen Nationalen
Volkskongresses in Brüssel im Auftrag der Delegation seine
Arbeitsergebnisse.
Auszüge:
"China ist auch im Bereich Erneuerbare Energien zur globalen
Großmacht aufgestiegen. Es investiert mehr als jeder andere
Nationalstaat in Wind- und Wasserkraft, die Nutzung von
Sonnenenergie, Biomasse sowie Energie aus Abfall. Im Jahr 2011 waren
es bereits 52 Milliarden US-Dollar, in den USA 51, in Deutschland 31
Milliarden. Alle 27 EU-Staaten kamen gemeinsam auf 107 Milliarden
US-Dollar.
Allein in Windkraft will die chinesische Regierung in Zukunft
zwölf Billionen Yuan (knapp 1,5 Billionen Euro) investieren. Bis 2050
soll Windenergie dadurch 17 Prozent des chinesischen Energiebedarfes
abdecken.
Zunehmend ist China auch Spitzenreiter beim Technologieexport im
Bereich der Erneuerbaren Energien. 2011 stammten schon 59 Prozent der
in Deutschland verbauten Photovoltaikmodule von chinesischen
Herstellern. Im Jahr 2010 wurden nach einer Untersuchung von PwC's
PRTM Management Consulting 45 Prozent des globalen Umsatzes mit
Photovoltaikmodulen und -anlagen von chinesischen Produzenten
erwirtschaftet. Sie verdienten dadurch 59 Prozent (2 Mrd. Euro) des
global erwirtschafteten Gewinns (3,4 Mrd. Euro), während der Profit
amerikanischer und deutscher Produzenten auf respektive 17 Prozent
und 8 Prozent fiel.
Obwohl europäische Hersteller in verschiedenen Fertigungsbereichen
(etwa Offshore-Windparks) den chinesischen Konkurrenten (noch)
überlegen sind, verlieren sie in China und weltweit zunehmend
Marktanteile. Die wichtigsten Gründe: chinesische Subventionen,
Preisdumping und unfaire Praktiken - etwa, dass ausländische
Hersteller in China in einigen Bereichen nur Minderheitsanteile an
Joint Ventures halten können. Chinesische Staatsbanken vergeben an
chinesische Großunternehmen oft auch Kredite mit marktwirtschaftlich
nicht zu rechtfertigende Zinsraten.
Erneuerbare Energien werden im aktuellen 12. Fünfjahresplan Chinas
als "strategische Wachstumsindustrie" eingestuft, allerdings
zuzüglich Atomkraft und "sauberer Kohle". Eine auf eine
"Energiewende" im originären Sinn - also auf eine tatsächlich
nachhaltige Energiewirtschaft - gerichtete Politik ist damit (noch)
nicht verbunden.
Für die chinesische Führung steht vielmehr eine möglichst
reibungslose, sichere Energieversorgung im Vordergrund - im Rahmen
des stets propagierten Ideals einer "harmonischen Gesellschaft". Die
Investition in Erneuerbare Energien ist deshalb stets auch Teil der
Investitionen in den eigenen Machterhalt.
Die Entwicklungen in China sind also nicht bestimmt durch eine
innere Überzeugung im Sinne der Nachhaltigkeit, sondern von
Pragmatismus, der sich auch wieder anderen Vorgehensweisen zuwenden
kann, also auch einer neuen Phase rückhaltloser Nutzung von Öl, Kohle
und Gas.
In diesem Zusammenhang kommt dem realen Erfolg der in der EU
propagierten "Energiewende" eine entscheidende Bedeutung zu. Gelingt
sie, wird China mitziehen und könnte sogar zum Vorreiter werden.
Im Rahmen einer neuen Strategie sollte die EU ihre
energiepolitischen Kooperationsprogramme mit China - wie etwa für das
EU-China Clean Energy Centre und das EU-China Institute for Clean and
Renewable Energy - auf die Erneuerbaren Energien beschränken. Die
Begrenzung ist notwendig, um einer lediglich 'kohlendioxidarmen'
Energiewirtschaft inklusive Atomindustrie zu entkommen.
Die EU als wichtigster Handelspartner der Volksrepublik China kann
und sollte europäischen Unternehmen endlich einen ebenbürtigen
Marktzugang zum chinesischen Markt ermöglichen. Vor allem bei
öffentlichen Ausschreibungen werden ausländische Unternehmen
diskriminiert.
Durch das Beitrittsprotokoll Chinas zur Welthandelsorganisation
(WTO) müssen andere WTO-Staaten die VRC erst ab 2016 als
'Marktwirtschaft' anerkennen. China drängt aber schon vorab auf
diesen Status, weil er unter Anderem Anti-Dumping-Verfahren gegen
chinesische Produzenten erschweren würde. Eine vorzeitige Anerkennung
als Marktwirtschaft sollte die EU aber etwa von faireren
Kreditbedingungen für europäische Unternehmen in China abhängig
machen, insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien."
Der gesamte Text sowie ein Hintergrund-Dossier finden sich unter
www.hpmartin.net
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unbedingt den offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments
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