- 09.05.2012, 08:45:33
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Psychoonkologie - wertvolle Unterstützung im Kampf gegen Krebs
Wien (OTS) - Nichts ist mehr so, wie es war: Die Diagnose Krebs
verändert das Leben radikal. Neben den körperlichen Folgen ist eine
Krebserkrankung auch für das psychisch-seelische Gleichgewicht eine
enorme Belastung. Angst, Entsetzen, Hilflosigkeit, Mutlosigkeit, Wut,
Anspannung, Depressivität - das sind nur einige der seelischen
Zustände, die KrebspatientInnen durchleben. Und auch das soziale
Umfeld - PartnerInnen, Kinder, FreundInnen, Bekannte - ist von der
Erkrankung ihrer/es Angehörigen betroffen, sind verunsichert und
benötigen Unterstützung. Hier kann die Psychoonkologie als relativ
neue Form der interdisziplinären Zusammenarbeit einen wesentlichen
Beitrag leisten. Auf der 5. Amgen Press Academy stellte eine
ExpertInnenrunde die verschiedenen Aspekte dieser wichtigen
Unterstützung im Kampf gegen Krebs vor.
Krebs verändert das Leben radikal
"Die Diagnose Krebs bedeutet für die Betroffenen und deren
Angehörige meist eine existenzielle Krise und stellt somit eine große
Herausforderung für eine effiziente psycho-soziale Verarbeitung an
die Betroffenen dar", so Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg, Leiter der
Klinischen Abteilung für Onkologie der Medizinischen Universität
Graz. "Es kommt oftmals vorübergehend zu mitunter schwerwiegenden
Veränderungen, die als verunsichernd erlebt werden und alle Aspekte
des Lebens betreffen können. Dadurch ist auch ein breit gefächertes
Unterstützungsangebot erforderlich."
Dies bietet die Psychoonkologie, die auf einer interdisziplinären
Form der Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Psychologen, Pflegepersonal,
Physiotherapeuten und Sozialarbeitern beruht. Samonigg: "Die
psychoonkologische Betreuung ist eine wesentliche und wichtige Säule
im bio-psycho-sozialen Behandlungsmodell in der Onkologie, ist fest
integrierter Bestandteil einer modernen Krebsbehandlung und sollte in
Krebszentren bzw. Krankenhäusern und Abteilungen mit onkologischem
Schwerpunkt für Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige
unbedingt zur Verfügung stehen."
Haltung des Arztes/der Ärztin kann auf Patient/in Einfluss
nehmen
Stehen zwar Lebensqualität und psychosoziale Bedürfnisse der
PatientInnen und ihrer Familien im Vordergrund eines umfassenden
psychoonkologischen Betreuungskonzeptes, spielen auch Themen wie
Krankheitsverarbeitung, Belastung durch Komorbidität sowie die
Arzt-Patienten-Interaktion ein bedeutende Rolle. Denn auch die
Haltung der behandelnden ÄrztInnen kann die PatientInnen - unbewusst
- sehr beeinflussen.
Mag. Dr. Georg Fraberger, Klinischer und Gesundheits-Psychologe,
ist an der Universitätsklinik für Orthopädie am AKH Wien
psychoonkologisch tätig: "Jener Arzt, der die Diagnose übermittelt,
teilt unbewusst auch seine eigenen Anschauungen und Erwartungen mit
und gibt diese hierdurch an den Patienten weiter. Dieser Prozess der
Übertragung und Gegenübertragung findet unbewusst statt und kann
nicht verhindert werden, dessen muss man sich bewusst sein." Somit
ist auch die Bedeutung der emotionalen Belastung für den
Onkologen/die Onkologin und das Behandlungsteam nicht zu
unterschätzen. Samonigg: "Daher ist die Psychoonkologie nicht nur
eine wesentliche Säule in der Betreuung von KrebspatientInnen,
sondern muss auch in unterschiedlichen Intensitäten in die Aus- und
Weiterbildung aller in der Onkologie tätigen Berufsgruppen integriert
sein."
"Krebspersönlichkeit" gibt es nicht, Einflussfaktoren aber
schon
Fraberger erläuterte ein weiteres Aufgabengebiet der
Psychoonkologie: "Sie versucht, den Einfluss psychosozialer Faktoren
- wie psychische Belastungsreaktionen, also z. B. Angst, Depression
und Persönlichkeitsaspekte, das soziale Umfeld, den Lebensstil und
Krankheitsverarbeitungsmechanismen - auf die Entstehung, Auslösung
sowie auf den Verlauf einer Tumor- bzw. Krebserkrankung zu erkennen."
Dabei kämpft man heute noch gegen das Bild der "Krebspersönlichkeit",
das in den 70er Jahren postuliert worden war.
Zu den häufigsten Auswirkungen, die ein Tumor wiederum auf das
psychische Wohlbefinden des Patienten haben kann, zählen - je nach
Tumorart zu einem unterschiedlichen Prozentsatz - die manifeste
Depression, das Fatique-Syndrom (krebsbedingtes Erschöpfungssyndrom),
Tumor-Schmerzen, Appetitverlust, kognitive Beeinträchtigungen und
Libidoverlust.
Was PatientInnen brauchen
Dr.in Miriam Strauss befindet sich in einer Dreifachrolle:
Betroffene, Präsidentin von Europa Donna Österreich - der
österreichischen Föderation gegen Brustkrebs - und Psychiaterin:
"Wenn wir uns den gesamten Weg einer Patientin oder eines Patienten
mit all den dazukommenden individuellen Problemen und persönlichen
Ressourcen anschauen, sehen wir, dass wir zu unterschiedlichen Zeiten
unterschiedliche psychoonkologische Hilfe benötigen." Das kann ein
Entlastungsgespräch oder eine Begleitung bei der Diagnosestellung
sein, Hilfestellung mit der Kommunikation zu Hause, Begleitung am
Krankenbett und während der Chemo, Entspannungstechniken, systemische
und/oder Familientherapie, wenn/weil das ganze Umfeld betroffen ist,
psychiatrische Intervention im Falle von manifesten psychiatrischen
Begleiterkrankungen bis hin zur begleitenden regelmäßigen
Psychotherapie, meist erst im Anschluss an die "Reparaturphase" der
ersten Wochen oder Monate. Strauss fordert: "All dies sollte
möglichst zeitnah, niederschwellig, kostengünstig und vor allem
selbstverständlich sein! Wir bezahlen apparative Medizin, operative
Medizin und Medikamente. Was wir PatientInnen aber brauchen, ist auch
der Blick, die Geste, das Gespräch. Aus meiner Sicht müsste jede/r
MitarbeiterIn, der/die mit onkologischen PatientInnen arbeitet,
regelmäßig kommunikationsgeschult werden, die Strukturen und Prozesse
der Krankenhäuser kundenorientierter gestaltet werden und
'psychische' Medizin mindestens ebenso wichtig genommen werden, wie
Apparatur und Pharmazie."
Samonigg bekräftigt: Qualitativ hochstehende Forschung ist
erforderlich, um auch auf diesem Gebiet evidenzbasierte
Patientenbetreuungsmodelle anzubieten. Eine multiprofessionelle
Zusammenarbeit muss ebenfalls gewährleistet sein, um in der
Zusammenschau aller, der Wirklichkeit des Patienten/der Patientin und
seiner/ihrer Familie näherzukommen und ihm bzw. ihr dadurch eine
bestmögliche individuelle Behandlung teilwerden zu lassen."
Statements der ReferentInnen sowie weitere Informationen zum Download
unter: www.medical-media-consulting.at/pressroom
Rückfragehinweis:
Barbara Urban und Mag. Harald Schenk Urban & Schenk medical media consulting Telefonisch: 0664/41 69 4 59 (Urban) 0664/160 75 99 (Schenk) mailto:barbara.urban@medical-media-consulting.at mailto:harald.schenk@medical-media-consulting.at
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