• 27.04.2012, 14:36:40
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Lobbying im Gesundheitswesen - ein notwendiges Übel für Ihr Wohl?

Hochkarätige Runde diskutiert auf Einladung des Alumni Clubs der MedUni Wien

Wien (OTS) - Lobbyarbeit hat eine lange Tradition - auch im
Gesundheitswesen. Aber ist Lobbying gerade in einem so sensiblen
Bereich erforderlich und gerechtfertigt oder sind Lobbyarbeit und
Transparenz ein unüberwindbarer Widerspruch? Was genau soll mit
dieser Form von Interessensvertretung im Gesundheitswesen bewirkt
werden? Wo liegen die Grenzen zur unerlaubten Einflussnahme und wo
wäre eine solche überhaupt möglich? Und: Wird das neue
Lobbying-Gesetz wirksame Kontrollmechanismen bringen?

Am 25. April beschäftigten sich ExpertInnen aus dem
Gesundheitswesen auf Einladung des Alumni Clubs der MedUni Wien und
dessen Präsidentin, Vizerektorin Univ.-Prof.in Dr.in Karin
Gutiérrez-Lobos, mit dieser Thematik.

DDr. Hubert Sickinger, Uni Wien, Institut für Konfliktforschung,
der strengere Regeln für Lobbying-Tätigkeit in Österreich gefordert
hat, stellte den Gesetzesentwurfes für das neue Lobbying-Gesetz, das
heute bei einer Regierungsklausur diskutiert wird, in groben Zügen
vor. In seinem Impulsreferat "Lobbying und Transparenz im
Gesundheitswesen - ein unüberbrückbarer Gegensatz?" sprach er über
die zu erwartenden Auswirkungen des geplanten Lobbying-Gesetzes und
erläuterte, welche Änderungen der Spielregeln für Lobbying zu
erwarten sind.

Komplexer Bereich mit vielen AkteurInnen

"Das Gesundheitssystem ist ein besonders komplexer Bereich mit
zahlreichen Akteuren mit oft konträren Interessenslagen", so
Sickinger, der auch Vizepräsident des Beirates von Transparency
International Austrian Chapter ist. Von Verwaltung und Financiers,
wie z. B. dem Staat und Sozialversicherungsträgern, über
Leistungsbringer wie Spitäler, ÄrztInnen und Gesundheitsberufe, über
(Pharma)Industrie und sonstige Zulieferer bis hin zu den
LeistungsempfängerInnen, den PatientInnen, nicht zu vergessen
Wissenschaft und Medien - alle sind Player im Gesundheitswesen.
Und wer von diesen Gruppen betreibt Lobbying? Sickinger: "Im
allgemeinen Sinn betreiben alle diese Interessenten Lobbying.

Staatliche Institutionen werden von diesem Begriff allerdings
meist ausgenommen." Dass staatliche Institutionen wie z. B.
Sozialversicherungsträger hiervon ausgenommen werden, rechtfertigte
die Direktorin der OÖGKK, Dr.in Andrea Wesenauer, in der im Anschluss
von der Journalistin Mag.a Andrea Fried geleiteten Podiumsdiskussion
damit, dass hier ja Beitragszahlende zu vertreten seien.
"Sozialversicherungsträger haben die Aufgabe das Geld der
Beitragszahler bestmöglich zu verwalten, eine qualitativ hochwertige
und am Bedarf ausgerichtete Gesundheitsversorgung sicher zu stellen
und vor Lobbys mit Einzelinteressen zu schützen", so Wesenauer.
Auch Dr. Lukas Stärker, Kammeramtsdirektor der Österreichischen
Ärztekammer, war mit dem Begriff Lobbying im Zusammenhang mit der
Ärztekammer nicht einverstanden. "Wir sind eine Interessensvertretung
mit einem gesetzlichen Auftrag und klar definierten Aufgaben", so
Stärker.

Staatliche Institutionen ausgenommen

Sickinger untermauerte: "Nur für Lobbying-Tätigkeiten in einem
sehr engen Sinne, also z. B. nicht für PR-Tätigkeiten, sieht das neue
Gesetz eine Registrierungspflicht vor." "Und", so Sickinger weiter,
"Interessensverbände, die keine Dienstnehmer für Lobbying-Tätigkeiten
beschäftigen, sind ausgenommen. Nur die entgeltliche Lobbying-Arbeit
wird geregelt und nur hierfür wird es wirksame, bei Verstoß mit
Sanktionen verbundene Vorschriften und Regelungen geben."

Dr. Jan Oliver Huber, PHARMIG-Generalsekretär und somit Vertreter
der Pharmaindustrie, hatte kein Problem damit, Interessensvertreter
und Lobbyist für seine Mitglieder zu sein. "Wir haben sehr strenge
Regelungen und seit 1970 einen Verhaltenscodex, der beispielgebend
ist."

Angesprochen wurde natürlich auch die Problematik, dass Lobbying
auf Grund diverser Affairen rund um Lobbyist Hochegger, um BUWOG und
Jagdeinladungen in letzter Zeit die (negativen) Schlagzeilen
beherrscht hat und Lobbying dadurch in den Geruch latenter Korruption
geraten ist.

Der Lobbyist Feri Thierry, Geschäftsführer der Thierry
Politikberatung und Präsident der Österreichischen Public
Affairs-Vereinigung: "Lobbyisten gehören nicht ins Parlament, sondern
in die Räume davor. Seriöse Interessenvertreter deklarieren wer ihr
Auftraggeber und was ihre Intention ist. Transparenz und
Wahrhaftigkeit sind zwei wesentliche Merkmale, an denen man erkannt,
ob jemand korrekt Interessenvertretung betreibt. Daher sind wir auch
für ein strenges Lobbying-Gesetz mit klaren Regeln."

PatientInnen haben derzeit schwächste Lobby

Medizinstudentin Mirijam Müller "schnuppert erst in das Thema
hinein. Ich wundere mich zum Beispiel, warum statt günstiger
Medikamente fast immer die teureren verschrieben werden." Auch sie
begrüßt ein strenges Lobbying-Gesetz und hofft, dass es dadurch in
ihrer Zukunft als Ärztin "klarere Fronten und mehr Transparenz gibt".
Zum Schluss war man sich einig und Moderatorin Fried fasste zusammen:
"Transparenz ist eine wichtige Voraussetzung für die Vertretung von
Interessen in einer Demokratie. Am wichtigsten ist das für
diejenigen, die derzeit im System die schwächste Lobby haben - die
PatientInnen."

Rückfragehinweis:

Alumni Club MedUni Wien
   Barbara Urban
   Geschäftsführerin Alumni Club MedUni Wien
   Mobile: 0043/(0)664/832 69 82
   barbara.urban@meduniwien.ac.at
   www.alumni-meduniwien.at

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