Wien (OTS) - Am 22.3. tritt in Graz die Hauptversammlung der
AktionärInnen der Andritz AG zusammen. Dort wird sich der
Vorstandsvorsitzende Wolfgang Leitner von seinen AktionärInnen feiern
lassen, denn der Jahresbericht 2011 zeigt Rekordgewinne auf, die
Aktien befinden sich im Höhenflug. Mit ein Grund dafür ist das 2011
an Land gezogene Monsterstaudammprojekt "Belo Monte" am Rio Xingu,
einem der letzten intakten Fluss-Systeme Amazoniens.
Keinen Grund zum Feiern haben die tausenden Menschen, deren
Existenz durch das Megaprojekt bedroht ist. Für den Bau des
drittgrößten Wasserkraftwerks wird eine einzigartige Urwaldlandschaft
geopfert: Die Zeche zahlen rund 40.000 Menschen, die (noch) am und
vom Fluss leben; sie werden alles verlieren: ihre Häuser, ihre
Felder, ihre Kultur.
Neben 233 NGO aus 29 Ländern und der Interamerikanischen
Menschenrechtskommission reiht sich jetzt sogar die International
Labour Organization (ILO) in die Reihen der Kritiker/innen aus der
ganzen Welt ein:
Laut einem Bericht des Sachverständigenausschusses für die
Durchführung der Übereinkommen und Empfehlungen für die International
Labour Organization (ILO) verletzt die brasilianische Regierung mit
dem Durchwinken des Belo Monte-Projekts die ILO Konvention 169, die
den wichtigsten internationalen Vertrag über die Rechte indigener
Völker darstellt. Brasilien hat das Abkommen 2002 zum Schutze seiner
indigenen Völker ratifiziert. Artikel 6-15 der Konvention
spezifizieren, dass indigene Bevölkerungsgruppen im Anlassfall der
Bedrohung ihres Lebensraumes unbedingt "freie, vorherige und
informierte Zustimmung" zu derlei Projekten zu geben haben.
Wie reagiert ein österreichisches Unternehmen, dass sich selbst
"den nachhaltigen Schutz der Umwelt und die Schonung der natürlichen
Ressourcen" auf die Fahnen heftet auf die massive Kritik? Mit Spott
und Hohn: Bei der Präsentation der Rekordgewinne des Konzern 2011
kanzelt Vorstandsvorsitzender Leitner die KritikerInnen des Projekts
ab: "Die NGOs in Österreich können doch nicht darüber urteilen, was
sich in Brasilien tut. Eine große Mehrheit ist dort für das Projekt."
"Dr. Leitner hat leider nicht begriffen worum es geht: Es ist
nicht immer alles rechtens, nur weil eine Mehrheit dafür ist. Wir
treten für jene ein, die keine Stimme haben, die weder die Mittel
noch die Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen und deren
Existenz durch die Ignoranz und Profitsucht bedroht ist. In ihrem
Namen appellieren wir: Noch ist es nicht zu spät! Die Andritz AG
kann ein Zeichen setzen und sich aus ethischen Gründen aus dem Belo
Monte Projekt zurückziehen." appelliert Anna-Maria Hirtenfelder von
der Dreikönigsaktion an die Aktionärsversammlung.
Die Andritz AG ist Mitglied der CSR-Plattform RespACT (Austrian
business council for sustainable development). Leider existiert das
soziale Gewissen des Konzerns nur auf dem Papier, denn die Andritz AG
sieht keinen Grund für Bedenken: "Brasilien verfügt über ein gut
funktionierendes Rechtssystem. Das Projekt wurde nach den geltenden
Gesetzen genehmigt." Angesichts des Aktienhöhenflugs vergisst Dr.
Leitner anscheinend, was gesellschaftliche Verantwortung ausmacht:
Kein Profit auf Kosten von Menschen.
"Das Selbstverständnis der Andritz AG zeigt, wie das Verständnis
von CSR bei vielen Unternehmen ist. Allein die vermeintlich
gesetzeskonforme Unternehmenspolitik wird als gesellschaftlich
verantwortliches Handeln deklariert. Für uns ist die Nichteinhaltung
von Gesetzen illegales Handeln, die Anwendung von Recht und Gesetz
noch kein Grund, sich als sozial oder ökologisch verantwortlich
darzustellen. Im Fall Belo Monte ist aus rechtlicher Sicht auch noch
nicht das letzte Wort gesprochen, wie der Bericht der ILO zeigt. Wir
fordern den Ausschluss der Andritz AG aus RespACT", erklärt Marieta
Kaufmann, Geschäftsführerin vom Netzwerk Soziale Verantwortung, deren
30 Mitglieder u.a. die entwicklungspolitische Organisation Südwind
und die Dreikönigsaktion sind.
Weitere Informationen:
www.dka.at
www.sozialeverantwortung.at
www.suedwind-agentur.at
http://www.ots.at/redirect/suedwind
Dreikönigsaktion, Hilfswerk der Katholischen Jungschar
Bildung, Sicherung von Lebensgrundlagen, Stärkung der
Menschenrechte und die Förderung von Kindern und Jugendlichen - diese
Programme fördert die Dreikönigsaktion, das Hilfswerk der
Katholischen Jungschar, in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Sternsinger/innen setzen Zeichen für ein würdiges Leben abseits von
Ausbeutung und Armut für alle Menschen. www.dka.at
NeSoVe
NeSoVe hat sich im Jahr 2006 als Netzwerk von NGOs und
ArbeitnehmerInnenvertretungen gegründet, die die Anspruchlosigkeit
der gesteckten Ziele der im CSR-Bereich tätigen Unternehmen
kritisieren und den Widerspruch zwischen behaupteten und gut
vermarkteten Errungenschaften und der gar nicht so beeindruckenden
Praxis sehen. NeSoVe fordert die Implementierung von sozialen,
ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien als Grundprinzipien
unternehmerischen Handelns.
Ziel von NeSoVe war daher von Anfang an die Festlegung
verbindlicher anspruchsvoller Kriterien für freiwillige CSR-Maßnahmen
gepaart mit der Überprüfung und ggfs. Veränderung bereits bestehender
gesetzlicher Regelungen für alle Unternehmen auf nationaler,
europäischer und internationaler Ebene.
Durch den Zusammenschluss gibt NeSoVe den von Unternehmenspolitik
betroffenen Stakeholdern (ArbeitnehmerInnen, VerbraucherInnen und
NGOs) ein stärkeres Gewicht und verbessert damit die Bedingungen zur
Durchsetzung gesellschaftlicher Verantwortlichkeit als Prinzip des
wirtschaftlichen Handelns.
NeSoVe wird unterstützt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und
Konsumentenschutz und den Arbeiterkammern Burgenland, Kärnten,
Salzburg, Steiermark, Oberösterreich und Wien.
Rückfragehinweis:
Anna-Maria Hirtenfelder - Koordinatorin Anwaltschaft und Lobbying Dreikönigsaktion Hilfswerk der Katholischen Jungschar Wilhelminenstraße 91/II f 1160 Wien Telefon: +43-1-4810991-46 Mobil: +43-676-88011-1086 E-Mail: anna-maria.hirtenfelder@dka.at Marieta Kaufmann - Geschäftsführerin NeSoVe Netzwerk Soziale Verantwortung Erdbergstraße 10/37 1030 Wien Tel: 01-236 10 30 37; Mobil: 0680 40 45 982 Email: marieta.kaufmann@sozialeverantwortung.at
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