- 19.03.2012, 21:15:31
- /
- OTS0209 OTW0209
Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 20. März 2012. Von PETER NINDLER. "Die kommunale Schuldenfalle".
Innsbruck (OTS) - Untertitel: Tirols Gemeinden haben 806 Mio. Euro
Schulden, Kommunen wie Matrei in Osttirol reden ihre
Verbindlichkeiten seit Jahren schön. Irgendwann schlägt das Wetter
um, deshalb wären Rechnungshofkontrollen wünschenswert.
Matreis BM LA Andreas Köll (VP) hat immer eine Erklärung parat, wenn
es um seine Gemeindefinanzen geht. Manchmal ist sie auch mehrseitig.
Der Landesrechnungshof hat in seinem Rohbericht lediglich eine
Kurzprüfung durchgeführt und kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Die
Haftungen der Gemeinde werden bei der Berechnung des
Verschuldungsgrads, der 2010 51 Prozent betrug, nicht berücksichtigt.
Denn im Osttiroler Matrei gibt es zwei Arten von Verbindlichkeiten.
Tatsächliche Schulden von 10,9 Millionen und 22 Millionen Euro an
Verbindlichkeiten, die dem kommunalen Abwasserverband übertragen
wurden. Doch dafür muss ebenfalls gezahlt werden, wie auch für das um
das Neunfache überzogene Girokonto der Gemeinde Matrei. Und zum
Drüberstreuen kommen Leasingverpflichtungen in Millionenhöhe dazu.
Matrei steht stellvertretend für ein kommunales Wirtschaften, das
Prüfungen der Gemeinden durch den Landesrechnungshof rechtfertigen
würde. Dieses Vorhaben stößt jedoch bei der ÖVP und beim
Gemeindeverband auf strikte Ablehnung. Immer wieder wird auf die
Überprüfungsausschüsse in den Gemeinden selbst und auf die
Gemeindeaufsicht in der Bezirkshauptmannschaft verwiesen. Doch auch
hier gibt der vorliegende Bericht tiefe Einblicke: Zum einen
kritisiert der Rechnungshof zu wenige Prüfungen, andererseits ortet
er Unvereinbarkeiten, weil Gemeinderevisoren gleichzeitig politische
Funktionen ausüben. Da passt etwas nicht zusammen. Warum wurde gerade
die Köll-Gemeinde in den vergangenen 14 Jahren niemals einer
Vollprüfung unterzogen?
806 Millionen Euro Schulden haben Tirols Kommunen, 47 Prozent sind
stark bzw. voll verschuldet. Dazu kommen noch ausgelagerte
Verbindlichkeiten, die vielfach übersehen werden, obwohl sie sich
meistens in teurer Infrastruktur und kommunalen Gesellschaften
entfalten. Gemeindeaufsicht - gut und recht, eine unabhängige
Kontrolle wäre jedenfalls zu begrüßen, denn zu eng sind die
(politischen) Verflechtungen in den Bezirken. Sogar der Rechnungshof
sieht die Objektivität dadurch gefährdet.
Damit der Landesrechnungshof die einzelnen Gemeinden wirklich
effizient und in überschaubaren zeitlichen Abständen unter die Lupe
nehmen kann, müsste er sicher personell aufgestockt werden. Aber
Kontrolle, die gleichzeitig eine Hilfestellung für die Gemeinden ist,
sollte dem Land etwas wert sein.
Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung, Chefredaktion , Tel.: 05 04 03 DW 610
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PTT