• 17.02.2012, 10:00:41
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Presserat: Bezeichnung "Psycho der FPÖ" in einem Kommentar gerade noch gerechtfertigt

Wien (OTS) - Der frühere FPÖ-Abgeordnete DDr. Königshofer
beschwerte sich beim Presserat über einen Kommentar in der
Tageszeitung "heute" vom 24.8.2011, in dem er in der Überschrift als
"Psycho der FPÖ" bezeichnet wurde und sich Aussagen finden wie: "Wenn
jemand nur Stunden nach dem Norwegen-Massaker mit 76 Toten sagt, dass
'die islamistische Gefahr in Europa schon tausendmal öfter
zugeschlagen hat', ist er entweder wo ang'rennt - oder ein Psycho."

Laut Ehrenkodex für die österreichische Presse hat jeder Mensch
Anspruch auf Wahrung der Rechte und Würde der Person; Diffamierungen
und Verspottungen verstoßen gegen das journalistische Ethos.
Der Senat 2 ist der Ansicht, dass eine Bezeichnung als "Psycho"
grundsätzlich eine Ehrenbeleidigung ist. Sachkritik kann auch ohne
Beleidigungen geäußert werden. Andererseits stehen dem
Persönlichkeitsschutz des Beschwerdeführers sowohl das Recht jedes
Einzelnen auf freie Meinungsäußerung als auch das Interesse der
Öffentlichkeit an einer möglichst offenen Diskussion politischer
Themen und Anschauungen gegenüber.

Der Begriff "Psycho" wurde im gegenständlichen Kommentar nicht in
seiner medizinisch-klinischen Bedeutung ("Psychopath") verwendet.
Vielmehr bezeichnet "Psycho" hier eine Person, die durch antisoziale
Verhaltensweisen und den Mangel an Empathie und/oder sozialer
Verantwortung auffällt.

Eine politisch engagierte Person muss sich viel schärfere Kritik
gefallen lassen als eine Privatperson. Diese Kritik darf sogar
verstörend, untergriffig, herausfordernd, schonungslos und überspitzt
sein. Die Unterscheidung ist schon dadurch zu rechtfertigen, dass ein
Politiker im Gegensatz zu einer Privatperson ganz bewusst die
Öffentlichkeit sucht und sein Wirken weitreichende Folgen für die
Gesellschaft hat.

DDr. Königshofer ist bekannt für seine provokativen und
polarisierenden Äußerungen. Wenn der Verfasser des Kommentars
aufgrund solcher Äußerungen im Zusammenhang mit dem Norwegen-Massaker
zum Schluss gelangt, es mit einer Person zu tun zu haben, der es an
Empathie und sozialer Verantwortung mangelt, so ist dies gerade noch
sachlich gerechtfertigt. Gemessen an der Empörung, die DDr.
Königshofer mit seinen Aussagen ganz bewusst entfacht hat, ist die
Bezeichnung "Psycho" keine überproportionale Reaktion. Oder, sehr
volkstümlich ausgedrückt: "Wer austeilt, muss auch einstecken
können!"

Der Senat erkannte somit keinen Verstoß gegen den Ehrenkodex.
Die Tageszeitung "heute" ist nicht Mitglied des Presserats und hat am
Verfahren nicht teilgenommen.

Die Entscheidung im Langtext finden Sie auf der Homepage des
Presserates (www.presserat.at).

Rückfragehinweis:
Andreas Koller, Sprecher des Senats 2, Tel.: 01-53153-830

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