Wien (OTS) - Der letzte Satz des ersten Absatzes zu Fall 2011/S2-I
muss korrekt heißen: "Anzumerken gilt, dass in der Tageszeitung
"Österreich" zumindest das Foto des mutmaßlichen Täters mit einem
Balken versehen wurde." Der Österreichische Presserat bedauert den
Fehler.
KORRIGIERTE NEUFASSUNG:
Neue Entscheidungen des Presserats
Veröffentlichung von Fotos von Jugendlichen - Kommentar, Grenzen zur
Diskriminierung
Der Senat 1 des Österreichischen Presserates hat sich in seiner
Sitzung am 25.01.2012 u.a. mit folgenden Themen befasst:
1. Veröffentlichung von Fotos von Jugendlichen (I)
(Fall 2011/S 2 - I)
In den Tageszeitungen "heute" und "Österreich" wurden Fotos von
zwei Jugendlichen veröffentlicht, von denen der eine im Verdacht
steht, den anderen getötet zu haben (Ausgaben vom 23.11.2011 bzw 22.
und 27.11.2011). Die Bildveröffentlichungen verletzen die
Privatsphäre der abgebildeten Jugendlichen und verstoßen somit gegen
Punkt 6.3. des Ehrenkodex für die Österreichische Presse. Bei einem
Foto handelt es sich um ein Klassenfoto, das Opfer und mutmaßlichen
Täter zeigt, bei den anderen Fotos um Privataufnahmen. Bei
Jugendlichen ist ein etwaiges öffentliches Interesse an einer
Bildveröffentlichung besonders kritisch zu überprüfen. Ein derartiges
öffentliches Interesse war hier nicht zu erkennen. Anzumerken gilt,
dass in der Tageszeitung "Österreich" zumindest das Foto des
mutmaßlichen Täters mit einem Balken versehen wurde.
"Es ging in dieser Entscheidung sowohl um den Schutz der Anonymität
des Opfers als auch des jugendlichen mutmaßlichen Täters. Der Senat
bekräftigte damit, dass die Bestimmungen des Ehrenkodex zum
Persönlichkeitsschutz von Opfern über deren Tod hinaus gelten", so
Senatssprecher Helmut Spudich.
Im vorliegenden Fall hat der Presserat auf eigene Initiative ein
Verfahren durchgeführt. In diesem selbständigen Verfahren äußert der
Presserat seine Meinung, ob ein Medienbericht den Grundsätzen der
Medienethik entspricht. Die Tageszeitungen "heute" und "Österreich"
sind nicht Mitglieder des Presserats und haben am Verfahren nicht
teilgenommen.
2. Veröffentlichung von Fotos von Jugendlichen (II) (Fall 2011/69)
Anders bewertet hat der Senat 1 die Veröffentlichung von Fotos von
Jugendlichen, die zu der sogenannten iPhone-Bande gehören. Überprüft
wurde ein bebilderter Bericht, der am 14.11.2011 auf der Webseite der
Tageszeitung "Österreich" (www.oe24.at) erschienen ist. Die
Veröffentlichung von Fotos mehrerer Jugendlicher, die im Verdacht
stehen, Smartphones mit Waffengewalt geraubt zu haben, war hier
gerechtfertigt, weil die Polizei und die Staatsanwaltschaft um die
Veröffentlichung ersucht hatten, damit sich etwaige weitere Opfer
melden. Die Veröffentlichung diente also der Aufklärung der von den
Jugendlichen begangenen Straftaten. Im konkreten Fall fiel das
öffentliche Interesse an der Aufklärung des Kriminalfalls stärker ins
Gewicht als die Persönlichkeitsinteressen der Jugendlichen.
3. Grenzen zur Diskriminierung bei Kommentaren (Fall 2012/5)
Der Kommentar "Kollers Klartext - Die böse, böse Jugend"
veröffentlicht am 19.12.2011 online auf der Webseite der Salzburger
Nachrichten, enthält Passagen, die manchen Leser verstören mögen.
Zu nennen ist z.B. folgender Punkt: Laut einer Studie finden 43,6
Prozent der jungen Wiener, dass "in diesem Land schon zu viele Türken
leben". Der Verfasser des Kommentars stellt die These auf, dass
dieser Prozentsatz möglicherweise deckungsgleich mit jenen sei, denen
eine Jugendgang mit Migrationshintergrund das Handy raubte oder die
einen Freund oder eine Freundin haben, denen dies widerfuhr.
Der Senat gelangte zur Auffassung, hier kein Verfahren einzuleiten,
da bei einem Kommentar die Meinungsäußerungs- und die Pressefreiheit
besonders weit gefasst sind. Es können auch pointierte und
provozierende Aussagen vertreten werden, die bei (Teilen) der
Leserschaft auf Verwunderung oder Ablehnung stoßen. Selbst
herausfordernde und etwas überschießende Auffassungen (wie im
vorliegenden Fall) sind erlaubt.
Die Entscheidungen im Langtext finden Sie auf der Homepage des
Presserates (www.presserat.at).
Rückfragehinweis:
Helmut Spudich, Sprecher des Senats 1, Tel.: 0699/11095024
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