- 29.12.2011, 10:17:47
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Bünker: Kluft zwischen Armen und Reichen wird immer größer
Der evangelisch-lutherische Bischof über Ökumene, den interreligiösen Dialog und die politischen Entwicklungen
Wien (OTS/epdÖ) - Die Zulassung von Nicht-Katholiken zur
Eucharistie, Investitionen in Bildung sowie eine deutlichere
Besteuerung von Vermögenszuwächsen und Erbschaften wünscht sich der
evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker in einem Gespräch mit
dem Evangelischen Pressedienst und der ökumenischen Radioagentur
"Studio Omega" zu Jahresende.
Die Kirchen müssten dafür eintreten, dass "die Folgen der Krise
und die Kosten ihrer Bewältigung nicht auf den Schultern derjenigen
abgeladen werden, die ohnedies schon zu wenig haben und die vor allem
auch nicht diese Krise verursacht haben", mahnt Bischof Bünker. Die
Kluft zwischen Armen und Reichen werde immer größer, die
Einkommensunterschiede würden zeigen, dass "da sicherlich etwas aus
dem Gleichgewicht geraten ist". Bünker spricht sich dafür aus, etwa
Vermögenszuwächse und Erbschaften ab einer bestimmten Höhe stärker zu
besteuern. Gleichzeitig erinnert er daran, dass Investitionen, vor
allem ins Bildungssystem, wirksam gegen das Entstehen von Armut
seien. "Hier zu sparen ist auch aus sozialen Gründen der falsche Weg.
Hierzu dürfen Kirchen nicht schweigen. Das tun sie auch nicht!"
Bünker weist in diesem Zusammenhang auch auf das Ökumenische
Sozialwort der Kirchen aus dem Jahr 2003 hin, dessen Stellungnahme zu
Armutsbekämpfung und Steuergerechtigkeit auch heute noch aktuell sei.
Scharfe Kritik übt der Bischof, der zugleich auch Generalsekretär
der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ist, an der
Streichung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit seitens der
Bundesregierung. Mit der Gründung der Organisation "Brot für die
Welt" im vergangenen Herbst möchten die Evangelischen Kirchen "etwas
gegen den Hunger in der Welt unternehmen". Problematisch ist aus
Sicht Bünkers auch das österreichische Fremden- und Asylrecht. Immer
wieder würden Fälle von Kindern bekannt, die in Schubhaft landen oder
abgeschoben werden, immer wieder würden integrierte Familien zur
Ausreise gezwungen.
Angesichts der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen Mitte
Jänner wünscht sich Bischof Bünker die Zulassung von Nicht-Katholiken
zur Eucharistiefeier. Dies sei besonders für gemischt-konfessionelle
Ehepaare wichtig. Vom Modell der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen
in Europa könnten auch andere Kirchen lernen, wie eine
Kirchengemeinschaft aussehen kann, ist Bünker überzeugt. "Es ist ein
realisierbares Modell, kirchliche Einheit ein Stück weit
voranzubringen. Sicher noch kein Ziel, aber ein wichtiger Schritt
dorthin."
Dialog mit Islam und Judentum
Einschränkungen der Religionsfreiheit gegenüber Christinnen und
Christen in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens dürfen nicht zu
einer Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen in Österreich
führen, betont der Bischof im Gespräch. Vielmehr sollten "uns diese
Erfahrungen ermutigen, auf unseren freiheitlichen, demokratischen und
weltanschaulich neutralen Staat stolz zu sein und uns für die
Einhaltung der Menschenrechte starkzumachen". Dies schließe ein, dass
die Evangelischen Kirchen in Österreich für die Errichtung von
Kirchen und Pfarrgemeinden in dieser Region eintreten, aber auch für
soziale Verhältnisse, die es den Menschen ermöglichen, dort bleiben
zu können. Mit der Orientierungshilfe "Evangelische Christen und
Muslime in Österreich", die am Nationalfeiertag von der Generalsynode
A. und H.B. in Österreich verabschiedet wurde, soll den
Islambeauftragten der Kirche und in den Gemeinden der Dialog mit
muslimischen MitbürgerInnen erleichtert und eine grundlegende Linie,
wie dieser Dialog aus evangelischer Sicht aussehen kann, mitgegeben
werden.
Einen partnerschaftlichen Austausch zwischen Judentum und
Christentum gebe es immer dort, wo ein gemeinsames Auftreten nötig
sei, etwa am 27. Jänner, dem Gedenktag der Befreiung des
Konzentrationslagers Auschwitz. Dass ausgerechnet an diesem Tag der
Wiener Korporationsball stattfindet, stoße bei Vertretern des
Mauthausen-Komitees, aber auch bei der Israelitischen Kultusgemeinde
und den Evangelischen Kirchen auf heftige Kritik, so Bünker.
Rückfragehinweis:
epdÖ
Dr. Thomas Dasek
Tel.: Tel.: 0664 22 395 11
mailto:epd@evang.at
http://www.evang.at
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