- 04.11.2011, 12:10:53
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Diakonie: "Niemand darf verloren gehen": Start der Kampagne für "Jugendliche ohne Zukunft"
Jugendarbeitslosigkeit, Schulabbruch und Hoffnungslosigkeit bekämpfen. Soziale Investitionen zahlen sich aus.
Wien (OTS) - 10.000 Jugendliche brechen jedes Jahr vorzeitig die
Schule ab. 30.000 Kinder und Jugendliche sind auf Unterstützung der
Jugendwohlfahrt angewiesen. 148.000 Jugendliche unter 19 Jahren in
Österreich werden als "manifest arm" bezeichnet, das heißt sie müssen
unter sozial bedrückenden Lebensverhältnissen leben. Und in ganz
Europa verschärft sich in Folge der Finanzkrise die Situation für
Jugendliche am Arbeitsmarkt.
Die Diakonie startet ihre Plakatkampagne "Hoffungsträger", um mit
Nachdruck auf Jugendarbeitslosigkeit, Schulabbruch und
Hoffnungslosigkeit hinzuweisen. "Niemand darf verloren gehen", betont
Diakonie Sozialexperte Martin Schenk. "Es geht darum, jungen Leuten,
die als 'verloren' geglaubt werden, Zukunft zu geben. Es geht darum,
die Schnittstellen zwischen Schule, sozialer Arbeit und Ausbildung zu
sichten und zu verbinden. Es geht darum, präventiv und frühzeitig zu
helfen", fasst Schenk die Anliegen der Kampagne zusammen.
Soziale Probleme erzeugen soziale und gesellschaftliche Kosten
"Denn mangelnde Investitionen und Hilfe erzeugen soziale und
gesellschaftliche Kosten", rechnet Schenk vor. "Mehr soziale Probleme
verursachen volkswirtschaftliche Kosten. Eine höhere
Schulabbrecher-Quote beispielsweise erzeugt durch steigende
Sozialausgaben, höhere Gesundheitskosten und entgangene
Steuereinnamen Kosten von 3 Milliarden Euro bei 10.000 Drop-Outs.
Oder: Wird Kinderarmut nicht bekämpft, entstehen Kosten von 4% des
Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr. Ihre Bekämpfung kostet aber nur
0,4% des BIPs, also 10 mal so wenig, wie jedes Jahr an Mehraufwand
entstehen."
Soziales und bildungspolitisches Engagement zahlt sich aus
"Hingegen zahlen sich soziales und bildungspolitisches Engagement
aus", so Schenk. "Investitionen im frühkindlichen Bereich haben den
höchsten Return on Investment. Ein investierter Dollar entspricht
einer Rendite von 8 Dollar, hat Nobelpreisträger James Heckmann für
die USA errechnet. Bei benachteiligten Kindern beträgt sie sogar 16
Dollar, also eine Hebelwirkung von 1 zu 16. Nie wieder wird man
Zukunftsgeld so sinnvoll einsetzen können wie zu diesem Zeitpunkt."
In Oberösterreich fängt das Diakonie Zentrum Spattstrasse junge
Mädchen und Burschen in ihrer Krisen- und Notschlafstelle Wàki auf,
investiert in frühe Hilfen für Eltern und begleitet Kinder im
Pflichtschulalter mit intensiver pädagogischer und bei Bedarf auch
therapeutischer Unterstützung.
"Jugendliche sind oft sehr verzweifelt, wenn zu Hause alles schief
läuft. Diese Verzweiflung wirkt sich natürlich auf Schulleistungen
aus. Sie kann aber auch so weit gehen, dass die Jugendlichen von zu
Hause weglaufen - zu Freunden oder zu uns in die Krisenstelle Wàki.
Wenn man bedenkt, dass 70% dieser Jugendlichen bereits
Psychiatrie-Erfahrung haben, kann man sich vorstellen, wie groß ihre
Not ist", berichtet Thomas Fux, Sozialpädagoge und Abteilungsleiter
im Diakonie Zentrum Spattstraße.
Er plädiert aus langjähriger Erfahrung für frühe Hilfe: "In der
heilpädagogischen Tagesklinik betreuen wir Kinder ab 6 Jahren, die
mit ihrem auffälligen Verhalten nahe daran sind, von der Schule zu
fliegen. Die Eltern sind häufig betroffen und hilflos, manchmal auch
aggressiv und gewalttätig. Je früher die Hilfe ansetzt, umso leichter
fällt es Eltern und Kindern, neue Verhaltensweisen zu erlernen."
In Kärnten unterstützt das Projekt Jobcoaching seit März 2011
Jugendliche, die in einer sozialpädagogischen Einrichtung der
Diakonie de La Tour leben, und Schwierigkeiten haben, einen
Ausbildungsplatz zu finden. "Oft erhalten diese Jugendlichen
zahlreiche Ablehnungen auf Bewerbungsschreiben, manche haben bereits
eine Ausbildung abgebrochen. Andere haben noch keine konkreten
Vorstellungen für ihre Zukunft", berichtet Daniela Lackner, mobile
Jobcoach für Jugendliche in Kärnten. "Mit dem Jobcoaching können wir
eine konstante und flexible Begleitung und Unterstützung anbieten,
und ermöglichen für diese als "schwierig" geltenden Jugendlichen eine
Integration in den Arbeitsmarkt und somit in das soziale Leben,"
ergänzt Lackner.
Aktionsplan für benachteiligte Jugendliche notwendig
Das Jobcoaching in Kärnten oder die frühen Hilfen in
Oberösterreich sind gute Beispiele für Unterstützung ohne Hürden: sie
sind lebensnah, flexibel und unbürokratisch. "Beispiel heißt aber
auch, dass es das nur bruchstückhaft gibt", kritisiert Martin Schenk.
"Notwendig wäre ein flächendeckender Ausbau von schulunterstützender
Sozialarbeit und Unterstützung an den Schnittstellen zwischen Schule
und offener Jugendarbeit."
Sinnvoll wäre ein Aktionsplan, der Bildungsministerium,
Sozialministerium, Wirtschaftsministerium und Jugendagenden
zusammenbringt. Es geht darum, die Schnittstellen zwischen Schule,
sozialer Arbeit und Ausbildung zu sichten und zu verbinden. "Überall
dort, wo die Koordination zwischen Schule und Sozialem gelingt,
gelingt es auch, Jugendlichen effektiv zu helfen", so Schenk
abschließend.
Rückfragehinweis:
Roberta Rastl-Kircher Presse und Öffentlichkeitsarbeit Diakonie Österreich Tel: (+43) 1 409 80 01-14, Mobil: (+43) 664 314 93 95; E-Mail: roberta.rastl@diakonie.at. Web: www.diakonie.at
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