Wien (PK) - "Zum ersten Mal heißt dieser Bericht Außen- und
Europapolitischer Bericht. Der neue Name ist der großen Bedeutung
der Europapolitik in seiner internen wie auch externen Dimension
für die österreichische Außenpolitik geschuldet", erklärt
Bundesminister Michael Spindelegger in seinem Vorwort zum
"Außenpolitischen Bericht 2010", der dieser Tage dem Hohen Haus
zugeleitet wurde (III-250 d.B.).
Die europäische Integration
Der europäische Integrationsprozess bleibe, so heißt es weiter,
der effektivste Weg, in Europa Frieden, Stabilität und Sicherheit
zu garantieren, denn nur gemeinsam könnten die Herausforderungen
unserer Zeit gemeistert werden. Der 2009 in Kraft getretene
Vertrag von Lissabon und der dadurch neu geschaffene Europäische
Auswärtige Dienst (EAD) sollen helfen, dieser Aufgabe effektiver
und kohärenter gerecht zu werden. Der EAD sei für Österreich ein
wichtiger Ansprechpartner gerade in jenen Ländern, in denen
Österreich über keine oder nur eine kleine eigene diplomatische
Vertretung verfüge. Gerade dort profitiere Österreich von einem
verstärkten Informationsfluss mit den Delegationen der Union.
Die Gründung des EAD heiße aber auch einerseits, dass die
europäische Dimension in der österreichischen Außenpolitik noch
stärker an Gewicht gewinnen werde. Andererseits bedeute sie,
"dass die österreichische Diplomatie noch stärker gefordert ist,
um genuine österreichische Interessen, die Marke "Österreich" im
europäischen und internationalen Entscheidungsprozess und
Wettbewerb zu vertreten."
Aber Europa müsse auch ankommen zu Hause, meint der
Außenminister. Man müsse es sehen und spüren im direkten Kontakt:
"Ich habe daher meine "EU-Dialogtour" durch die Bundesländer
fortgesetzt und bin mit vielen Österreicherinnen und
Österreichern über ihre Sorgen und Anliegen betreffend die EU ins
direkte persönliche Gespräch gekommen. Um den Mitbürgerinnen und
Mitbürgern in den Gemeinden Österreichs die Möglichkeit zu geben,
die EU betreffende Fragen direkt an einen vertrauten
Ansprechpartner in ihrer eigenen Gemeinde zu stellen, habe ich
die Gemeinderäte-Initiative ins Leben gerufen, durch die in jeder
Gemeinde eine Gemeinderätin oder ein Gemeinderat als Anlaufstelle
für EU-Fragen der Bevölkerung fungieren wird. Ich freue mich,
dass diese Initiative von Anfang an auf ein sehr positives Echo
gestoßen und mittlerweile mit Leben erfüllt worden ist."
Gute Nachbarschaft
Österreich legt einen besonderen Schwerpunkt seiner Außenpolitik
auf die Nachbarschaftspolitik. So habe man gemeinsam mit
Griechenland eine Initiative für neue Impulse am Westbalkan
gestartet, um den Staaten der Region zu helfen, sich der EU
anzunähern. Dies mit dem Ziel, dass alle diese Staaten bis zum
Jahr 2020 Mitglieder der EU werden. Federführend war Österreich
auch bei der Entwicklung der Donauraumstrategie, die mittlerweile
ein Kernprojekt der EU geworden ist und durch einen
ganzheitlichen Ansatz, der verschiedene Bereiche wie Transport-
und Umweltfragen, Mobilität und Wirtschaftsentwicklung
untereinander verknüpft, neue Synergien aufzeigt: "Österreich
kann sich hier beispielsweise durch sein Know-how bei der
effizienteren Nutzung der Donau als Transportader unter
Berücksichtigung höchster Umweltstandards einbringen." Auch in
der Schwarzmeerregion setzte Österreich Impulse, so
beispielsweise durch ein eigens dieser Region gewidmetes Treffen
des Weltwirtschaftsforums in Wien.
Österreich im UN-Sicherheitsrat
"Was die Menschen wollen, egal ob in Österreich oder in Tunis
oder Kairo, ist mehr Teilhabe, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und
Menschenrechte. Die bahnbrechenden Entwicklungen im Nahen Osten
und in Nordafrika in den vergangenen Wochen und Monaten zeigen
die Aktualität der Schwerpunkte, die Österreich in seiner
Außenpolitik seit vielen Jahren verfolgt", so Spindelegger. Dazu
gehörten "vor allem die Stärkung der Herrschaft des Rechts, der
Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten und die
Rolle von Frauen in der Bewältigung von Konflikten und im
Wiederaufbau". Und genau diese Themen waren auch die großen
Schwerpunkte, die Österreich während seiner Mitgliedschaft im
UNO-Sicherheitsrat in den letzten beiden Jahren gesetzt habe.
Diese Arbeit habe sich bezahlt gemacht: "Denn viele der in den
letzten beiden Jahren im Sicherheitsrat verabschiedeten
Resolutionen tragen eine deutliche österreichische Handschrift.
Sie versuchen den Schutz der Zivilbevölkerung in Konflikten
sicherzustellen und Straflosigkeit zu bekämpfen."
Amtssitz Wien - Drehscheibe für Frieden und Sicherheit
Ein weiteres wesentliches Anliegen konnte Österreichs
Außenpolitik ebenfalls in den letzten zwei Jahren umsetzen:
Österreich war schon zu Zeiten des Kalten Krieges auf Grund
seiner geopolitischen Stellung und der Neutralität eine Plattform
für internationalen Dialog. Eine Ausgangsposition, die mit der
Eröffnung der UNO-City 1979 gestärkt werden konnte und im Rahmen
der Mitgliedschaft Österreichs im Sicherheitsrat noch einmal
ausgebaut werden sollte. So hat es etwa Friedensgespräche zur
Westsahara in Dürnstein im Sommer 2009 oder zum Sudan in Baden
und Wien im November 2010 gegeben. Nicht zuletzt dank dem
Renommee als engagiertes Land in der Abrüstungsdebatte hat
Österreich nun auch einige wichtige Institutionen im Bereich der
Abrüstung und Nichtverbreitung von Nuklearwaffen in Wien
ansiedeln können, ein UNO-Büro für Abrüstungsfragen und das
Wiener Zentrum für Abrüstung und Non-Proliferation, eine
Plattform vor allem für zivilgesellschaftliches Engagement.
Wichtig sei auch die Internationale Antikorruptionsakademie, die
weltweit erste ihrer Art, die einen wesentlichen Beitrag zu mehr
Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und besserer Regierungsführung
leisten werde.
Österreichs Mitgliedschaft im UNO-Menschenrechtsrat
Im Sinne des aktiven Engagements Österreichs in den Vereinten
Nationen und des konsequenten Eintretens für die Menschenrechte
hat sich Österreich für einen Sitz im Menschenrechtsrat der
Vereinten Nationen beworben. Am 20. Mai 2011 wurde Österreich mit
großer Mehrheit von der Generalversammlung der UNO gewählt. Dies
könne als großer Vertrauensbeweis und Anerkennung für Österreichs
bisherige Arbeit in der internationalen Gemeinschaft gewertet
werden.
Man wolle die Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat dazu nützen, in
einigen Schwerpunkthemen konkrete Fortschritte zu erzielen. Diese
seien der Schutz der Religionsfreiheit und religiöser
Minderheiten, die Förderung der Medienfreiheit und Schutz von
Journalistinnen und Journalisten sowie die Förderung der Rechte
von Kindern und Schutz vor Gewalt und Ausbeutung. Zu den
traditionellen österreichischen Resolutionsinitiativen, wie
Minderheiten und Binnenvertriebene, werde man auch die
Prioritäten aus dem Sicherheitsrat, insbesondere im Bereich des
Schutzes der Zivilbevölkerung und Stärkung der Frauenrechte in
geeigneter Form im Menschenrechtsrat fortsetzen, heißt es in dem
Bericht. Von großer Bedeutung sei weiterhin als Leitmotiv die
Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, die sich als roter Faden durch
das langjährige Engagement ziehe.
Kandidatur für den UNESCO-Exekutivrat, Dialog der Kulturen
Österreich will 2011-2014 auch im Exekutivrat der UNESCO
Verantwortung übernehmen. Österreich gehörte bislang zwei Mal
(1972-1976 und 1995-1999) dem Exekutivrat, dem wichtigsten
Steuerungsgremium der Organisation, an. Gerade in Zeiten weltweit
wachsender Spannungen zwischen religiösen Gruppen sei der Dialog
mit und unter den Religionsgemeinschaften und zwischen den
Kulturen unentbehrlich für Frieden und Sicherheit. Dies spiegle
sich auch in Österreichs Kandidatur wider, die klare Schwerpunkte
auf den interkulturellen sowie interreligiösen Dialog lege. Ganz
im Sinne seiner langen Tradition als Ort des Dialogs war
Österreich 2010 auch Gastgeber der dritten Konferenz europäischer
Imame und SeelsorgerInnen und des ersten Young Arab-European
Young Leaders Forum.
Österreichische Entwicklungszusammenarbeit
Entwicklungspolitik sei heute im wesentlichen Strukturpolitik
genauso wie Außenpolitik im wesentlichen "Weltinnenpolitik" sei.
Globale Politikfelder dürften nicht isoliert betrachtet werden,
sondern seien vielmehr eng miteinander vernetzt, wie
Menschenrechte, Ressourcen, Handel und Umwelt, Klimawandel,
Migration und Sicherheit, Zugang zu Wissen und Kommunikation und
deren Technologien. Sie beeinflussten sowohl die konventionelle
"Entwicklungspolitik" als auch Außenpolitik als solche.
Es sei daher klar, Entwicklungszusammenarbeit alleine reiche
nicht. Es bedürfe neuer Ansätze für neue Wachstums- und
Entwicklungschancen der am wenigsten entwickelten Länder. Der
Frage der guten Regierungsführung, der Transparenz und der
Bekämpfung der Korruption weltweit komme hier eine tragende Rolle
zu. Österreich könne und müsse sich dort einbringen, wo es einen
Mehrwert leisten könne. Man habe, heißt es im Bericht, zum
Beispiel ausgewiesene Expertise im Bereich Wasser, Umwelt und
nachhaltiger Energie, wie auch zu naturnaher Landwirtschaft, die
man auch künftig zum Wohl aller zum Einsatz bringen wolle.
"Weltweit für Sie da" - Konsularische Arbeit
Österreicherinnen und Österreicher werden immer mobiler. Etwa 60
Prozent der Österreicherinnen und Österreicher reisen zumindest
einmal im Jahr ins Ausland. Der Konsularbetrieb des
Außenministeriums sei daher eindeutig "eine Wachstumsbranche".
Von Jahr zu Jahr verzeichne das Ministerium Steigerungsraten von
rund 10 Prozent. 2010 hatte das Außenministerium über 300.000
Konsularfälle. Das heißt nicht weniger als 1500 Fälle pro
Arbeitstag. - Und dabei sei 2010 ein vergleichsweise "normales"
Jahr gewesen.
Das Außenministerium habe seinen konsularischen Einsatz in
vielfacher Hinsicht verstärkt. Man habe zehntausende Anfragen
allein im Zusammenhang mit den beiden großen Krisenregionen in
Nordafrika, dem Nahen Osten und Japan beantwortet, rund um die
Uhr und zusätzlich zum Normalbetrieb. Man habe eigene
"Krisenunterstützungsteams" nach Tunesien, dann nach Ägypten,
zuletzt nach Libyen entsandt, an denen auch das Innen- und das
Verteidigungsministerium beteiligt waren.
Auslandskulturpolitik
Die Auslandskulturpolitik ist ein integraler Bestandteil des
Außenministeriums und ein zentrales Instrumentarium, das
Österreich über seine Botschaften, Kulturforen und Konsulate
weltweit mit Erfolg einsetzt. Mit ca. 5400 Veranstaltungen in
nahezu 110 Ländern und 800 Städten, die über 7,7 Millionen
Besucherinnen und Besucher weltweit verzeichnet haben, trägt die
Auslandskultur maßgeblich zur Positionierung und zum Bild
Österreichs im Ausland bei. Das Netzwerk der Auslandskulturarbeit
des Bundesministeriums für europäische und internationale
Angelegenheiten umfasst derzeit 30 Kulturforen, 82 Botschaften,
11 Generalkonsulate, 60 Österreich-Bibliotheken, 9 Österreich
Institute sowie Spezialbüros in Lemberg, Sarajewo und Washington
DC. Die Österreich-Bibliotheken haben 2010 neben ca. 143.000
Bibliotheksbesucherinnen und Bibliotheksbesuchern 260.000
Besucherinnen und Besucher bei knapp 800 Veranstaltungen
verzeichnet.
Verantwortung übernehmen
Österreich tue aber weit mehr als all das. Man verstehe sich
nicht nur als Servicestelle für das Land und die
Österreicherinnen und Österreicher in der Welt. Man sei bereit,
auch für andere Verantwortung zu übernehmen: 50 Jahre Beteiligung
Österreichs an UNO-Friedenseinsätzen mit weltweit rund 90.000
Österreichern und Österreicherinnen im Einsatz zeigten, man
scheue diese Verantwortung nicht. Österreich wolle die
internationale Politik mitgestalten - und die zweijährige
Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat habe bewiesen, dass
Österreich das auch könne.
Breites Berichtsspektrum
Wie traditionell üblich werden im Bericht sodann einzelne Themen
wie die Menschenrechtslage, Wirtschaftspolitik, Abrüstungsfragen
sowie nachhaltige Umweltgestaltung in den Fokus genommen, ehe
sich eigene Abschnitte mit der Öffentlichkeitsarbeit und dem
österreichischen auswärtigen Dienst befassen. Neun ausgewählte
Dokumente beinhalten Reden von Bundespräsident Heinz Fischer und
Außenminister Michael Spindelegger vor wichtigen Foren und zu
bedeutsamen Fragen. Der Anhang bietet die traditionell
detaillierten Länderinformationen sowie statistisches Material
zum Diplomatischen Korps in Österreich, zur Diplomatischen
Akademie und zu den österreichischen Mitgliedern in
außenpolitischen Gremien. Daten zu "Österreich im internationalen
Vergleich" runden den 523 Seiten umfassenden Bericht ab.
(Schluss)
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