• 31.05.2011, 10:08:05
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Prostitutionsgesetz neu: Keine Straßenprostitution im Wohngebiet

Erleichterungen für Prostituierte, Meldepflicht für Bordelle, Zuverlässigkeitsprüfung für BetreiberInnen

Wien (OTS) - In einem gemeinsamen Pressegespräch präsentierten
Stadträtin Sandra Frauenberger und die grüne Gemeinderätin Birgit
Hebein Montagabend die Grundzüge des neuen Wiener
Prostitutionsgesetzes, das Ende Juni im Wiener Landtag beschlossen
werden soll. Das neue Gesetz bringt wesentliche Änderungen sowohl für
die Straßenprostitution als auch für Prostitutionslokale und eine
Reihe von Erleichterungen für SexarbeiterInnen. ****

Kernstück des Gesetzes ist die Trennung von Straßenprostitution
und Wohngebiet. Straßenprostitution bleibt weiterhin erlaubt, sie
wird aber aus dem Wohngebiet gebracht. Eine Steuerungsgruppe,
bestehend aus VertreterInnen von Polizei, NGOs, Magistrat und
politisch Verantwortlichen begleitet den Prozess. Ihre Aufgabe ist
es, die Auswirkungen des neuen Gesetzes zu beobachten, auf
Entwicklungen zu reagieren und Maßnahmen zu treffen.

Das neue Gesetz fußt auf einem sehr breit angelegten Dialog mit
allen betroffenen Gruppierungen. AnrainerInnen, SexarbeiterInnen,
Polizei, ExpertInnen, Bordellbetrei-berInnen und alle im Wiener
Gemeinderat vertretenen Parteien wurden angehört und deren Interessen
so weit wie möglich berücksichtigt.

Keine Straßenprostitution im Wohngebiet

Künftig ist Straßenprostitution nur noch außerhalb des
Wohngebietes erlaubt. Als Wohngebiet gelten Flächen der Stadt Wien,
die mehrheitlich mit Wohngebäuden bebaut sind. Keinen Straßenstrich
darf es außerdem im Kleingartengebiet, auf Friedhöfen, in Parks im
Wohngebiet, in Bahnhöfen sowie Stationsgebäuden und
Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel geben.

Neben den erlaubten Bereichen für die Straßenprostitution können
unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Erlaubniszonen
geschaffen werden. Durch das neue Gesetz wird die bisherige
Schutzzonenregelung, die von vielen Seiten als unübersichtlich und
daher impraktikabel kritisiert wurde, obsolet.

Meldepflicht für Prostitutionslokale

Prostitutionslokale unterliegen künftig einer behördlichen
Meldepflicht. Wer ein Prostitutionslokal eröffnen will, braucht einen
Genehmigungs-Bescheid. Dafür müssen potenzielle BetreiberInnen einen
Strafregisterauszug und die Bestätigung eines Ziviltechnikers
vorlegen, dass das Lokal der Bauordnung entspricht. Die Behörde
unterzieht BetreiberInnen einer Zuverlässigkeitsprüfung. Ungetilgte
Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr oder schwerwiegende Verstöße
gegen gewerberechtliche, sozialversicherungsrechtliche oder
prostitutionsrechtliche Rechtsvorschriften sind beispielsweise
hinderlich. Das Prostitutionslokal darf erst in Betrieb genommen
werden, wenn ein Genehmigungs-Bescheid vorliegt.

Diese neue Regelung gilt für alle neuen Prostitutionslokale.
Bereits bestehende Lokale müssen der Meldepflicht binnen eines Jahres
nachkommen. Wer ein Bordell oder Laufhaus ohne Genehmigung in Betrieb
nimmt, riskiert eine Strafe von bis zu 7.000 Euro. Neu ist auch, dass
die Behörde ein gesetzeswidriges Bordell an Ort und Stelle schließen
kann. Ein BetreiberInnenwechsel kann eine Schließung künftig nicht
mehr verhindern.

Eine ArbeitnehmerInnenschutzverordnung legt fest, was in den
Lokalen Standard sein muss. Die Arbeitsbedingungen für
SexarbeiterInnen sollen verbessert und der Schutz für die Frauen
erhöht werden.

Örtliche Einschränkungen für Bordelle gibt es nicht. Allerdings
sind im neuen Gesetz bestimmte Schutzobjekte, wie zum Beispiel
Schulen oder religiöse Einrichtungen, definiert.

Weniger Bürokratie und Strafamnestie für Prostituierte

Für Prostituierte bringt das neue Gesetz einige bürokratische
Erleichterungen. Sie müssen sich zwar wie bisher bei der Polizei
registrieren lassen, die Meldepflicht von Berufsunterbrechungen oder
Urlaub entfällt aber künftig. Damit kommt die Stadt einem vielfach
geäußerten Wunsch von Prostituierten nach. Außerdem neu ist, dass bei
der Erstregistrierung künftig eine NGO herangezogen wird. Diese
Regelung soll von Beginn an eine bessere Beratung und unterstützende
Begleitung der Frauen sicherstellen. Die Erstregistrierung dient auch
dem Zweck, Frauenhandel auszuschließen. Strafverfahren gegen
Prostituierte, die auf Grund der alten Schutzzonenregelung
eingeleitet wurden, werden eingestellt.

Schutz für Minderjährige

Prostitution ist erst ab 18 Jahren erlaubt. Das neue Gesetz bringt
verstärkten Schutz für Minderjährige, die durch erwachsene Freier
sexuell ausgebeutet werden. Werden Minderjährige das erste Mal bei
der Prostitution "erwischt", müssen sie künftig keine Strafe mehr
zahlen, sondern werden ermahnt und müssen zur Beratung beim
Jugendwohlfahrtsträger. Falls sie das nicht tun, wird eine Strafe von
200 Euro (bisher 1.000 Euro) verhängt. Durch diese Herabsetzung der
Strafen soll verhindert werden, dass junge Frauen zur Bezahlung der
Strafe erneut der sexuellen Ausbeutung durch erwachsene Freier
erliegen. Sie sollen durch die Beratungen neue Perspektiven erhalten.

Strafen für Freier

Freier, die außerhalb der erlaubten Zonen mit Prostituierten
Kontakt aufnehmen bzw. ein Geschäft anbahnen, können künftig bestraft
werden. Bisher sah das Gesetz nur für Prostituierte Strafen vor.
Diese Maßnahme wird nach einem Jahr evaluiert werden.

Begleitende Maßnahmen

SPÖ und Grüne werden im Wiener Gemeinderat außerdem einen
Forderungskatalog an die Bundesregierung adressieren: Sie fordern die
Abschaffung der Sittenwidrigkeit, die Anonymisierung des "Deckels"
sowie ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des Frauenhandels.

Weiters ist eine Kampagne gegen die Belästigung von Frauen durch
Freier bzw. Männer in der Nacht sowie mehrsprachiges Infomaterial für
Prostituierte, aus dem klar die Rechte und Pflichten aus dem
Prostitutionsgesetz hervorgehen, geplant.

Eine Steuerungsgruppe, bestehend aus VertreterInnen von Polizei,
NGOs, Magistrat und politisch Verantwortlichen, wird eingerichtet.
Sie soll anfänglich jedes Monat, später zweimal jährlich
zusammentreten. Ihre Aufgabe ist es, die Auswirkungen des neuen
Gesetzes zu beobachten, sich über neue Fragen die Prostitution
betreffend auszutauschen und Lösungen zu erarbeiten. Außerdem soll
die Arbeitsgruppe die Einrichtung etwaiger weiterer Erlaubniszonen
diskutieren. (Schluss) lac

Rückfragehinweis:
Büro Stadträtin Sandra Frauenberger
Mediensprecherin Mag.a Marianne Lackner
Tel.: +43 1 4000 81853
mailto:marianne.lackner@wien.gv.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRK

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