• 12.05.2011, 13:33:21
  • /
  • OTS0238 OTW0238

EU-Krise: Altpolitiker warnen davor, Griechenland fallen zu lassen

Ex-Vizekanzler Busek stellt der Politik schlechtes Zeugnis aus

Wien (OTS) - Wenn die EU Griechenland jetzt nicht helfe, werde
ganz Europa mit in den Abgrund gezogen. Das sagten der ehemalige
Vizekanzler und ÖVP-Chef Erhard Busek und Johannes Voggenhuber,
Ex-Europasprecher der Grünen, gestern in der ATV-Diskussionssendung
"Am Punkt". Gedankenspiele, Griechenland aus der Eurozone
auszuschließen oder zwei Währungszonen zu bilden, seien
realitätsfern. "Der Euro ist eine der stärksten Währungen der Welt.
Aus dem Euro aussteigen zu wollen, da muss man im Gehirn schon einige
Schräubchen drehen", sagte Voggenhuber. Dem schloss sich Paul Schmidt
von der Gesellschaft für Europapolitik an: "Es wäre ökonomischer
Unsinn, wenn Griechenland aus dem Euro austreten würde. Das
Bankensystem in Griechenland würde krachen gehen und wir hätten
extreme soziale Kosten."

Heftigen Widerspruch gab es vom künftigen
EU-Parlamentsabgeordneten Ewald Stadler (BZÖ). Er plädierte in "Am
Punkt" für eine Spaltung der Währungsunion in einen "Süd-Euro" der
Problemländer und einen "Nord-Euro" der stabileren Staaten.
Griechenland sei ein Fass ohne Boden, schon das Rettungspaket im
vergangenen Jahr habe nichts gebracht: "Uns hat der Finanzminister
vor einem Jahr gesagt, das ist alles, damit ist der Fall erledigt. 80
Milliarden Euro sind genug. Und jetzt kommen weitere 60 Milliarden
Euro Forderungen dazu."

Heftig gestritten wurde auch über die Ursachen der aktuellen
Krise. Während Stadler meinte, man hätte Staaten wie Griechenland gar
nicht erst in die Währungsunion aufnehmen dürfen, warfen Busek und
Voggenhuber vor allem den Regierungen der größeren EU-Staaten vor,
sie hätten durch Eigensinn zu den Problemen beigetragen. "Wir haben
in Wirklichkeit einen Mangel an Politik und Politikern", so der
Ex-Vizekanzler. Voggenhuber erinnerte daran, dass Deutschland und
Frankreich die ersten gewesen seien, die den Euro-Stabilitätspakt
gebrochen hätten. "Dann haben die kleineren Staaten gesagt: na ja,
wenn die großen Gründerstaaten sich um das nicht scheren, was sie
selber uns aufgezwungen haben, dann werden wir das halt auch so
machen."

Heftigen Streit im ATV-Studio gab es auch in der Frage der
Grenzkontrollen. Stadler verteidigte die Entscheidung Dänemarks, an
den Grenzen zu Deutschland und Schweden wieder permanente Kontrollen
einzuführen. Es gebe auf jeden Fall in Europa
"Kriminalitätstourismus" und "wenn jetzt die Dänen Grenzkontrollen
einführen, dann werden sie gute Gründe dafür haben." Für Voggenhuber
verstößt Dänemark dagegen klar gegen die Schengen-Vereinbarung.
Gleiches gelte für die Pläne, wegen der Flüchtlinge aus Nordafrika
das Schengen-Abkommen zu ändern, wie es vor allem Frankreichs und
Italiens Regierungschefs fordern: "Was Berlusconi und Sarkozy wollen,
ist glatter Vertragsbruch." Europa-Experte Schmidt sagte, die Pläne
seien: "innenpolitisch motivierte Ansagen. Diese 25.000 Flüchtlinge
aufzunehmen, sollten kein Problem sein für ein Land wie Italien."
Busek fügte hinzu: "Maßnahmen um zu verhindern, dass es überhaupt zu
diesen Migrationen kommt, sind viel wichtiger. Man braucht ganz
Europas Engagement, um die Lage in den Ländern im arabischen Raum zu
stabilisieren. Das sind lauter optische Maßnahmen die in Wirklichkeit
nichts nutzen."

Rückfragehinweis:
ATV Redaktion "Am Punkt": Tel.:01/213 64 115

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | ATP

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel