• 31.03.2011, 21:00:13
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Vom 1. April 2011 von Gabriele Starck "Verdrängung macht das Leben leichter"

Das Erschreckendste am Störfall von Fukushima ist: Noch immer hat niemand einen Rettungsplan.

Innsbruck (OTS) - Exakt drei Wochen ist es her. Da erschütterte
mit Stärke 9 eines der schwersten Erdbeben in der Geschichte der
Aufzeichnungen den Norden Japans. Drei Wochen und einige Stunden
später brachten die Folgen die gesamte technikgläubige Welt aus dem
Gleichgewicht. Alles starrt seither gebannt auf sechs Reaktoren in
Fukushima bzw. das, was davon noch übrig ist. Jegliche Berichte, die
sonst mit Erdbebenkatastrophen einhergehen - Tote, Zerstörung und
Spendenaktionen -, sind nicht mehr von Interesse.
Tschernobyl? Das war vor 25 Jahren und in der Sowjetunion. Aber
Japan? Ein Land, dessen Menschen als Erste überhaupt zu
Hunderttausenden Opfer tödlicher Strahlung wurden. Ein Land, das sich
von täglichen Nachbeben mit Stärken über 6 nicht aus der Fassung
bringen lässt - in Europa würden sie zu Chaos und Tod führen. So ein
Land muss doch so die Atomkraft im Griff haben?
Nein, hat es nicht! Zumindest das steht nach drei Wochen fest,
ansonsten aber nichts. Und vor allem - und das ist das wirklich
Erschreckende - weiß niemand, wie man auf die Havarie reagieren muss,
um deren Auswirkungen möglichst gering zu halten. Bislang regiert nur
Ohnmacht.
Das heißt aber auch: Niemand hat sich je einen Notfallplan für einen
derartigen Störfall überlegt. Das betrifft nicht allein Tepco, den
Betreiber des Schrott-AKWs. Nein, niemand nirgendwo auf der Welt. Nur
deshalb sind nicht alle Sicherheitsexperten dieser Erde längst tätig
geworden. Das reale Risiko wurde einfach verdrängt - dem Prinzip
folgend: Was nicht sein darf, wird auch nicht sein. Weshalb sollte
man sich also darauf vorbereiten? Verdrängung macht das Leben
leichter - und in puncto Energieproduktion vielleicht auch
vermeintlich billiger. Doch billig muss Japan jetzt teuer bezahlen.
Denn Verdrängung ist nicht immer günstig.

Rückfragehinweis:
Tiroler Tageszeitung, Chefredaktion , Tel.: 05 04 03 DW 610

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