- 27.02.2011, 18:01:27
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DER STANDARD-Kommentar "Der Teufel im Detail" von Gerald John
"Innenministerin Fekter verfolgt gerechtfertigte Anliegen mit hinterlistigen Mitteln" - Ausgabe 28.2.2011
wien (OTS) - Die eiserne Ministerin als Galionsfigur des
Feminismus: Listig verteidigte Maria Fekter in der ORF-Pressestunde
die geplanten Verschärfungen im Fremdenrecht. Die strengeren
Vorschriften für Zuwanderer, Deutsch zu lernen, verkaufte die
ÖVP-Politikerin als emanzipatorischen Meilenstein für jene Frauen,
die von ihren Macho-Männern unterdrückt würden - um auf ewig als
ungebildete Hascherln zu dienen.
Dass die Hausherrin des Innenministeriums, wo der polizeispezifische
Tunnelblick dominiert, tatsächlich die Frauenrechte im Auge hatte,
als sie das Fremdenpaket schnürte, darf bezweifelt werden. Aber im
Kern hat Fekter - Übertreibungen ausgeklammert - recht: Es gibt eine
bedenkliche Zahl (oft weiblicher) Zuwanderer, die trotz vieler Jahre
im Land sehr schlecht Deutsch sprechen. Wer das für ein
ausländerfeindliches Klischee hält, kann zum Beispiel bei
Sozialarbeitern und Lehrern nachfragen oder sich einfach selbst
einmal in einem "Ausländerviertel" umhören.
Staatlich vorgeschriebene Sprachkurse vor diesem Hintergrund per se
als Schikane zu verdammen, hilft den Betroffenen am wenigsten. "Warum
sollen Bauarbeiter in Deutsch maturieren?", hatte eine
Migrantenberaterin bei einer Pressekonferenz, bei der die
Regierungspläne zerpflückt wurden, gefragt. Um nicht ein Leben lang
die Hilfsschakln der Österreicher zu bleiben, wäre eine passende
Antwort.
Fekter hätte gute Argumente auf ihrer Seite - wenn sie nicht wieder
einmal den Teufel im Detail verpackt hätte. Sie wolle die Bildung für
Frauen öffnen, verspricht die Ministerin, doch tatsächlich schränkt
sie die vergleichsweise ohnehin mickrige finanzielle Förderung für
Kursteilnehmer mit dem neuen Gesetz weiter ein. Um maßgeschneiderte
Angebote, etwa für arbeitende (und emanzipierte) Mütter, die
Kinderbetreuung benötigen, schert sich ohnehin niemand.
Statt mit Anreizen zu motivieren, hängt die Regierung das
Damoklesschwert noch einmal niedriger. Angst, das wissen Pädagogen,
fördert selten den Lernerfolg, doch dafür könnte das Innenministerium
endlich den ersten Ausländer präsentieren, der mangels
Deutschkenntnisse rausfliegt. Dass ansässige Zuwanderer das
Sprachniveau A2 nun schon in zwei Jahren erreichen müssen, hat wohl
den Grund, dass die Sanktionen dann voll greifen. Bei der alten
Fünfjahresfrist hatte - so ein Pech - die Menschenrechtskonvention
eine Ausweisung verhindert.
Ein Passus gesteht den Beamten - offenbar alles Linguisten - auch das
Recht zu, Zuwanderern das nötige Deutschniveau abzusprechen, selbst
wenn diese das gesetzlich geforderte Sprachdiplom vorweisen. Wird die
Fremdenbehörde per Eigendiagnose künftig auch Schulzeugnisse und
Doktorentitel aberkennen?
Ähnlich fragwürdig sind die Finessen der berüchtigten
"Mitwirkungspflicht". Ja, der Staat hat ein Interesse daran, dass
Asylwerber während ihres Verfahrens nicht abtauchen. Doch wer diesen
verfassungsrechtlich schmalen Grat beschreitet und Asylsuchende
zwecks Zulassungsverfahrens für fünf Tage im Erstaufnahmezentrum
festhalten will, muss für unangreifbare Bedingungen sorgen. Dass die
Behörden die Rechtsberater, denen sich Asylwerber anvertrauen sollen,
selbst aussuchen und zu so etwas wie "Objektivität" verpflichten
wollen, spottet dem Anspruch einer fairen Lösung und zeigt ein
typisches Muster der heimischen Fremdenpolitik: vertretbare Anliegen,
hinterfotzige Umsetzung.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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