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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Glanz und Blendung" (von Thomas Götz)
Ausgabe vom 27.02.2011
Graz (OTS) - Der deutsche Verteidigungsminister würde den
Vergleich wohl empört von sich weisen. Aber er soll ihm trotzdem
nicht erspart bleiben. Wer die Selbstverteidigung des ehemaligen
Finanzministers im ORF bestaunt hat, wer später die
Selbstrechtfertigung des amtierenden deutschen Verteidigungsministers
vor dem Deutschen Bundestag sah, dem drängt sich die Parallele auf.
Krankhaft gutes Gewissen könnte man die Haltung nennen. Scheinbar
gelassen hörten sich die so unterschiedlichen Herren die peinlichsten
Fakten an und antworten, als ginge es um die Anschaffung von
Bleistiften, nicht um den Vorwurf von Lug und Trug.
Nicht das Verhalten der beiden Herren ist bemerkenswert, sondern die
Nachsicht der sonst so empörungsbereiten Wähler. Umfragen stärken
Guttenberg nach wie vor den Rücken. Dass eindeutig erwiesen ist, dass
große Teile seiner Doktorarbeit fremden Köpfen entsprangen, dass er
Geständnisse über seine Kopierarbeit täglich dem letzten Stand der
Enthüllungen anpasste, scheint den Menschen egal zu sein.
Warum?
Karl-Heinz Grasser ist politisch erfreulicherweise Geschichte, nicht
weil ihm die Menschen die Gunst entzogen haben, sondern weil er nicht
mehr wollte. Auch zu Guttenberg kann offenbar nur ein freiwilliger
Amtsverzicht aus dem Sattel heben. Eine breite Mehrheit der Deutschen
ist gegen seinen Rücktritt und das, obwohl er seinen größten Trumpf
verspielt zu haben schien: die Glaubwürdigkeit.
Die Quelle von Guttenbergs Erfolg liegt offenbar anderswo. Nicht im
Mut, den Einsatz in Afghanistan einen Krieg genannt zu haben, nicht
in der Entschlossenheit, sich gegen Staatshilfe für den maroden
Opel-Konzern auszusprechen.
Vielleicht ist es einfach die unglaubliche Selbstsicherheit, mit der
der Mann tut, was er tut. Es ist die rare Gabe, sich hinstellen zu
können und zu vermitteln: Da bin ich und das ist auch gut so. Der
Bote ist die Botschaft. Solange der Bote gut aussieht, sich zu
benehmen weiß und auch noch Erfolg hat, wird ihm der Rest verziehen.
Der Freiherr befriedigt die Sehnsucht nach Sicherheit, nach Menschen,
die nicht wie alle übrigen von Zweifeln geplagt sind, nach Menschen,
denen das Leben leicht zu fallen scheint. Dieser Schein verbreitet
einen Glanz, der selbst Glaubwürdigkeit ersetzt.
Stellvertretend für die Zuschauer der Politik zeigt der Freiherr vor,
wie selbstbestimmtes Leben gehen kann. Wehe, er scheitert wie
Karl-Heinz Grasser mit seinen Meinl-Geschäften. Dann ist der Lack ab
und die Milde weicht der Gnadenlosigkeit.
So ist das im Showgeschäft.****
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