- 29.11.2010, 11:37:41
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Muttonen: Ein Jahr Vertrag von Lissabon - ein Jahr mehr Demokratie, Transparenz und Mitwirkung
EU-Informationsgesetz soll im Frühjahr beschlossen werden
Wien (OTS/SK) - Durch den Vertrag von Lissabon, der vor einem
Jahr, am 1. Dezember 2009, in Kraft getreten ist, wurden die
Mitwirkungsrechte des österreichischen Parlaments am europäischen
Gesetzgebungsprozess maßgeblich gestärkt. "Die Bilanz des letzten
Jahres ist eindeutig positiv", betonte SPÖ-Europa-Sprecherin
Christine Muttonen am Montag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. "Das
österreichische Parlament hat seine neuen Mitwirkungsrechte gut
genützt. Wir haben drei Subsidiaritätsrügen ausgesprochen und so
gegen Kompetenzüberschreitungen der EU Einspruch erhoben sowie
insgesamt 23 Stellungnahmen abgegeben. Das neue
EU-Informationsgesetz, das noch mehr Transparenz bringen wird, soll
im Frühjahr beschlossen werden", so Muttonen.****
"Die Ratifizierung des Vertrages von Lissabon war der richtige
Schritt", führte die SPÖ-Europasprecherin weiter aus. "Wie sich auch
jetzt nach einem Jahr zeigt, hat er tatsächlich zu mehr
demokratischer Kontrolle und Transparenz geführt. Die Rolle der
nationalen Parlamente als Hüterinnen der Souveränität der
Nationalstaaten wurde bestätigt."
Ein EU-Informationsgesetz, das derzeit verhandelt wird, soll dafür
sorgen, dass die österreichische Bevölkerung noch leichter als bisher
Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene nachverfolgen kann. Dazu
Muttonen: "Ich hoffe, dass dadurch die Distanz zwischen der EU und
der Bevölkerung einen Schritt weit verringert und die Identifikation
mit Europa erhöht werden kann."
Subsidiaritätsrüge wegen Kompetenzüberschreitung der EU
Hinsichtlich der drei Subsidiaritätsrügen beeinspruchte zum Beispiel
der Nationalrat einen Entwurf der EU-Kommission zu einer
Saisonarbeiterrichtlinie. Der EU-Unterausschuss vertrat dabei die
Meinung, dass die Vorschläge der EU-Kommission zur Regelung von
Saisonarbeit eine Kompetenzüberschreitung darstellen. Das Ansinnen
der EU-Kommission, die Zulassung von Saisonarbeitskräften zum
Arbeitsmarkt zu vereinheitlichen, bezeichnete Muttonen als
"problematisch". "Saisonarbeitskräfte kommen regional zum Einsatz,
daher sollten hier Regelungen besser auf nationaler Ebene getroffen
werden. Eine Rüge ist ein Signal an die EU-Kommission, in Zukunft
besser auf ihre Kompetenzgrenzen zu achten", bekräftigte Muttonen
nochmals.
Die EU im österreichischen Parlament
Die Auseinandersetzung mit EU-Materien findet im Parlament auf
verschiedenen Ebenen statt und hat sich seit Inkrafttreten des
Vertrages von Lissabon intensiviert: In den Fachausschüssen werden
jährlich die EU-Vorhabensberichte jedes einzelnen Ministeriums
inklusive der Darstellung der österreichischen Position diskutiert.
Der EU-Unterausschuss tagt nun monatlich und berät über aktuelle
Vorlagen aus Brüssel. Hier können auch Subsidiaritätsrügen
ausgesprochen werden. Darüber hinaus kann der Ausschuss einen
Minister durch eine verbindliche Stellungnahme inhaltlich binden oder
direkt Mitteilungen an die europäischen Institutionen senden. Der
EU-Hauptausschuss bereitet weiterhin jede Sitzung des Europäischen
Rates vor. Im Nationalratsplenum werden EU-Materien vierteljährlich
im Rahmen von "Aktuellen Europastunden" diskutiert. "Insgesamt hat
sich die Auseinandersetzung mit EU-Vorhaben und Vorlagen deutlich
intensiviert. Mit dem Vertrag von Lissabon ist eine neue Qualität der
Mitbestimmung, Information und Vernetzung in Kraft getreten", so
Muttonen.
Mehr Mitwirkung durch den Vertrag von Lissabon
Der Vertrag von Lissabon enthält ein "Stopp-Schild" bei
EU-Kompetenzüberschreitungen. Ein wesentliches Prinzip der
Europäischen Union ist das der Subsidiarität. Subsidiarität bedeutet,
dass die EU nur dort tätig wird, wo ein gemeinsames Vorgehen sinnvoll
ist, um einen "europäischen Mehrwert" zu verwirklichen. Die Union
soll in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten nicht unnötig
eingreifen. Zur Umsetzung dieses Prinzips wurden zwei neue
Instrumente geschaffen - die Subsidiaritätsrüge und die
Subsidiaritätsklage.
Die Subsidiaritätsrüge wirkt vor dem Beschluss einer Gesetzesmaterie
auf europäischer Ebene. Die nationalen Parlamente haben nun das
Recht, innerhalb von acht Wochen mit einer Subsidiaritätsrüge der
Kommission die "gelbe Karte" zu zeigen, wenn eine vorgeschlagene
EU-Regelung das Subsidiaritätsprinzip verletzt. Eine
Subsidiaritätsklage wiederum bezieht sich auf bereits beschlossene
Gesetzgebungsakte der EU. Hier kann jedes einzelne Parlament eines
Mitgliedstaates innerhalb von zwei Monaten nach Beschluss Klage beim
Europäischen Gerichtshof erheben.
In Österreich wurden die erweiterten Mitwirkungsrechte des Parlaments
durch die Lissabon-Begleitnovelle in der Verfassung verankert. Diese
sieht auch besondere Mitwirkungsrechte für den Fall vor, dass auf
europäischer Ebene die so genannte Brückenklausel ("Passerelle") -
diese bezeichnet den Übergang vom Einstimmigkeitsprinzip zur
qualifizierten Mehrheit - zur Anwendung kommt. In diesem Fall ist
eine Genehmigung durch den Nationalrat und Bundesrat mit
Zwei-Drittelmehrheit vonnöten. Gleiches gilt nach wie vor bei
jeglicher Vertragsänderung. (Schluss) bj/sas
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