• 04.11.2010, 11:00:28
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Naturschutzpolitik außer Rand und Band

Alpenverein wehrt sich gegen maßlose Erschließungspläne

Das Warscheneckmassiv (von Norden, Oberösterreich) soll für einen Skigebietszusammenschluss geopfert werden.

Innsbruck (TP/OTS) - Der Alpenraum ist das am dichtesten
erschlossene und intensivst genutzte Gebirge der Welt. Die Bemühungen
um seinen Schutz und um die Verankerung nachhaltiger
Entwicklungsstrategien sind zahllos. Selbst die in zehnjährigen
Verhandlungen und im Jahre 2002 in Österreich in Kraft getretenen
Durchführungsprotokolle der Alpenkonvention können die gegenseitige
Aufschaukelung der Regionen mit immer neuen Großprojekten mit
Seilbahnen, Schipisten, Wasserkraftwerken, Straßen, usw. nicht
stoppen. Die Nicht-Ratifizierung der Protokolle in der Schweiz und in
Italien führt deshalb in Österreich zur Debatte um Standortschwächung
und Wettbewerbsverzerrung.

Selbst Schutzgebiete werden bei Planungen nicht ausgespart
Die Absicht, vor langer Zeit geplante und neue Projekte realisieren
zu können, lässt die Betreiber zu neuen Strategien greifen:
Verwässerung des UVP-Gesetzes, Wiedereinführung des bevorzugten
Wasserbaus, öffentliche Attacken auf Landesumweltanwälte, usw.. Die
Ursachen dafür sind vielfältig: beinharter Wettbewerb, abnehmende
Schifahrerzahlen, gegenseitige Aufschaukelung, der Druck der
Bauindustrie.

Der Oesterreichische Alpenverein sieht sich nunmehr mit einer
neuen Welle der alpinen Erschließung konfrontiert. Die Palette reicht
von herkömmlichen harten Erschließungsprojekten bis zur wachsenden
Zahl von Mahnmalen und technischen Inszenierungen bis hinauf auf
höchste Bergspitzen. Als dramatisch sieht der Oesterreichische
Alpenverein insbesondere den verstärkten Trend an, verschiedene
Vorhaben in streng geschützten Schutzgebieten, hochsensiblen
Naturjuwelen und alpintouristisch höchst attraktiven Szenerien
umzusetzen.

Eine Auswahl der Erschließungswünsche

- In Oberösterreich wird derzeit ganz aktuell am Projekt eines
riesigen Schigebietszusammenschlusses zwischen den bestehenden
Schigebieten Hinterstoder/Hutterer Höss und Wurzeralm/Spital am Pyhrn
gearbeitet. Der Gebietsverbund soll über den Kalk- und
Karstgebirgsstock des Warscheneck erfolgen. Dieses Areal wurde erst
im Jahre 2008 von der Oberösterreichischen Landesregierung zum
Naturschutzgebiet erklärt.

- Intensiv wird im Land Salzburg an Lösungen zur Errichtung einer
Zubringer-Stollenbahn von Sportgastein durch die Kernzone des
Nationalparks Hohe Tauern-Salzburg zum Schareck/Obermölltaler
Gletscherschigebiet gearbeitet.

- In Tirol drängen die Anrainergemeinden des Stubaitales und
Inntales/westliches Mittelgebirge auf den Zusammenschluss der
Schigebiete Axamer Lizum und Schlick über die Kalkkögel. Das Gebiet
der Kalkkögel wurde im Jahre 1983 von der Tiroler Landesregierung zum
Ruhegebiet erklärt, in welchem u.a. die Errichtung von Seilbahnen
ausnahmslos verboten ist.
Neuer Trick: Die Schutzgebiete sollen aufgehoben werden, um sie
anschließend unter Herausnahme des für die Erschließungen benötigten
Geländes neu zu verordnen!

- In Ischgl/Tirol kämpft der OeAV mit der Silvretta Allianz seit
knapp 30 Jahren gegen die schitechnische Erschließung des
Vesiltales/Piz Val Gronda in der Nähe der Heidelberger Hütte. Eine
Erschließung widerspricht aufgrund der betroffenen prioritären
Lebensräume und der herausragenden floristischen, geologischen und
geomorphologischen Extravaganz den Bestimmungen des Tiroler
Naturschutzgesetzes.

- Am Obernberger See im seit 1984 bestehenden
Landschaftsschutzgebiet "Nößlachjoch-Obernberger See-Tribulaune" soll
ein Hotelkomplex in Form eines Natur-Refugiums entstehen.

- Ein Beispiel für viele, wie heute unberührte Natur und herrliches
Landschaftsbild für neue Projekte und Inszenierungen in geschützten
Räumen herhalten soll.

Gleichzeitig laufen die ersten Genehmigungsverfahren für die
Errichtung von Windparks im Kammverlauf (32 große Windräder) an der
österreichisch-italienischen Staatsgrenze. Von 3/4 der Fläche des
Landschaftsschutzgebietes wären die Windräder einsehbar! Die
bekannten Wanderweginfrastrukturen können aufgrund der Überbauung
vergessen werden.

- Der Karnische Kamm mit dem bekannten Karnischen Höhenweg und der
Via Alpina-Trasse soll in unmittelbarer Nähe zur Sillianer Hütte der
OeAV-Sektion Sillian durch das Schischaukelprojekt Sexten-Sillian
bzw. im Bereich Dellach/Gailtal durch eine 220 kV-Leitung gequert
werden.

Alpenverein wird sich mit allen Mitteln wehren

Der Oesterreichische Alpenverein nimmt in einzelnen Großverfahren
seine Parteistellung als anerkannte Umweltorganisation wahr. Zudem
hat der Oesterreichische Alpenverein wegen vermuteter
Nicht-Einhaltung von UVP-Vorschriften Beschwerde bei der Europäischen
Kommission erhoben.

Der Oesterreichische Alpenverein wehrt sich mit fundierter
Grundlagenarbeit, politischen Vorsprachen, Unterschriftenaktionen und
Medienarbeit zusammen mit den betroffenen Sektionen
(Schutzhütten/Arbeitsgebiete) gegen den drohenden Bauschub im
Gebirge. Mangels unkoordinierter Raumordnungspläne und -programme
besteht die Gefahr, dass sich die alpinen Talschaften aufgrund der
sich ständig mehrenden Nutzungsansprüche zu "alpinen
Allerweltslandschaften" entwickeln. Vielen wird so die Basis für
einen landschaftsorientierten Alpentourismus entzogen.

Alpenverein fordert mehr Respekt vor der Natur

Der Oesterreichische Alpenverein verlangt zur Gegensteuerung die
nahtlose Anwendung nationaler und internationaler Gesetze,
Vorschriften und Abkommen, die Stärkung des öffentlichen Interesses
für den Naturschutz, die Umsetzung der Alpenkonvention zur Stärkung
extensiver, naturnaher Tourismusformen und den gebührenden Respekt
vor Schutzgebieten und wertvoller Natur. Intern rüstet sich der
Oesterreichische Alpenverein mit einer verstärkten
Naturschutzreferentenausbildung im Rahmen der Alpenvereinsakademie.

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM/Original Bild
Service, sowie im OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:
Peter Haßlacher
peter.hasslacher@alpenverein.at
Tel.: +43 (0)664 8556427

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