- 15.10.2010, 17:41:48
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Kirche: Kardinal Schönborn für kreative Strukturreform
"Das Grundanliegen Mission darf nicht in den Hintergrund treten" - In Zukunft mehr "kleine christliche Gemeinschaften"
Wien (OTS) - Wien, 15.10.10 (PEW) Die Erzdiözese Wien braucht im
Hinblick auf die gesellschaftlichen, demografischen und kirchlichen
Veränderungen eine Strukturreform; aber diese Reform muss kreativ
angegangen werden, "keinesfalls losgelöst vom Grundanliegen Mission":
Dies betonte Kardinal Christoph Schönborn am Freitag bei einer
Pressekonferenz im "Club Stephansplatz 4" zur Halbzeit der 3.
Diözesanversammlung im Rahmen der Initiative "Apostelgeschichte
2010". Im Hinblick auf die Diskussion um Leitungsfunktionen in der
Kirche stellte der Wiener Erzbischof klar, dass es nicht um
Machtverteilung geht: "Alle Getauften und Gefirmten sind zuerst
einmal miteinander Christen; auch wer eine Leitungsfunktion hat, ist
nicht isoliert". Eine Persönlichkeit wie die Heilige Teresa von
Avila habe viel in Bewegung gebracht, obwohl sie keinen Anteil am
hierarchischen Amt hatte. Zuerst müsse das vom Zweiten Vaticanum
betonte allgemeine Priestertum gesehen werden, dann könne man auch
organisatorische Fragen angehen. Kardinal Schönborn: "Muss ein
Pfarrer, der vier Pfarrgemeinden betreut, auch vier Pfarrgemeinderäte
haben?"
Der Berliner Jesuit P. Klaus Mertes lobte bei der Pressekonferenz die
"visionäre Dimension", die bei der 3. Diözesanversammlung spürbar
wurde. "Reine Reaktion auf statistisch erhebbare Realitäten" genüge
nicht. In Wien werde offensichtlich die notwendige Strukturreform
nicht als "Verwaltungsvorgang", sondern als "Erneuerungsprozess
geistlicher Art" angegangen. Für ihn sei das "inspirierend" gewesen,
sagte der Jesuit.
Die Aufdeckung des Missbrauchs-Skandals habe für die Kirche drei
Konsequenzen, sagte P. Mertes: Es gehe darum, sich der Wahrheit zu
stellen, Versöhnung zwischen Opfern und Tätern zu suchen und die
"Sprachlosigkeit" zu überwinden, um die Stimme der Opfer zu
verstehen. All dies wirke auch tief in die Gesellschaft hinein.
Insgesamt stehe immer die Überwindung von "Abwehrreaktionen" im
Mittelpunkt. Das gelte im übrigen auch für das vieldiskutierte Thema
"Integration". Im Hinblick auf die moderne "Völkerwanderung" durch
die Globalisierung könne die Kirche einen großen Dienst für die
Gesellschaft leisten: "Kulturelle Identität darf nicht durch
Abgrenzung bestimmt werden".
Andrea Geiger und Otto Neubauer vom "Kernteam" von "Apostelgeschichte
2010" betonten zwei Aspekte des Vorgangs "Apostelgeschichte 2010":
Es sei "neue Freude am Glauben" entfacht worden (die etwa in den
liturgischen Feiern bei den Diözesanversammlungen spürbar wurde) und
die Einsicht sei gewachsen, dass Kirche vor allem Gemeinschaft sein
muss, wenn sie missionarisch sein will. Das Ziel der Strukturreform
sei daher auch nicht "Rückzug". Es werde in Zukunft mehr "kleine
christliche Gemeinschaften" brauchen, sagte der Theologe Otto
Neubauer, Leiter der Wiener "Akademie für Evangelisation". Nur so
könne die Kirche auf die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen
reagieren, auch als "kleiner werdende Kirche mit größerem Elan". Die
Kirche sei keine "Kultkonserve", sondern die Gemeinschaft der
"Freunde Jesu". Die tragischen Ereignisse der ersten Jahreshälfte
seien eine Chance, "selber umzukehren als Kirche und neu anzufangen",
so Geiger und Neubauer. Für den Erneuerungsprozess sei aber langer
Atem notwendig. (forts mgl)
Rückfragehinweis:
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