• 23.06.2010, 09:46:41
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Gewalt an Frauen ist immer auch Gewalt an Kindern

Frauenhäuser lehnen eine "automatische gemeinsame Obsorge" ab

Wien (OTS) - Justizministerin Claudia Bandion-Ortner plädiert für
eine automatische gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung für beide
Elternteile und will diese Neuregelung morgen bei einer Enquete im
Parlament mit verschiedenen ExpertInnen diskutieren.

Die österreichischen Frauenhäuser sehen jedoch keinen
Handlungsbedarf für eine Änderung der derzeitigen Obsorgeregelung -
weder für eheliche noch für uneheliche Kinder. "Solange Gewalt an
Frauen und Kindern in der Familie und in der Beziehung bei der
Scheidung wenig bis gar nicht berücksichtigt wird, sehen wir keinen
Grund für eine Neuregelung", so Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin
des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser.

Die Befürchtungen, die schon bei der Einführung der gemeinsamen
Obsorge im Jahr 2001 geäußert wurden, haben sich vielfach bestätigt:
Zahlreiche Erfahrungen der Frauenhausmitarbeiterinnen zeigen, dass
bei einer gemeinsamen Obsorge die Gewalt kein Ende nimmt.
Gewalttätigen Vätern geht es oft nicht um das Wohl der Kinder,
sondern häufig um die Fortsetzung der Kontrolle und Machtausübung
über die Expartnerin und die Kinder.

Kinder sind direkt oder indirekt immer mitbetroffen bei Gewalt in
der Beziehung. Oft werden sie selbst auch misshandelt und erleiden
psychische Gewalt indem sie Zeuginnen und Zeugen der Gewalt gegen die
Mutter werden. "Noch immer wird der Zusammenhang, dass Gewalt an
Frauen/Müttern auch Gewalt an Kindern darstellt, von den Richtern und
Richterinnen und von Vertretern und Vertreterinnen der
Jugendwohlfahrt nicht dementsprechend ernst genommen, denn in Fällen
von häuslicher Gewalt schadet eine gemeinsame Obsorge dem Wohl
des/der Kindes/Kinder" weiß die Geschäftsführerin des Salzburger
Frauenhauses, Birgit Thaler-Haag.

Frauen, die von Gewalt betroffen sind, müssen die alleinige
Obsorge meist erkämpfen, sie müssen ihre eigenen Gewalterfahrungen
und die der Kinder beweisen. Oft werden sie erst durch die
Unterstützung der Frauenhausmitarbeiterinnen bei Gericht und
Jugendwohlfahrt zum ersten Mal ernst genommen.
Migrantinnen geht es meist noch schlechter.

Mit der gemeinsamen Obsorge wurden zwar die Rechte der Väter
gestärkt, nicht aber ihre Obsorgepflichten. Frauenhäuser fordern
daher, die Sorgepflicht der Väter für ihre Kinder in den Vordergrund
zu stellen. Solange es in der Kinderbetreuung soviel Ungleichheit
zwischen den Eltern gibt und die Hauptlast im Haushalt und bei der
Erziehung bei den Frauen liegt (nur 4% der Kindergeldbezieher sind
männlich) wie auch der kürzlich veröffentlichte Frauenbericht des BM
für Frauen bestätigt, sehen wir keinen Anlass zur gesetzlichen
Änderung der Obsorge, so Maria Rösslhumer.

Frauenhäuser fordern darüber hinaus, dass eine gemeinsame Obsorge
entzogen werden kann, wenn die Sorgepflicht für die Kinder nicht
eingehalten wird.

Das Wohl der Kinder auf ein gewaltfreies Leben muss im Vordergrund
stehen, nicht das Wohl der Väter bzw. das Recht der Väter auf ihre
Kinder!

Rückfragehinweis:
Mag.a Maria Rösslhumer, Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, Tel. 0664/ 793 07 89 maria.roesslhumer@aoef.at
Mag.a Birgit Thaler-Haag, Salzburger Frauenhaus, Tel: 0664/ 5864534 office@frauenhaus.salzburg.at

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