- 27.04.2010, 11:58:32
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Falter: Verfassungsschutz bezichtigt Tschetscheniens Präsident Kadyrow des Mordes
Ramsan Kadyrow habe "definitiven Tötungsauftrag" erteilt und Geheimdienst in Wien errichtet
Wien (OTS) - Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und
Terrorismusbekämpfung beschuldigt den tschetschenischen Präsidenten
RamsamKadyrow des Mordes. Das berichtet die Wiener Stadtzeitung
Falter unter Hinweis auf einen streng vertraulichen Abschlussbericht
des Verfassungsschutzes an die Staatsanwaltschaft. Das Dokument liegt
dem Falter exklusiv vor.
Kadyrow, Wladimir Putins despotischer Statthalter in
Tschetschenien, soll den Wiener Mordanschlag an Umar Israilov, 27,
höchst persönlich in Auftrag gegeben haben, so die Ermittler in dem
Dokument. "Es ist davon auszugehen", so der Verfassungsschutz , dass
die Ermordung Israilovs "tatsächlich von oberster Stelle (Kadyrow)
angeordnet worden war". Der Präsident habe im Juni 2008 einem
tschetschenischen Geheimagenten einen "definitiven Tötungsauftrag
erteilt".
Der Fall könnte für enorme diplomatische Spannungen zwischen
Russland und Österreich führen. Es ist das erste Mal, dass eine
westeuropäische Anti-Terroreinheit einen Vertrauten des Kremls so
massiv belastet.
Der tschetschenische Präsident, so die Polizei, habe in Wien auch
einen geheimen militärischen Nachrichtendienst errichtet, der "direkt
der Regierung der russischen Republik Tschetschenien untergeordnet
ist". Ziel der "Kommandotruppe Österreich" sei es gewesen,
"Informationen über in Österreich ansässige Asylwerber zu erlangen",
um diese zu entführen oder zu "liquidieren". Kuriosum am Rande:
Kadyrow wird von der Wiener Polizei nun zur "Aufenthaltsermittlung"
ausgeschrieben.
Eine zentrale Rolle in dem Kriminalfall spielte ein Tschetschene
namens Otto Kaltenbrunner, der der "direkte Kontaktmann" Kadyrows in
Wien gewesen sein soll. Kaltenbrunner sitzt in U-Haft und bestreitet
die Tat. Die Polizei belastet ihn und zehn weitere Tschetschenen, den
Mord aus politischen Gründen ausgeführt zu haben. Vor allem
Telefonüberwachungen und die Hinweise von später ermordeten
Kronzeugen brachten die Ermittler auf die Fährte einer konspirativ
agierenden Truppe. Deren Tat, so halten die Ermittler fest, sei mit
größter Wahrscheinlichkeit "politisch motiviert" gewesen.
Innenministerin Maria Fekter hatte vergangenes Jahr noch von einer
"Mafiafehde" gesprochen.
Umar Israilov war ein Kronzeuge gegen Kadyrow vor dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte. Er arbeitete einst in seiner
Leibgarde und will schwerste Folterungen Kadyrows beobachtet haben.
Israilov musste kurzfristig für Kadyrow arbeiten, floh dann aber nach
Wien, wo er als Flüchtling anerkannt wurde. Er bat das
Innenministerium mehrmals um Personenschutz, da er "von hungrigen
Killern" bedroht werde. Doch die Verfassungsschützer sahen noch
wenige Tage vor dem Mord in Floridsdorf "keine Anhaltspunkte für eine
Gefährdung". Nun steht für die Ermittler fest, dass Israilov
tatsächlich wochenlang von Killern ausspioniert worden war.
Rückfragehinweis:
Dr. Florian Klenk
Stv. Chefredakteur Falter
Marc Aurelstraße 9, A-1011 Wien
Tel: +43-(0)676-4061106
mailto:klenk@falter.at
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