• 08.04.2010, 19:41:29
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Zusammenarbeit an den EU-Außengrenzen soll verbessert werden EU-Unterausschuss diskutiert Vorschlag der Kommission

Wien (PK) - Die EU will weitere Schritte in der Zusammenarbeit
bei der Sicherung der Außengrenzen, zur besseren Koordinierung
der Asylpolitik und zur Bekämpfung der illegalen Migration
setzen. Dieses Ziel verfolgen zwei Vorschläge der Kommission, die
heute im EU-Unterausschuss des Nationalrats diskutiert wurden.

Dabei handelt es sich zunächst um eine Änderung der Verordnung
zur Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den
Außengrenzen der Europäischen Union (FRONTEX). Damit soll die
Koordinierungsfunktion von FRONTEX gestärkt werden.

Dieses Ziel wurde von den Abgeordneten grundsätzlich begrüßt,
wenn es auch einige kritische Fragen dazu gab, etwa was den
Rechtschutz betrifft. Das Thema wurde vor allem von SPÖ und
Grünen angesprochen. Ein diesbezüglicher Antrag der Grünen wurde
jedoch von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt. Die FPÖ
sah trotz positiver Einschätzung die Gefahr, es könnte zu viel
Bürokratie entstehen. Das BZÖ befürchtete eine Aushöhlung der
nationalen Souveränitätsrechte durch die Ausweitung des Mandats
für die Agentur und betonte, Fremden- und Asylwesen müsse
nationale Kompetenz bleiben. Seitens der ÖVP wurde auf die
Notwendigkeit einer verbesserten polizeilichen Zusammenarbeit im
grenzenlosen Europa hingewiesen.

Darüber hinaus ist die Errichtung einer neuen Agentur für das
Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit,
Sicherheit und Recht mittels einer weiteren Verordnung geplant,
da sich die derzeitigen Strukturen als unzureichend erwiesen
haben. Diese Regulierungsagentur soll für das langfristige
Betriebsmanagement von SIS II (Schengener Informationssystem der
zweiten Generation), VIS (Visainformationssystem) und EURODAC
(Datenbanksystem zum Vergleich von Fingerabdrücken von
AsylwerberInnen) sowie für zukünftige IT-Großsysteme in diesen
Politikfeldern zuständig sein.

Da es hier um sensible Daten geht, beschlossen die Abgeordneten
von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ mehrheitlich eine
Ausschussfeststellung, in der auf die Empfehlungen des
Europäischen Datenschutzbeauftragten hingewiesen wird. Der Antrag
zielt darauf ab, ein hohes Datenschutzniveau weiterhin zu
gewährleisten und gegebenenfalls Rechtsschutzmechanismen zu
entwickeln. Ein Antrag der Grünen fand nicht die Zustimmung der
anderen Fraktionen.

Stärkung von FRONTEX - die Vorschläge der Kommission

Die in Warschau beheimatete und seit 2005 tätige EU-Agentur
FRONTEX hat die Aufgabe, die operative Zusammenarbeit der
Mitgliedstaaten im Bereich des Schutzes der Außengrenzen zu
koordinieren. Sie unterstützt die Mitgliedstaaten insbesondere im
Fall besonderer Belastung, die eine verstärkte technische und
operative Unterstützung an den Außengrenzen erfordern. Die
Organisation gemeinsamer Rückführaktionen der Mitgliedstaaten und
die Ausbildung von nationalen GrenzschutzbeamtInnen zählen
ebenfalls zu ihren Tätigkeiten. Sie erstellt darüber hinaus auch
Risikoanalysen und verfolgt die für ihre Zielsetzungen relevante
Forschung.

Interne und externe Evaluierungen ergaben ein positives Bild der
bisherigen Arbeit der Agentur für die Mitgliedstaaten, zeigten
aber zugleich Schwachstellen auf. Diese sind vor allem bei der
operativen Zusammenarbeit zu finden. Die Mitgliedstaaten stellen
laut Prüfberichten bislang nur ungenügend Personal und technische
Ausrüstung für gemeinsame Aktionen zur Verfügung. Auch die
Koordinierung lässt bislang zu wünschen übrig,
verbesserungswürdig ist weiters die Zusammenarbeit mit
Drittstaaten.

Hier setzt der Änderungsvorschlag der Kommission an. FRONTEX soll
in Hinkunft eine leitende Rolle bei der Umsetzung gemeinsamer
Operationen und Koordinierungsfunktionen bei der Durchführung
gemeinsamer Rückführaktionen erhalten. Dabei wird auf Grund eines
österreichischen Vorschlags bei der Rückführung auf dem Luftweg
ein unabhängiger Beobachtungsmechanismus über die Einhaltung der
Grundrechte eingerichtet. Bundesministerin Maria Theresia Fekter
zeigte sich darüber besonders erfreut, dass das österreichische
Prozedere nun in die Rechtsgrundlage übernommen wird.

Die Arbeit von FRONTEX will man auch durch eine bessere
Verfügbarkeit von technischer Ausstattung erleichtern. Fekter
bemerkte dazu, die verbindlichen Regeln für zukünftige gemeinsame
Aktionen seien deshalb so wichtig, um schnell verfügbare
Kapazitäten zu haben.

Darüber hinaus ist geplant, die operative Zusammenarbeit mit
Drittstaaten zu erweitern. FRONTEX soll eigene
VerbindungsbeamtInnen in Drittstaaten entsenden und dort Analysen
von Migrationstrends erstellen. Bisher konnte FRONTEX nur
innerhalb der EU tätig werden, im Hinblick auf die humanitäre
Situation sei es enorm wichtig, die operative Zusammenarbeit mit
den Drittstaaten zu verbessern, stellte die Innenministerin fest.

Bundesministerin Fekter bewertete die Vorlage der Kommission
äußerst positiv und wies darauf hin, dass FRONTEX in Zukunft
nicht nur auf Ersuchen der Mitgliedstaaten tätig werden, sondern
bei Feststellung eines Missstandes auch amtswegig Maßnahmen
ergreifen kann.

Positive Reaktionen der Abgeordneten mit kritischen Bemerkungen

Die Stärkung der Agentur FRONTEX wurde seitens der Fraktionen
grundsätzlich positiv bewertet. Abgeordnete Christine Muttonen
(S) erhoffte sich dadurch einen besseren Schutz der Außengrenzen
und zeigte sich zufrieden darüber, dass der Verordnungsentwurf am
Bekenntnis zur Einhaltung von Menschenrechten festhält. Sie
begrüßte auch die Absicht, einen Verhaltenskodex zu erstellen um
eine menschenwürdige Behandlung bei der Rückführung sicher zu
stellen. Offene Fragen ortete sie jedoch beim Rechtschutz. Dieser
sollte ihrer Meinung nach sowohl für das Unterstützungsteam und
die BeamtInnen als auch für die AsylwerberInnen ausgebaut werden.

Eher kritisch nahm Abgeordneter Ewald Stadler (B) zum geplanten
Verhaltenskodex Stellung. Es komme immer auf die Inhalte an,
sagte er, aber da die zuständige Kommissarin Cecila Malmström in
seinen Augen eine Sozialromantikerin sei, befürchte er Schlimmes.
Malmström wolle nicht abschieben, sondern Asylsuchende in der EU
verteilen und die legale Einwanderung fördern. Darauf bemerkte
die Innenministerin, die Kommission könne nur Vorschläge
erarbeiten, die endgültigen Bestimmungen würden jedoch im Rat
durch die Mitgliedstaaten und durch das europäische Parlament
beschlossen.

Abgeordneter Norbert Kappeller (V) wiederum unterstrich die
Notwendigkeit der engen polizeilichen Zusammenarbeit in einem
grenzenlosen Europa zum Schutz der Bevölkerung. Für ihn sind
daher weitere Schritte notwendig, etwa die Möglichkeit eines
Datenaustausches mit Europol. Kappeller sprach damit das Problem
an, dass FRONTEX nicht ermächtigt ist, bestimmte personenbezogene
Daten zu erheben und zu verarbeiten.

Dem schloss sich Abgeordneter Johannes Hübner (F) an, wobei er
insofern Bedenken äußerte, ob mit den zusätzlichen Befugnissen
tatsächlich eine Stärkung und Steigerung der Effizienz verbunden
ist. Die Gefahr einer überbordenden Bürokratie und
Scheintätigkeit könnte die Arbeit der Länder eher behindern als
unterstützen, meinte er. Dieser skeptischen Einschätzung konnte
sich die Innenministerin nicht anschließen. Es mache Sinn, wenn
eine europäische Institution Migrationsrouten und illegale Ströme
analysiere, und nicht die Mitgliedstaaten selbst. Außerdem
könnten weder Europol noch Interpol Aufgaben von FRONTEX
übernehmen, da diese beiden Institutionen nur mit Straftaten zu
tun haben.

Hübner regte auch an, sich für europäische Mindeststandards
hinsichtlich des Grenzschutzes und der Abschiebepraxis stark zu
machen. Abgeordneter Harald Stefan (F) bemerkte, der Schutz der
Außengrenzen sollte vornehmlich von BeamtInnen der betreffenden
Regionen wahrgenommen werden, da sie das Terrain besser kennen.

Abgeordneter Hannes Weninger (S) konnte sich größere Schritte zu
einer besseren Absicherung der Außengrenzen vorstellen und gab zu
überlegen, ob die Sicherung der EU-Außengrenzen nicht insgesamt
eine europäische Angelegenheit werden sollte, womit man sich von
der Form einer Agentur verabschieden könnte.

Mindeststandards innerhalb der EU hinsichtlich der
Migrationspolitik hielt auch Abgeordneter Herbert Scheibner (B)
für notwendig, auch wenn er gleichzeitig unterstrich, die
Behandlung von Asyl- und Fremdenrechtsfragen müsse nationale
Angelegenheit bleiben. Scheibner kritisierte jedoch die Praxis
einiger EU-Länder scharf, illegale Einwanderer zu legalisieren
und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, sich im gesamten EU-
Raum aufzuhalten. Derartige Amnestieregelungen würden auch von
Österreich äußerst kritisch gesehen, stellte Innenministerin
Fekter dazu fest. Die EU könne aber nicht mitbestimmen, wer in
den einzelnen Mitgliedstaaten die Staatsbürgerschaft bekommt.

Auf die Tragödien der Bootsflüchtlinge wies Abgeordneter
Alexander Van der Bellen (G) hin. Hier gebe es offensichtliche
Menschenrechtsverletzungen und die Flüchtlinge würden ohne
Rechtsgrundlage zurückgedrängt, kritisierte er. Wenn seitens der
EU militärische Abschiebemechanismen zum Einsatz kommen, so
müsste es auch Rechtschutzmechanismen geben, stellte er fest und
brachte in diesem Sinne einen Antrag auf Stellungnahme ein, der
von den anderen Fraktionen abgelehnt wurde.

Darin wird gefordert, den Bootsflüchtlingen die Einreise in die
EU zu ermöglichen und Anträge auf internationalen Schutz entgegen
zu nehmen und zu prüfen. Die Zurückweisungs- und
Abdrängungsaktionen bei FRONTEX-Einsätzen auf hoher See im
Verbund mit den Mitgliedsstaaten müssen nach Ansicht der Grünen
endgültig eingestellt werden. Die Grünen verlangen weiters eine
eigene Beschwerdestelle für die Behandlung von Beschwerden über
rechtswidrige Handlungen und eine Anrufmöglichkeit des EuGH,
konkrete Sanktionsmöglichkeiten gegen GrenzschutzbeamtInnen, die
rechtswidrig handeln, und die Zulassung unabhängiger
BeobachterInnen zu allen Einsätzen von FRONTEX.

Abgeordneter Ewald Stadler (B) kritisierte im Rahmen der
Diskussion auch die Tatsache, dass bei jeder Abschiebung ein/e
BeobachterIn einer Hilfsorganisation beigezogen werden muss. Er
traue den ExekutivbeamtInnen zu, auch ohne andere Organisationen
eine zwangsweise Rückführung ordnungsgemäß durchzuführen, sagte
er. Bundesministerin Fekter reagierte darauf mit der Bemerkung,
es mache Sinn, die NGOs einzubinden. Bestes Beispiel dafür seien
die Erfolge bei der freiwilligen Heimkehr. Die Organisationen
würden nicht nur die Rückkehrberatung durchführen, sondern die
betreffenden Personen in ihren Heimatländern auch weiter
betreuen. Diese Vorgangsweise spare Kosten und sei besser als
teure repressive Polizeieinsätze. Das österreichische Modell habe
sich bewährt, betonte sie, die Ausreise könne man auch human
organisieren. Sie wolle auf jeden Fall weitere Todesfälle
verhindern.

Die Ministerin ging auf Grund einer Frage der Abgeordneten
Christine Muttonen (S) auch auf die Finanzierungsfrage ein und
informierte, dass die Kosten für FRONTEX aus dem Gesamtbudget der
EU bestritten werden. Die Mitgliedsländer seien zu keinen
gesonderten Beiträgen verpflichtet. FRONTEX unterliege der
Kontrolle des europäischen Parlaments und OLAF. Derzeit würden
240 Personen bei FRONTEX tätig sein, 9 kämen aus Österreich.

Das eigentliche Steuerungsgremium von FRONTEX sei der
Verwaltungsrat, in dem Österreich den Vorsitzenden stelle,
erläuterte die Ministerin weiter. Der Verwaltungsrat werde von
den Mitgliedstaaten beschickt und somit hätten diese auch großen
Einfluss auf die Arbeit von FRONTEX. Fekter reagierte damit auf
die Wortmeldung von Abgeordnetem Johann Maier (S). (Fortsetzung
EU-Unterausschuss)

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