Wien (OTS) - Sehr geehrter Herr Bundesminister!
Mit großer Sorge müssen wir, die Unterzeichner, als der Spanischen
Hofreitschule seit Jahren intensiv verbundene Fachleute und Freunde
feststellen, daß in den letzten Monaten kritische Stimmen aus dem In-
und Ausland zunehmen, die einen deutlichen Qualitätsverlust in der
Spanischen Hofreitschule aufzeigen. Unsere Wahrnehmungen, aber auch
die anderer Experten bestätigen diesen Eindruck.
Ausfälle durch Lahmheit bis hin zu Verletzungen bei den Hengsten,
Ausdünnung der klassischen Vorführungen und Nachlassen der bisher
unvergleichlichen Qualität hinsichtlich Exaktheit, Glanz und Eleganz
der Darbietung, werden unter anderem auf die durchgeführten
Sparmaßnahmen und auf die Verdoppelung der Vorführtage zurückgeführt.
Dadurch werden die Hengste überlastet und die Zeit für notwendige
Korrekturen bei einzelnen Programmpunkten beschnitten. Dazu kommt,
daß die zwei dienstältesten, der insgesamt vier hochqualifizierten
Oberbereiter außer Dienst gestellt wurden, wodurch die, für die
Spanische Hofreitschule charakteristische, mündliche Weitergabe um
das "Wissen der klassischen Direktiven" an die jüngeren Reiter, wie
Eleven und Bereiteranwärter, maßgeblich eingeschränkt und gefährdet
wird.
In der Spanischen Hofreitschule wird seit über 430 Jahren in
ununterbrochener Reihenfolge und Tradition die Hohe Schule der
Reitkunst lebendig von Reiter zu Reiter und von Pferdegeneration zu
Pferdegeneration durch Perfektion in der Ausbildung unverändert
weitergegeben. Ebenso wird im Bundesgestüt Piber die Nachkommenschaft
aus den sechs Hengststämmen, mit ihren charakteristischen Merkmalen
gezüchtet, wodurch sie die erforderlichen Eigenschaften für die
Hochleistung in der Spanischen Hofreitschule mitbringen. Damit
besitzt Österreich eine einzigartige kulturelle Institution, um die
uns die ganze Welt beneidet, die aber auch dadurch im Blickpunkt der
internationalen Fachwelt steht, da sie seit jeher auch Vorbildwirkung
ausübte.
Die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber mit seiner
Lipizzanerzucht müßten schon längst als Weltkulturerbe anerkannt sein
und damit einen besonderen internationalen Schutz genießen.
Über die Jahrhunderte konnte unsere Spanische allen Übeln und
Anfechtungen trotzen und es fanden sich immer wieder beherzte
Menschen - wie zuletzt Hofrat Alois Podhajsky - die sogar unter
Einsatz ihres Lebens, deren Weiterbestand gerettet haben.
Anläßlich der Ausgliederung im Jahr 2001 hat der damalige
Ressortchef, Herr Mag. Molterer, die "Gesellschaft der Freunde der
Spanischen Hofreitschule" zu einer Aussprache eingeladen und die
schon damals von namhaften Personen vorgebrachten Bedenken mit
denselben Argumenten zerstreuen können, die er auch dem Bundesrat
gegenüber vorgetragen hat. Schließlich sieht das Gesetz über die
Ausgliederung ausdrücklich vor, das "die Bundesregierung [...] die
dauerhafte Erhaltung der Spanischen Hofreitschule und des
Bundesgestüt Piber zu gewährleisten hat".
Seit Übernahme des Erbes nach Ende der Monarchie durch die
Republik Österreich konnte zwar die Hofreitschule durch
Kartenverkäufe und Auslandstourneen ein positives Ergebnis erzielen,
doch die Betriebskosten des Bundesgestüt konnten dadurch nie gedeckt
werden.
Dem Bericht der Geschäftsführung zufolge konnte zwar der Abgang
für das Jahr 2009 auf Euro 900.000,- gesenkt werden. Dem stehen aber
die eingangs erwähnten, radikalen Maßnahmen gegenüber, die geeignet
sind, die Substanz zu gefährden. Zuletzt mußte man mit
Fassungslosigkeit hören, daß seitens der Geschäftsführung offen über
einen Verkauf oder Schließung des Bundesgestüt Piber, als den
eigentlichen Verlustbringer, nachgedacht wird.
Ein solcher Verkauf oder eine Schließung wäre nicht nur für das
Land Steiermark eine Katastrophe, sondern würde auch das Ende der
Hofreitschule nach sich ziehen, denn der Nachschub von Pferden, die
dem Züchtungsideal der "Hohen Schule" entsprechen, wird dann
versiegen oder unbezahlbar werden. Das Bundesgestüt Piber mit diesem
historischen, zweckgebundenen Auftrag die notwendige Hengst- und
Stutenlinien für die Hofreitschule zu erhalten, wird nicht
kostendeckend zu führen sein.
- In einer, vom damaligen Landwirtschaftsministerium beauftragten Studie aus dem Jahre 1999, wird jedoch nachgewiesen, daß der Betriebsaufwand für das Bundesgestüt Piber um ein Vielfaches über die Umwegrentabilität wettgemacht wird. Ganz zu schweigen, was die österreichische Weltmarke "Spanische Hofreitschule" zum Bruttonationalprodukt beiträgt.
Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie wissen selbst nur zu gut,
daß die Spanische Hofreitschule und das Bundesgestüt Piber eine
kulturhistorisch eminente Bedeutung haben und nur deswegen einen
wichtigen Faktor im Tourismusland Österreich darstellt.
Vernachlässigt man den eigentlichen Kern des "historischen Auftrags"
versinkt die Reitschule zur internationalen Bedeutungslosigkeit,
womit in weiterer Folge auch das Touristeninteresse versiegen wird.
Während der Bund, wie die Länder, ihre Verantwortung für andere,
kostenintensivere Kulturinstitutionen zu Recht wahrnehmen, kann man
sich des Eindruckes nicht erwehren, daß die Bedeutung der
Hofreitschule seit der Ausgliederung übersehen wird.
Erlauben Sie nochmals, sehr geehrter Herr Bundesminister, den
eindeutigen Gesetzesauftrag in Erinnerung zu rufen, wonach die
Ausgliederung "zur dauerhaften Erhaltung und traditionsgemäßen Zucht
der Pferderasse "Lipizzaner", zur Erhaltung der Tradition und der
Hohen Schule der klassischen Reitkunst, zur traditionsgemäßen Nutzung
der betreffenden Teile der Hofburg und des Bundesgestüt Piber und
damit zur Wahrung des öffentlichen Interesses am dadurch
repräsentierten österreichischen und internationalen Kulturgut",
dient.
Der hierfür notwendige wirtschaftliche Aufwand steht in keinem
Verhältnis zu dem Verlust, den ein Ende des österreichischen
Kulturgutes "Spanische Hofreitschule" nach über 430 Jahren für
Österreich und die ganze Welt darstellen würde.
Die Unterzeichnenden appellieren daher an Sie, sehr geehrter Herr
Bundesminister, als Ressortverantwortlicher innerhalb der
Bundesregierung, aber auch in Gesprächen mit den Ländern Steiermark
und Wien dafür Sorge zu tragen, daß zur Erfüllung des gesetzlichen
Auftrages ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung,
Die Unterzeichner:
Univ. Doz. Dr. Jaromir Oulehla, ehm. Leiter der Spanischen
Hofreitschule u. Bundesgestüt Piber von 1985-2000
Dr. Ludwig Massmann /D Rechtsanwalt, Herausgeber von EQUUS, Centered
Riding Instruktor III
Dr. Leopold Erasimus, Geschäftsf. Österr. Pferdezuchtverband
Bruno Halbeisen /CH, Präsident Equestres de Suisse
Gen.i.R.DVw. Lothar Brosch-Fohraheim, Reiterorden Prinz Eugen Bruno
Rennhard /CH, Reitlehrer klassische Dressur
Oberst a. D. Peter Lichtner-Hoyer, Reiterikone Österreichs
Guy und Yannik Vandervliet /B, Züchter von Lusitanos und Präsident
des Verbandes in Belgien
GR. Phillip Frh. v. Lütgendorf, Reiterorden Prinz Eugen
Helene Thiry /B, Mitbegründerin und langjährige GS des belg.
Lipizzaner-Zuchtverbandes
Dr. jur. Hannelore Goldbach
Omed. Rat Dr. Hans Goldbach, Reiterorden Prinz Eugen
Elisabeth de Walsche /B, Ausbildnerin für klassische Reitkunst,
Brüssel
KR Karl Andre, Bundesreferent Jagdreiten
Dr. Erich Kotzab /D, Tierarzt und Fachbuchautor f. Pferde
Alfons J. Dietz, Institut f. klassische Reitkunst
Pedro de Almeida /P, portugiesischer Reitmeister
Wolfgang Csar, FEI Richter
Peter u. Petra Fegg /D, Reitstallbesitzer, Bayern
Gyula Hiller, Richter Dressur, Springen, Military, Psychologe
Denis Soyer /B, Reitschulbesitzer, Brüssel
S.E. Dr. Karl Fischer, Botschafter a. D.
Isabelle de Billy-Savary, UNESCO Paris
S.E. DDr. Franz u. Renate Urlesberger
Comte u. Comtesse de la Forcade, Paris
Martha Weinberger
Sissi Pastureau, Paris
Dr. Josef Offenmüller
Tim u. Germaine York, Großbritannien
Claudia Schönauer
Mag. Christl Thonet
Hans Hermann Thonet
Edith Moos
Weitere Fachleute, Unterstützer und Freunde befinden sich auf
einer Unterschriftenliste!
Rückfragehinweis:
Freundeskreis der Spanischen Hofreitschule
Dr. Josef Offenmüller
Mobil: 0043(0)664 131 97 83
mailto:office@offenmueller.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/10918
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