• 14.01.2010, 15:57:16
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Österreich ist eine Kulturnation...!?

Wien (OTS) - Was ist los in diesem Land?

Während die massiven Studentenproteste gegen die Zustände an den
Universitäten durch die Ankündigung eines groß angelegten, inhaltlich
ambitionierten hochschulpolitischen Reformprozess "Dialog
Hochschulpartnerschaft" abgefangen werden, verabschiedet sich der
Wissenschaftsminister nach Brüssel und der zur Nachbesetzung
zuständige Vizekanzler erklärt öffentlich, es bestehe überhaupt keine
Eile bei der Suche nach einem neuen Wissenschaftsminister.
Die Justizministerin bescheinigt gemeinsam mit ihren Staatsanwälten
einem Landeshauptmann öffentlich dessen intellektuelle
Schuldunfähigkeit vor dem Strafrecht.

Die Innenministerin erklärt in einem Verbalzynismus, der an die
dunkelsten Zeiten der österreichischen Geschichte erinnert, dass
Flüchtlinge, die ins Land kommen, zunächst einmal interniert werden,
- was natürlich keine verfassungswidrige Freiheitsberaubung sei, denn
sie könnten sich ja innerhalb des Lagers völlig frei bewegen. Der
Bundeskanzler ist zunächst gegen Einsperren, einer Bundesministerin
dreht es sogar verbal den Magen um, beide wollen sich nach einer
zweitägigen Nachdenkphase den Vorschlag der Innenministerin dann aber
noch genau anschauen, ob und inwieweit er nicht vielleicht doch
verfassungsrechtlich gedeckt sei.

Das Mitglied einer Landesregierung bietet einem potenziellen
ausländischen Wirtschaftsinvestor die österreichische
Staatsbürgerschaft an und verlangt dafür ganz offen eine
Parteispende. Er wird nicht vom Staatsanwalt vorgeladen, sondern
bekommt im Fernsehen Gelegenheit, sich als Opfer einer rechtswidrigen
Abhöraktion, die Teil einer politischen Schmutzkübelkampagne sei, zu
stilisieren.

Einige wenige regen sich kurz auf über dieses "Sittenbild". Dann
wird die Schraube der politischen Kulturlosigkeit eine Umdrehung
weiter gedreht. Und die gesellschaftliche Toleranzgrenze wird
neuerlich nachjustiert: Was vorgestern noch als schamlos galt, wird
übermorgen toleriert und ein halbes Jahr später zur politischen
Geschäftsgrundlage.

Was muss noch passieren in diesem Land, bevor alle Dämme brechen?
Wird Kultur endgültig verbannt in Museen, Theater und Konzertsäle,
die dann als kulturelle Stundenhotels zur Erholung von den täglichen
Grauslichkeiten dienen, als geistige Rehabilitationszentren, damit
man mental wieder in der Lage ist, mit der Realpolitik umzugehen?
Oder gibt es eine Chance, dass Kunst und Kultur wieder aktiv
teilnehmen am Wettstreit um die Definitionsmacht des
gesellschaftlichen Wertesystems und der Zukunft unserer Gesellschaft?

Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien

Rückfragehinweis:

Universität für angewandte Kunst Wien
   Öffentlichkeitsarbeit, Stabsstelle des Rektors
   Mag. Anja Seipenbusch-Hufschmied (Leitung)
   T: +43-1-711 33 DW 2160, F: DW 2169
   www.dieangewandte.at
   Oskar Kokoschka-Platz 2, 1010 Wien

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/947

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