BVT ermittelte gegen obdachlosen Wiener Schriftsteller und einen Techniker/Opfer wurden zu neuen Vorwürfen nicht einvernommen
Wien (OTS) - Die Wiener Wochenzeitung Falter veröffentlicht in
ihrer morgen erscheinenden Ausgabe Teile jener Justiz-Akte zum Fall
Briefbomben, die mehrere Opfer und Kenner des Falles zutiefst
irritiert. "Ich kannte diese Vorwürfe nicht", sagt etwa die
Volksanwältin Terezija Stoisits, vom Falter mit den Akten
konfrontiert: "Aber der Sache muss man nachgehen. Ich halte es für
äußerst unwahrscheinlich, dass Franz Fuchs ein Einzeltäter war." Der
Verleger Lojze Wieser: "Es ist gut, dass die Sache wieder ins Rollen
kommt. Wir Opfer werden im Unklaren gehalten. Dieses Verständnis von
Rechtsstaatlichkeit kann ich nicht tolerieren."
Auch ehemalige Gutachter in dem Fall, etwa der Historiker Herwig
Wolfram, emeritierter Direktor des Instituts für Österreichische
Geschichtsforschung, fordern Untersuchungen: "Irgendwann hat man uns
ja alle für verrückt erklärt, weil wir nicht an die Einzeltäterthese
glauben wollten. Wir wurden mundtot gemacht."
Am 26. Juni 2008, so zeigt die Akte, verfasste der Ex-
Briefbomben-Sonderermittler Rudolf Huber eine Anzeige bei der
Staatsanwaltschaft. Er belastet darin den am 30. September 1973 wegen
Mordes verurteilten Schriftsteller Otto Rudolf Braun und dessen
Freund, einen mittlerweile verstorbenen Techniker namens Walter H..
Die erste Bombenserie, so Huber, habe genau 20 Jahre nach der
Verurteilung Brauns begonnen. Der Rechtsextremist Braun, so der
zentrale Vorwurf Hubers, den er auf 41 Seiten mit einer peniblen
Indizienkette ausführt, "bringt sämtliche ideologischen,
literarischen und universitären Voraussetzungen und Kenntnisse als
Verfasser der Bekennerschreiben mit sich. Braun besaß persönliche
oder schriftliche Kontakte oder Bezüge zu verschiedenen Empfängern
der Briefbomben oder der fingierten Absender. Auch die Anwesenheit im
Umfeld verschiedener Tatorte ist erweisen. Es besteht insgesamt eine
derartige Fülle an markanten Übereinstimmungen und Parallelen
zwischen den Hintergründen verschiedener Anschläge, sowie Inhalten
von Bekennerschreiben und Otto Rudolf Braun und dessen Publikationen,
wie sie nur auf das ideologische Bombenhirn und den Verfasser
zutreffen können".
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat Huber und den
"Schriftsteller und Studenten Braun" im Oktober 2008 einvernommen.
Weitere Ermittlungen wurden nicht angeordnet, nicht einmal die Opfer
wurden informiert oder zu Braun befragt, wie die Akte zeigt.
Huber behauptet in den Verhören, der Verdächtige Braun befinde
sich in einem Dilemma: "Ich habe den Eindruck, dass er sich outen
möchte. Jedoch dass er dies erst dann wirklich tun will, wenn er
nicht mehr hafttauglich ist. Bis dahin so glaube ich, bin ich (Huber)
der einzige Strohhalm, von dem er sich erhofft, dass eine von ihm
bekundete Täterschaft bekannt wird."
Braun erwidert, die Vorwürfe Hubers seien ein "Kaas". Huber sei
ein "Narr", der ihm 3000 Euro geboten habe, wenn er ein Geständnis
ablege. Doch es stimme, dass er sich immer wieder mit ihm treffe, um
über den Fall zu reden. Nach einem dreistündigen Interview mit dem
Falter sagt Braun allerdings: "Ich würde mich gerne mit dem
Kriminalpsychologen Thomas Müller unterhalten. Denn sein Täterprofil
war falsch. Es traf nicht auf Fuchs zu, sondern eher auf mich."
Thomas Müller sagt zum Falter: "Ich habe mit Herrn Braun nicht
gesprochen und habe auch nicht vor, es zu tun."
Rückfragehinweis:
Dr. Florian Klenk
Stv. Chefredakteur Falter
Marc Aurelstraße 9, A-1011 Wien
Tel: 0043/1/53660-924
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