- 24.08.2009, 13:24:27
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- OTS0127 OTW0127
Verpflichtendes Kindergartenjahr
Oder brauchen Kinder mit Behinderung keinen Kindergarten?
Wien (OTS) - Ab dem Schuljahr 2010 werden österreichische Kinder
ein verpflichtet Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt im Ausmaß von
16-20 Stunden wöchentlich absolvieren müssen.
Wenn Kindern mit Behinderung der Besuch aufgrund ihrer Behinderung
nicht zugemutet werden kann oder keine adäquate
Kinderbetreuungseinrichtung in Wohnortnähe zur Verfügung steht, so
die Gesetzesterminologie, dann sind diese vom Kindergartenbesuch
ausgenommen. Damit verstößt Österreich eindeutig gegen die
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl
III 155/2008 - "volle Partizipation und Inklusion von Menschen mit
Behinderungen auf Basis der Menschenrechte in der österreichischen
Gesellschaft").
Doch Diskriminierung?
Artikel 2 der Kinderrechtskonvention charakterisiert das
Diskriminierungsverbot von Kindern mit Behinderung. Weiters
beschreibt Artikel 3, dass bei allen gesetzten Maßnahmen zuerst auf
das Wohl des Kindes geachtet werden muss und dass die
Qualitätsstandards der Bereuungseinrichtungen sichergestellt sein
müssen. Artikel 23 stellt die Situation behinderter Kinder und
Jugendlicher dar; diese sollen besondere Pflege, angemessene
Erziehung und Bildung erhalten. Somit soll die Selbstständigkeit und
die Integration gefördert werden. Österreich hat dafür zu sorgen,
dass alle Rechte dieser Konvention tatsächlich umgesetzt werden.
Es muss erkannt werden, dass die beste Maßnahme zur Integration von
Kindern mit Behinderung die volle Teilnahme an der Gesellschaft ist.
Finanzielle Gründe?
Es stellt sich die Frage, ob ein finanzieller Aspekt dahinter steckt
und die Tatsache, dass Österreich nicht über die nötigen personellen
und räumlichen Ressourcen verfügt um dem Anspruch, dass alle Kinder
die vorschulische Bildung genießen dürfen, gerecht zu werden?
Heißt das wir können uns Kinder mit Behinderung nicht leisten und
daher sollen sie lieber zu Hause bleiben? Dies stellt eindeutig eine
Diskriminierung dar!
Gleiche Chancen!
Der Lernerfolg von Kindern hängt stark vom familiären Hintergrund ab.
Kinder aus bildungsferneren Schichten, mit Migrationshintergrund oder
Behinderung haben oftmals eine andere und schlechtere Ausgangslage.
Der Ausbau einer kostenlosen und verpflichtenden vorschulischen
Betreuung kann diese Ungleichheiten verringern.
KindergartenpädagogInnen sind gefordert dem Bildungsauftrag gerecht
zu werden und der Staat hat die Aufgabe die notwendigen
Rahmenbedingungen zu schaffen.
Ein verpflichtendes Kindergartenjahr würde die Chancen
benachteiligter Kinder deutlich verbessern, wenn das Bildungssystem
das Ziel verfolgt, durch individuelle Förderung Chancenungleichheit
zu verringern.
Kleine Kinder sind Lernwunder.
Es ist allgemein bekannt, dass Menschen in der frühen Kindheit die
größten Schritte in ihrer Entwicklung machen: nie wieder im Leben
lernt ein Mensch so schnell, so effektiv, so enorm viel und so sehr
aus eigenem Antrieb heraus wie in den ersten Lebensjahren. Die
Vorraussetzung für die Entfaltung kognitiver, sozialer, emotionaler
und körperlichen Kenntnissen werden in der Zeit vor Schuleintritt
gelegt. Fortschritte im Bezug auf Lernen und Entwicklung erfolgen
während dieser Zeit, wodurch die spätere Lernfähigkeit des Kindes
geprägt wird. Kindern eine adäquate Bildung zu ermöglichen bringt
einen lebenslangen Effekt mit sich. Jedem Mädchen und Buben müssen
Lernbedingungen bereitgestellt werden die weder unter- noch
überfordern und nicht in Rollenbilder drängen. Lernanstrengungen die
zum Erfolg führen schütten im Körper Glücksgefühle (Dopamin) aus die
wiederum zum Lernen animieren.
Inklusion für ALLE!
Der integrative Kindergartenbesuch muss realisiert und adäquate
Kindergärten für Kinder mit Behinderung müssen in Wohnortnähe
bereitgestellt werden. Vor allem diese Kinder benötigen frühe
sonderpädagogische Förderungen, die die individuelle Entwicklung so
früh als möglich unterstützt.
Werden Kinder mit Behinderung in diesem verpflichteten
Kindergartenjahr nicht ernst genommen und miteinbezogen, so ist dies
wiederum ein Beispiel dafür, dass die Politik, die Gesellschaft und
das soziale Umfeld, Menschen mit Behinderung und in diesem speziellen
Fall Kinder zu AußenseiterInnen macht.
Rückfragehinweis:
Kinder- & Jugendanwaltschaft Wien
Frau DSA Monika Pinterits
Tel: (++43-1) 70 77 000
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