• 02.06.2009, 12:01:21
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ÖAMTC: Crashsicherheit moderner Autos erschwert Befreiung von Unfallopfern (Teil 1, + Grafik Rettungskarte, + Fotos)

Club und Österreichischer Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV) fordern Einführung von Rettungskarten in Neuwagen

Wien (OTS) - Seit den 90er Jahren hat sich die Fahrzeugsicherheit
rasant weiterentwickelt. Für Unfallopfer ist damit die
Überlebenschance nach einem schweren Crash maßgeblich gestiegen.
"Leider hat jede Medaille auch eine Schattenseite", sagt
ÖAMTC-Cheftechniker Max Lang anlässlich einer Pressekonferenz
gemeinsam mit dem Österreichischen Bundesfeuerwehrverband.
"Crashsichere Autos sind für die Retter der Feuerwehr schwerer zu
knacken." Vor allem beim Schneiden der Fahrzeuge stehen die
Einsatzkräfte vor neuen Herausforderungen. "Die Rettung von
Verletzten unter Einsatz von hydraulischem Rettungs- und Bergegerät
wird schwieriger und zeitaufwändiger, weil der Widerstand der
Karosserie gegen die Geräte größer geworden ist", erläutert der
Präsident des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes, Josef
Buchta. "Es können sogar von modernen Sicherheitssystemen Gefahren
für Opfer und Retter ausgehen."

Wo früher ein fast beliebiger Schnitt mit der Bergeschere das
Opfer befreit hat, ist heute exaktes Wissen über den jeweiligen
Karosserie- und Elektronikaufbau des Fahrzeugmodells nötig. "Es gibt
für jedes Fahrzeugmodell sogenannte 'Rettungsleitfäden'", erläutert
der ÖAMTC-Cheftechniker. Für die Feuerwehren ist es allerdings
unmöglich, ständig aktuelle Pläne aller Automarken im Einsatz parat
zu haben, um schnell den optimalen Ansatzpunkt für die Rettungsgeräte
zu finden. Die Hauptforderung von ÖAMTC und Feuerwehr: Alle
Automobilhersteller müssen diese Rettungsinformationen für jedes
Pkw-Modell einheitlich auf einem DIN-A4-Blatt zusammenfassen und ab
sofort in allen Neufahrzeugen im Bereich der Fahrer-Sonnenblende
einlegen. Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigen die
Einsatzstatistiken der Feuerwehr: "Die Einsätze nach Verkehrsunfällen
steigen kontinuierlich - nämlich von 2005 auf 2008 um 37 Prozent.
Alleine von 2007 auf 2008 sind die Verkehrseinsätze um 17 Prozent
gestiegen", so Buchta.

In modernen Fahrzeugen werden hochwertige Materialien, Stähle mit
sehr hohen Zugfestigkeiten, verbesserte Konstruktionen der
Fahrgastzelle und eine Vielzahl an Sicherheitssystemen zum optimalen
Schutz der Insassen eingesetzt. Gleichzeitig werden neue
Antriebsmodelle wie Gas- oder Hybridmotoren entwickelt. Damit gibt es
eine steigende Anzahl an Komponenten, die beim Rettungseinsatz
beachtet werden müssen, zum Beispiel Batterielage, Gasgeneratoren in
Fahrzeugdach/Fahrzeugsäulen etc. Die Schwierigkeit: Je nach
Fahrzeughersteller befinden sich alle diese Komponenten an den
verschiedensten Positionen im Fahrzeug. Die Lokalisation ist eine
schier unlösbare Aufgabe für die Retter, die unter massivem Zeitdruck
stehen. Sind bei einem Verkehrsunfall innere Organe verletzt, steigt
das Sterblichkeitsrisiko ohne Behandlung im Dreiminutentakt um ein
Prozent.

Besondere Problembereiche bei der Opferbefreiung

Wie lange die Befreiung eines Patienten dauert, hängt vom
Ansatzpunkt des hydraulischen Rettungsgeräts und einer schnellen
Fußraumerweiterung ab. "Die Geometrie und die Werkstoffe der
Fahrzeug-Dachholme geben vor, ob und wie mit der Hydraulikschere
geschnitten werden kann", erklärt der ÖAMTC-Cheftechniker. Besonders
die massiv versteifte B- und die oft sehr stark ausgeformte C-Säule
bereiten den Rettungskräften Probleme. Das kann soweit gehen, dass
die von den Feuerwehren eingesetzten hydraulischen Rettungsscheren an
ihre Leistungsgrenzen kommen. Ähnlich verhält es sich bei der
Spreizung des Fahrzeugs. Die häufigsten Probleme treten bei der
Fußraumerweiterung auf. "Es gibt einen bestimmten Druckpunkt, an dem
der Rettungszylinder angesetzt werden muss", erklärt Lang.

Sogar die Sicherheitskomponenten wie der Airbag können für
Unfallopfer und Retter zur potenziellen Gefahr werden. "Wird ein
Schnitt falsch angesetzt und beispielweise der Gasgenerator eines
Kopfairbags beschädigt, kann das fatale Folgen haben, wenn der Airbag
plötzlich auslöst", so der ÖAMTC-Cheftechniker. Auch die eingesetzten
Batterien führen manchmal zu Rettungsproblemen. Sie müssen rasch
lokalisiert und abgeklemmt werden, damit der Stromfluss unterbrochen
ist.

Das kann eine "Rettungskarte"

Um die angeführten Probleme zu vermeiden, müssen die Retter
schnellstmöglich über Karosserie und verbaute Elemente Bescheid
wissen. "Die erste Herausforderung bei schweren Unfällen ist, das
Fahrzeugmodell zu identifizieren", so der ÖAMTC-Experte. "Die größte
Wahrscheinlichkeit, an Informationen zu kommen, hat man über die
Windschutzscheibe. Deshalb sollte die Rettungskarte auch in diesem
Bereich aufbewahrt werden." Auf der Karte befinden sich nicht nur die
Fahrzeugmarke, sondern auch Angaben zu Lage und Anzahl der Batterien,
Lage von Airbags und Sensorik, Lage von Gasgeneratoren und
Gurtstraffern sowie eine Angabe zu den Verstrebungen und
Versteifungen in der Karosserie. "Diese Rettungskarten gibt es
bereits, sie sind aber nur als Handbücher verfügbar, und damit für
den Ernstfall unbrauchbar", kritisiert der ÖAMTC-Cheftechniker.
"Diese Infos gehören ins Auto. Das muss Standard werden."

Aviso an die Redaktionen: Grafiken sowie Fotos zu dieser Meldung
sind im Fotoservice des Clubs unter www.oeamtc.at/presse verfügbar.

(Forts.)

Rückfragehinweis:
ÖAMTC-Öffentlichkeitsarbeit
Claudia Kesche
Tel.: +43 (0) 1 711 99-1218
mailto:pressestelle@oeamtc.at
http://www.oeamtc.at

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