Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer überreichte heute
im Rahmen eines Festakts im Parlament den Demokratiepreis 2008. Mit
dem von der Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und
Demokratie gestifteten Preis wurden eine Wiener Ganztagsvolksschule
und die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen ausgezeichnet. Sie
teilen sich das Preisgeld in der Höhe von 15.000 €.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hielt bei der Preisverleihung
fest, das Kuratorium der Lupac-Stiftung sei mit großer Überzeugung
dem Vorschlag der Jury gefolgt. Unter anderem hob sie das Engagement
der beiden Preisträger für eine Stärkung des demokratischen
Bewusstseins und für Toleranz hervor. Die Demokratie sei ein sehr
filigranes Gebilde, meinte Prammer, das eine aktive Zivilgesellschaft
brauche, um nachhaltig abgesichert zu werden. Es sei notwendig, einen
Kontrapunkt zum zunehmenden politischen Desinteresse zu setzen, die
Volksschule Europaschule in der Brigittenau und die Initiative
muslimischer Österreicherinnen und Österreicher agierten hier
vorbildhaft. In diesem Zusammenhang verwies Prammer auch auf die
Notwendigkeit, politische Bildung zu forcieren, wobei sie die Schule
und die Politik gleichermaßen gefordert sieht.
Bernhard Perchinig von der Österreichischen Akademie der
Wissenschaften machte darauf aufmerksam, dass 15 Prozent der in
Österreich lebenden Menschen nicht in Österreich geboren seien und in
den österreichischen Haushalten mehr als 50 Sprachen gesprochen
würden. Die soziokulturelle und sprachliche Vielfalt in Österreich
ist damit seiner Meinung nach durchaus mit traditionellen
Einwanderungsländern wie den USA und Kanada vergleichbar. Hinter den
Zahlen stecke eine große Integrationsleistung, unterstrich Perchinig,
sowohl seitens der Zugewanderten als auch seitens der einheimischen
Bevölkerung.
Eine positive Grundhaltung gegenüber kultureller Vielfalt und ein
wertschätzender Umgang mit Verschiedenheit habe sich allerdings erst
in den 1980-er Jahren entwickelt, gab Perchinig zu bedenken. Zudem
hinke die Integration im Bereich der politischen Teilhabe nach wie
vor hinten nach. Politische Parteien und Institutionen öffneten sich
nur langsam für ZuwanderInnen. Gleichzeitig ist laut Perchinig die
Diskriminierung von Menschen mit anderer Hautfarbe wieder im Zunehmen
begriffen. Diese negative Entwicklung könne den Weg Österreichs zu
einer offenen Gesellschaft aber nur erschweren und nicht unbegehbar
machen, zeigte er sich zuversichtlich. Die beiden Preisträger sind
für ihn, wie er sagte, gute Beispiele dafür, wie man mit Vielfalt
produktiv umgehen könne.
Oliver Rathkolb, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte der
Universität Wien, begründete die Auswahl der Volksschule Europaschule
durch die Jury. Unter den zahlreichen Einreichungen habe es eine
Reihe spannender, interessanter und innovativer Bewerbungen gegeben,
skizzierte er, die Ganztagsvolksschule sei jedoch nicht zuletzt durch
ihr ungewöhnliches Leitbild besonders hervorgestochen. Die Schule
schätze etwa kulturelle Vielfalt, wolle zur Weltoffenheit erziehen
und unterstütze eigenverantwortliche, demokratische Projektarbeit.
Darüber hinaus hob Rathkolb die angebotenen Sprachkurse für Mütter
mit Migrationshintergrund und die Wahl von Schülerräten hervor. In
jeder Klasse wird jeweils ein Mädchen und ein Bursche gewählt und
diese dann in Entscheidungen der Schule eingebunden.
Zweiter Preisträger ist die Initiative muslimischer
ÖsterreicherInnen. Die Initiative besteht seit nunmehr bald zehn
Jahren und hat sich, wie die zweite Laudatorin, VfGH-Vizepräsidentin
Brigitte Bierlein erklärte, unter anderem eine stärkere Beteiligung
von Muslimen am politischen und öffentlichen Leben nach dem Motto
"Integration durch Partizipation" zum Ziel gesetzt. Gleichzeitig
fungiere sie unter dem Leitgedanken "Nicht über Muslime reden,
sondern mit ihnen" als Mittlerin zwischen Religionen und Kulturen.
Die Initiative mache deutlich, sagte Bierlein, dass es möglich sei,
die Identität als Muslim/in mit dem Bewusstsein der Zugehörigkeit zu
Österreich und zu Europa zu verbinden. Als konkrete Projekte der
Initiative führte die VfGH-Vizepräsidentin u.a. den Tag der offenen
Moschee, Fortbildungsveranstaltungen für die Exekutive, die Förderung
der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sowie Schulprojekte an.
Der Demokratiepreis der Margaretha Lupac-Stiftung wurde heuer zum
dritten Mal verliehen. Eine Jury unter dem Vorsitz des
Politikwissenschafter Manfried Welan wählte die Preisträger aus
insgesamt 70 Bewerbungen aus.
Eingerichtet ist die nach ihrer Geldgeberin Margaretha Lupac benannte
Stiftung beim Parlament. Ihr Ziel ist es, den Gedanken der Demokratie
und des Parlamentarismus zu fördern und das Prinzip der Toleranz im
Diskurs über Fragen der Politik, der Kunst und der gesellschaftlichen
Entwicklungen zu festigen. Im kommenden Jahr wird die Stiftung wieder
einen Wissenschaftspreis ausschreiben.
Der heutige Festakt im Parlament wurde durch das Nexus-Quartett
musikalisch umrahmt. (Schluss)
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