- 12.09.2008, 19:51:08
- /
- OTS0337 OTW0337
Rohbericht des Rechnungshofs zur Stellungnahme beim ORF eingelangt
59 Berichtsseiten ohne Skandale, aber durchaus auch mit kritischen Feststellungen
Wien (OTS) - Heute um 15.20 Uhr wurde der Rohbericht des
 Rechnungshofs über das Prüfungsergebnis des Österreichischen
 Rundfunks der Geschäftsführung übergeben.
Die Prüfung erfolgte insbesondere für die Geschäftsjahre 2004 bis
 2007 (Geschäftsführungsperiode Dr. Lindner bis 31.12.2006, Dr.
 Wrabetz ab 1.1.2007). Auf insgesamt 59 Seiten setzt sich der
 Rechnungshof intensiv mit Teilen des Konzerns auseinander - im
 Bericht nicht angesprochen werden die ORF-Landesstudios und die
 ORF-Radios.
Ein erster Überblick ergibt, dass die Kritikpunkte im Wesentlichen
 jene sind, die vom RH dem Vorsitzenden des Stiftungsrats, Dr.
 Pekarek, und dem Generaldirektor Dr. Wrabetz bereits bei der
 Endbesprechung mitgeteilt und von Dr. Pekarek in der Sitzung des
 Stiftungsrats am 11. Juni 2008 vorgestellt und diskutiert wurden.
 Weitere substanzielle Pauschalfeststellungen finden sich nicht.
Die präzise Durchsicht, Analyse und Aufarbeitung aller Details des
 Berichts wird einige Arbeitstage in Anspruch nehmen. Der RH gibt 56
 Empfehlungen ab, von denen die Erstanalyse 24 bereits umgesetzte oder
 in Umsetzung begriffene ergibt - der ORF nimmt vorerst allgemein wie
 folgt Stellung:
Der RH-Rohbericht stützt sich auf vier wesentliche Kritikpunkte:
-- 1. Der RH kritisiert, dass es keine vom Stiftungsrat diskutierte
 und beschlossene langfristige Gesamtstrategie für die ORF-Entwicklung
 gibt.
Dazu der ORF: Tatsächlich gibt es seit mehr als 20 Jahren keine vom
 Stiftungsrat beschlossene Gesamtstrategie. Die strategischen
 Konzeptionen der Geschäftsführung für das Gesamtunternehmen und
 Einzelbereiche stellt der RH zwar fest, dennoch hat der Stiftungsrat
 bereits vor Monaten die Einleitung eines umfangreichen
 Strategieprozesses, der u. a. auch die Erarbeitung eines
 Unternehmensleitbildes beinhalten soll, beschlossen. Auftakt ist
 hierfür die ursprünglich bereits in der ersten Jahreshälfte geplante
 und nunmehr am 13. September stattfindende Klausur des Stiftungsrats.
-- 2. Der RH stellt teilweise ineffiziente Organisationsstrukturen
 vor allem im Personalmanagementbereich und bei den
 Abstimmungserfordernissen im Produktionsbereich (zwischen Technik und
 Programm) fest und bezweifelt die Sinnhaftigkeit der Einrichtung der
 Onlinedirektion.
Dazu der ORF: Der Hauptkritikpunkt der "ineffizienten
 Organisationsstrukturen" bezieht sich auf die Aufsplittung des
 Personalmanagements (Administration und Aus- und Fortbildung etc.) -
 für diesen Bereich ist derzeit ein umfassender Umbauprozess in
 Vorbereitung.
Die Kritik des RH am Finanzplanungs- und Abwicklungsbereich der
 Produktionswirtschaft zwischen Programm und Technik ist in weiten
 Bereichen ernstzunehmen und die getroffenen Feststellungen werden in
 strukturelle Maßnahmen münden, die derzeit in einem Projekt
 vorbereitet werden.
Die vom RH geäußerte Kritik an der Einrichtung der Onlinedirektion
 durch Frau Generaldirektorin Dr. Lindner wird nicht geteilt, da die
 Einrichtung zum damaligen Zeitpunkt sinnvoll erschien und eine
 Abschaffung am Beginn der Periode Wrabetz als falsches Signal an den
 Onlinemarkt gewertet worden wäre.
-- 3. Der RH vermisst die teilweise Realisierung von
 Einsparungspotenzialen aus der McKinsey-Studie.
Dazu der ORF: Die nach dem Prüfungszeitraum weiter umgesetzten
 Schritte nach McKinsey erreichen inzwischen 71 % der Ziele - der RH
 kritisiert die bis Ende 2007 noch geringere Zielerreichung von 52 %.
 Einzelne Projekte, wie z. B. die angestrebte Neuordnung des
 Sicherheitsbereichs, konnten bisher aus arbeitsrechtlichen Gründen
 nicht umgesetzt werden. In einigen Bereichen wird es deutlich über
 McKinsey hinausgehende Strukturanpassungen geben.
-- 4. Der RH bemängelt die zum Teil über Markt liegenden
 Personalkosten aus Altverträgen.
Dazu der ORF: Bereits mit der Einführung des Kollektivvertrags 96
 wurde versucht, auf die über Markt liegenden Entlohnungssysteme der
 "alten FBV" zu reagieren. Mit dem KV 03 wurden für neu eintretende
 Zugänge annähernd Marktbedingungen hergestellt. Bei der "Freien
 Betriebs-Vereinbarung" handelt es sich um Einzelverträge, die in
 ihrer Substanz kaum nach unten veränderbar sind, wobei mit dem
 Zentralbetriebsrat bereits Verhandlungen über Veränderungen in den
 Bereichen "Zulagen, Arbeitszeitflexibilisierung, Vorrückungen etc."
 aufgenommen wurden.
Im Bereich der Kaufmännischen Direktion beider
 Geschäftsführungsperioden gibt der Rechnungshof zwar Empfehlungen ab
 (die zu einem großen Teil bereits derzeit umgesetzt sind), erhebt
 aber keine wesentliche Kritik.
"Die insgesamt 56 Anmerkungen und Empfehlungen des Rechnungshofs
 werden von meiner Geschäftsführung sehr ernstgenommen und wir werden
 diese gewissenhaft aufarbeiten", stellt Generaldirektor Wrabetz fest,
 und "der RH bestätigt auch den strategischen Zukunftsweg, z. B. den
 technologischen Möglichkeiten durch die Einführung von 'Content
 Management Systemen' Rechnung zu tragen. Damit würden TV, Radio,
 Online und Teletext in der journalistischen Arbeit völlig neu
 organisiert und bedürften selbstverständlich vollkommen anderer
 Organisationsstrukturen - der ORF in zehn Jahren wird vom Management
 abwärts ganz anders aufgestellt sein."
"Für mich ist es ganz wesentlich, dass dem ORF und seinen
 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weder Misswirtschaft noch
 Verschwendung oder Skandale vom RH vorgeworfen werden. Historisch
 gewachsene Strukturen samt nicht mehr zeitgemäßen Vertragsgrundlagen
 werden wir in Abstimmung und in Verhandlungen mit der
 Personalvertretung Stück für Stück anpassen und korrigieren", so
 Generaldirektor Wrabetz.
Nach Meinung des ORF sind aber nicht alle Empfehlungen des RH aus
 heutiger Sicht zielführend bzw. sofort umsetzbar. So ist z. B. die
 Zusammenlegung der Fernsehdirektionen mit der Radiodirektion derzeit
 weder technologisch noch infrastrukturell ohne weiteres möglich.
"Naturgemäß behandelt und beurteilt der Rechnungshof nahezu
 ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien. Für den ORF sind aber
 in der Umsetzung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auch Werte wie
 'journalistischer Pluralismus' für unsere Glaubwürdigkeit von hoher
 Bedeutung", schließt Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz.
Rückfragehinweis:
 ORF-Marketing und Kommunikation
 (01) 87878 - DW 12228
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | GOK






