• 19.03.2008, 10:52:38
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Caritas-Präsident Franz Küberl: "Studie belegt: Armut isoliert"

"Betroffene brauchen Mitmenschen, die hinsehen und PolitikerInnen, die handeln"/ Mindestsicherung müsse mit Anfang 2009 starten

Wien (OTS) - "Die Studie der Statistik Austria belegt nun schwarz
auf weiß, was unsere Caritas-Mitarbeiterinnen und - Mitarbeiter in
ihrer täglichen Arbeit erleben: Armut ist nicht nur ein finanzielles
Problem, sondern macht auch einsam. Betroffene brauchen Mitmenschen,
die hinsehen und PolitikerInnen, die handeln", sagt Caritas-Präsident
Franz Küberl zu der heute, Mittwoch, auf der Homepage der Statistik
Austria (www.statistik.at unter "Presse") veröffentlichten
Mitteilung.

Demnach lebten Menschen in Armutslagen wesentlich öfter allein,
hätten seltener Kontakte außerhalb des Haushaltes und könnten
deutlich seltener auf ein tragfähoges Unterstützungsnetzwerk
zurückgreifen. Insgesamt müssen in Österreich 459.000 Menschen (rund
5,6 % der Bevölkerung) in Armut leben, insgesamt sind rund eine
Million Menschen arm oder von Armut bedroht.

"Ein gewichtiger Grund, um bei der Umsetzung der
bedarfsorientierten Mindestsicherung das Tempo zu erhöhen und das
soziale Netz dichter zu knüpfen", kommentiert Küberl diese jüngsten
Zahlen. Weil aber die immateriellen Folgen - Einsamkeit,
Verzweiflung, Ausgrenzung - ebenso dramatisch seien wie die direkten,
materiellen Folgen von Not gelte es, gleichzeitig auch hier zu
helfen: "Bei der Betreuung von Menschen, die in der Armutsfalle
sitzen, geht es neben der finanziellen Unterstützung und der Klärung
ihrer Perspektiven zunächst auch darum, die Betroffenen aus ihrer
Isolation zu holen", so Küberl: "Viele schämen sich für ihre Lage und
zögern deshalb viel zu lange davor, um Hilfe zu bitten. Auch die
eigenen Freunde, so man welche hat, will man oft sehr lange nicht mit
der eigenen Situation konfrontieren. Der Rückzug ist
vorprogrammiert." Menschen, die sich an die Caritas wenden, helfe es
meist alleine schon ungemein, wenn sie sähen, dass sie nicht die
einzigen in so einer Situation sind, weiß Küberl.

Besonders dramatisch: "Vor allem Kinder und Jugendliche versuchen
ihre Notlage vor den anderen zu verstecken und sagen eher, dass sie
krank sind, als zuzugeben, dass sie nicht das Geld haben, um beim
Schulausflug mitzufahren oder schwimmen zu gehen. Wer auch bei den
billigsten Vergnügen nicht mithalten kann, steht schnell im Abseits",
so der Caritas-Präsident.

Engagierte Pfarrcaritas-MitarbeiterInnen würden oft dabei helfen,
Berührungsängste abzubauen und den Erstkontakt zu einer der 32
österreichweiten Caritas-Sozialberatungsstellen herstellen. Küberl.
"Wirksame Armutsbekämpfung muss auf mehreren Säulen stehen. Die
Frage, ob man auch Freundinnen und Freunde unter den Armen hat, ob es
Freundschaftlichkeit, Nachbarschaftlichkeit, Austausch zwischen
Menschen unterschiedlicher Gruppen gibt, kann nicht vom Staat gelöst
werden. Hier muss jeder für sich selbst eine Antwort finden. Alle
sind gefordert, die oft versteckte Not zu sehen. Solidarität beginnt
dort, wo ich neben dem eigenen Kind auch das auf der Schulbank
daneben sehe. Und wo ich neben den eigenen Problemen auch jene der
Nachbarn wahrnehme." Die Caritas hat in den 32 österreichweiten
Sozialberatungsstellen im Vorjahr insgesamt rund 42.000 Menschen
betreut und insgesamt rund 2,3 Millionen Euro an Soforthilfen
ausbezahlt.

An die politisch Verantwortlichen plädiert der Caritas-Präsident
angesichts des Tauziehens zum Startzeitpunkt der bedarfsorientierten
Mindestsicherung einmal mehr, diese so rasch wie möglich umzusetzen:
"Der Start mit 1. Jänner 2009 muss halten. Bis dahin sind auch
wichtige Details zu klären, etwa, wie die Anbindung an den
Arbeitsmarkt erfolgen soll. Da bleibt keine Zeit für Streitereien."
Eine weitere Forderung des Caritas-Präsidenten zur Armutsbekämpfung:
"Weil gerade die Kosten für Essen, Wohnen und Heizen in der
Vergangenheit exorbitant gestiegen sind, müssen die Sozialleistungen,
aber auch die Familienbeihilfe, dringend um die Inflationsrate erhöht
werden. Auch danach muss eine jährliche Anpassung erfolgen. Da sind
die Länder und der Bund gemeinsam gefordert."

Rückfragehinweis:
Caritas Österreich
Mag. Silke Ruprechtsberger
Tel: 01/488 31/417 oder: 0664/82 66 909

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