• 18.01.2008, 18:10:52
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Wiener Zeitung: Andreas Unterbergers Tagebuch

Ja, ja, der Computer

Wien (OTS) - Ein Gutachter hat nun festgestellt, was schon vor
zwei Jahren schlichte Kommentatoren geschrieben haben: Die Bawag ist
einfach ins Kasino marschiert, als ihr das Geld knapp geworden ist.
Und hat alles verloren, wie es dort den meisten passiert.

Zwei Fragen hat der Experte aber leider nicht beantwortet: Warum
ging es der Bawag im Gegensatz zu anderen Banken überhaupt so
schlecht? Und: Was genau ist im Kasino eigentlich passiert?

Auf die erste Frage hätte ein objektives Gutachten wohl zu der
Erkenntnis kommen müssen, dass politische Eigentümer ein Unternehmen
langfristig fast immer zugrunde richten, weil bei ihnen das
kaufmännische (politisch korrekt: das kapitalistische) Denken nie an
erster Stelle steht. Deswegen hat der ÖGB sowohl Konsum wie auch
Bawag ruiniert. Deswegen gibt es heute keine Länderbank, keine
Zentralsparkasse, keine Creditanstalt, keine Girocredit mehr.
Deswegen haben vom Burgenland bis ins deutsche Sachsen Landesbanken
Schiffbruch erlitten. Deswegen hat die Verstaatlichte . . .

Würden sich nicht alle um die klare Benennung der wirklichen
Ursachen der Bawag-Pleite drücken, wäre es daher auch unmöglich, dass
jemand auf eine Kampagne hereinfiele, die die Privatisierung einer
verstaatlichten Stromfirma bekämpft.

Und was genau hat sich im Kasino abgespielt? Auch darüber weiß man
leider überhaupt nichts Genaueres - zumindest was die Hälfte des
Betrags betrifft. Denn alle Unterlagen sind bei einem Computerabsturz
verlorengegangen. Leider, leider. Und Gericht wie Gutachter glauben
dies dem mit dem Gang ins Kasino beauftragten Wolfgang Flöttl.

Aber vielleicht ist es wirklich so leicht möglich, dass wichtige
Daten einfach spurlos verschwinden - die etwa den hässlichen Verdacht
entkräften würden, dass da vielleicht irgendwer Geld irgendwohin
beiseitegeschoben hat. Dann aber erhebt sich in ganz anderem
Zusammenhang eine andere Frage: Wie leichtfertig, nein wie grob
fahrlässig handeln alle jene, die meinen, wichtige Staats- und
Wirtschaftsdaten sollten in Zukunft nur noch elektronisch
veröffentlicht und gespeichert werden? Wobei ja heute nicht einmal
klar ist, ob demnächst Datenträger erfunden werden, die länger als
nur ein paar Jahre halten. Will da etwa gar jemand bewusst die
Hintertür zu einem Staatschaos öffnen?

http://www.wienerzeitung.at/tagebuch

Rückfragehinweis:
Wiener Zeitung
Sekretariat
Tel.: 01/206 99-478
mailto:redaktion@wienerzeitung.at

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