• 29.05.2007, 09:35:04
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ÖJC verlangt neuerliche Begutachtung der geplanten Vorratsdatenspeicherung

Für ÖJC sind Pressefreiheit und Redaktionsgeheimnis in Gefahr

Wien (OTS) - "Durch die geplante Vorratsdatenspeicherung sind
Informantenschutz und Redaktionsgeheimnis bedroht, eine investigative
journalistische Arbeit ist nicht mehr möglich. Aus diesen Gründen
lehnt der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) die
Telekommunikationsnovelle anlässlich der nationalen Umsetzung der
EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie generell ab", sagt
ÖJC-Präsident Fred Turnheim in einer Aussendung, heute, Dienstag.

Der ÖJC, mit 5.000 Mitgliedern größte Interessensorganisation der
österreichischen Journalisten war, so wie andere betroffene
Berufsorganisationen, nicht zur Begutachtung eingeladen. Informiert
wurden nicht, wie das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und
Technologie (BMVIT) der Future Zone von ORF.at sagte, auch andere
Berufsgruppen, die einer Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Von
der "Nichteinladung" war z.B. auch der Österreichische
Rechtsanwaltskammertag betroffen, wogegen der Präsident des
Österreichischen Rechtsanwaltskammertages bereits offiziell
protestierte.

Wie ein Sprecher des BMVIT auf Anfrage von ORF.at sagte, hält das
Verkehrsministerium den §149a Abs.3 der Strafprozessordnung für
Journalisten als ausreichenden Schutz. Dieser Paragraph besagt zwar,
dass auf die Kommunikation von Medienunternehmen erst dann
zugegriffen werden dürfe wenn dadurch die Aufklärung von Straftaten,
die mit einer Untergrenze von 5 Jahren oder lebenslanger
Freiheitsstrafe bedroht sind, gefördert werden könne. Jedoch sind die
Privatanschlüsse (Festnetz, Mobiltelefon, E-Mail, VoIP, etc.) von
freien oder angestellten Journalisten nicht durch diese Bestimmungen
geschützt, da sich diese ex lege nur auf diejenigen Anschlüsse
beziehen, die sich in der Verfügungsgewalt des Medienunternehmens
befinden.

Gerade beim investigativen Journalismus erfolgt die Kommunikation
mit vertraulichen Quellen abseits der offiziellen
Redaktionsanschlüsse, die nicht den besonderen Schutz der
Strafprozessordnung unterliegen.

Der ÖJC fordert daher, dass der Schutz der
Berufsverschwiegenheitspflicht, der auch für andere Berufsgruppen wie
Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhändler, etc. gilt, durch die
Novellierung gewahrt bleibt.

Als Redakteure sind wir besonders besorgt über die geplante
Regelung: Das Gesetz höhlt das Redaktionsgeheimnis bzw. den Schutz
von Informanten aus. Auch wenn die gespeicherten Anrufe bzw. E-Mails
nicht aktiv gegen Journalisten eingesetzt werden (was in manchen
Fällen dennoch zu befürchten ist), muss davon ausgegangen werden,
dass wichtige Informationen die Redaktionen nicht mehr erreichen
werden. Schlicht und einfach, weil bereits das Wissen um die
Rückverfolgbarkeit der Kommunikationsflüsse Informanten abschrecken
kann. Nach dem Motto: Vielleicht kann dieser Anruf ein Mal gegen mich
verwendet werden. Auch mit "Kollateralschäden" muss gerechnet werden:
Gegen eine Person, mit der der Journalist telefoniert hat, wird wegen
einer Strafsache ermittelt. Dadurch kann auch der Reporter plötzlich
verdächtig sein, weil sein Name in der gespeicherten Telefonliste
auftaucht. Wahrscheinlich wird die Realität, wenn, dann nur in
Einzelfällen so dramatisch sein. Doch das Wissen, dass Kontakte
zurückverfolgt werden können, schafft ein Klima des Misstrauens und
kann journalistisches Arbeiten behindern, und damit die
berühmt-berüchtigte "Schere im Kopf" begünstigen.

Auch wenn mit dem Gesetz nur eine EU-Richtlinie umgesetzt wird,
ist es aus Sicht des ÖJC unbedingt notwendig eine Stellungnahme
abzugeben. Derzeit besteht die Gefahr, dass die blutig erkämpften
bürgerlichen Freiheiten unter dem Deckmantel der "Sicherheit"
beseitigt werden. Der ÖJC lehnt diese Novelle damit zur Gänze ab.

Da wichtige Berufsorganisationen nicht zur Begutachtung eingeladen
wurden, verlangt der ÖJC eine neuerliche Ausschreibung der
Begutachtung der Telekommunikationsnovelle.

Rückfragehinweis:

Österreichischer Journalisten Club
   Vienna International Press Center
   A-1010 Wien,
   Blutgasse 3
   Tel.: +43 1 982 85 55
   Fax: + 43 1 982 85 55 50
   www.oejc.at

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