- 13.10.2005, 11:53:33
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Expertengutachten zu restaurierten Schiele-Blättern: Handwerklich perfekte Arbeit; Knickentfernung aber "ethisch nicht vertretbar"
Hohes wissenschaftliches Niveau der Beratungen von allen Beteiligten gewürdigt
Wien (OTS) - Am 5.Oktober 2005 fand in der Albertina ein vom
 Bundesdenkmalamt einberufenes Konsilium über fünf in der Schweiz
 restaurierte Arbeiten von Egon Schiele aus dem Bestand der Albertina
 statt. Bereits am Vortag hatten zwei aus Deutschland berufene
 Gutachter die Möglichkeit, die Blätter eingehend zu studieren und den
 Restaurator zu Details der Vorgangsweise bei der Behandlung zu
 befragen. Die beiden österreichischen Gutachter hatten bereits früher
 Gelegenheit, sich von den Maßnahmen an drei besonders strittigen
 Blättern ein Bild zu machen. Ergänzend waren drei weitere
 international renommierte Experten um schriftliche Stellungnahmen zu
 grundsätzlichen technischen Fragen und restaurierethischen Prinzipien
 gebeten worden.
Die Diskussion, an der auch Vertreter der Albertina und der
 beauftragte Restaurator teilnahmen, war den fachspezifischen Themen
 gewidmet, die mit großer Seriosität behandelt wurden. Dabei standen
 restauratorische Fragen zur Technik des Bleichens, des Zertrennens
 und Wiederzusammenfügens von Papier und des Retuschierens
 einschließlich der darin angewandten restaurierethischen Grundsätze
 zur Debatte, darüber hinaus aber auch allgemeine Fragen der
 Restaurierethik im Bereich der Papierrestaurierung und der
 Entscheidungsprozesse.
Generell wurde festgestellt, dass die Restaurierarbeiten
 handwerklich perfekt ausgeführt wurden. Die an vier Blättern Egon
 Schieles in der Schweiz durchgeführten Eingriffe des Bleichens mit
 Chloramin T wurden von den Experten - auch in Kenntnis des Gutachtens
 von Prof. Wächter - jedoch einhellig als "nach dem heutigen Stand der
 Forschung nicht mehr als Stand der Technik" angesehen. Das Zertrennen
 und Zusammenfügen einer durch einen Knick beschädigten, nun um 5 mm
 verkürzten Originalzeichnung wurde als "ethisch nicht vertretbar"
 bewertet. Der Retuschiervorgang bei einem Blatt wurde unter Vorgabe
 der Vollretusche in seiner Ausführung als akzeptabel bezeichnet.
Es wurde auch darauf verwiesen, dass jede Restaurierung, ebenso
 die Unterlassung einer solchen, Ausdruck des zeitgebundenen
 Geschmacks sei und sowohl die Kuratoren als auch die Restauratoren
 den jeweiligen Tendenzen des Zeitgeschmacks unterliegen. Die
 Verantwortung und das Risiko über Entscheidungen zu
 Restaurierungsmaßnahmen sollen deshalb stets von allen Beteiligten
 -Kuratoren, Restauratoren und Naturwissenschaftern - gemeinsam
 übernommen werden. Als Modell wird etwa die Entscheidungsfindung bei
 Restaurierarbeiten am Victoria and Albert Museum in London genannt.
Rückfragehinweis:
 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
 Pressebüro
 Tel.: (++43-1) 53 120-5002
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