• 04.12.2001, 09:43:12
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Gusenbauer: Hochleistungsgesellschaft ermöglicht Solidarität

Wien (SK) Für eine "solidarische Hochleistungsgesellschaft"
sprach sich SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer Montag Abend bei einer
Podiumsdiskussion des Renner-Instituts und der GPA aus, an der er
gemeinsam mit GPA-Chef Hans Sallmutter und den
Universitätsprofessoren und Sozialrechtsexperten Emmerich Talos und
Wolfgang Mazal teilnahm. "Wenn Hochleistungen erbracht werden, hat
man auch ein entsprechendes Produktions- und Lohnniveau", stellte
Gusenbauer fest, der sich klar für Leistungsorientierung aussprach.
Dennoch könnten manche Menschen zu einem gewissen Zeitpunkt nicht
mehr mit, wo dann das AMS für Requalifikationen sorgen müsse; manche
Menschen könnten längerfristig nicht mit und in diesen Fällen könne
und solle eine Gesellschaft, in der es viel Leistung und
dementsprechend viel Reichtum gebe, Solidarität zeigen, betonte
Gusenbauer. ****

Der SPÖ-Chef brachte die Sprache auf die bedarfsorientierte
Mindestsicherung, bei der man "einen Rechtsanspruch hat ohne
Bittgänge". Der Kampf gegen Armut sei für ihn, Gusenbauer, sehr
wichtig. Hier habe der Sozialstaat Lücken und treffe nicht genug
Vorsorge. Auf Armenfürsorge dürfe der Sozialstaat natürlich nicht
reduziert werden. In Europa gebe es die Tradition, dass jeder nach
seinem Leistungsvermögen seinen Beitrag zum Funktionieren des
Sozialstaates leiste. Der Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat benötige aber
auch die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände und deren
Kompromisse, so Gusenbauer.

Ein umfassender Sozialstaat sei notwendig, denn so sei der
Staat auch wettbewerbsfähiger als beispielsweise die USA, wo die
Menschen einen großen Teil ihrer Kreativität nicht in den
Produktionsprozess einbringen könnten, berichtete Gusenbauer von
seinen jüngsten Erfahrungen in den USA. "Umfassende Sicherheiten sind
eine weitaus wirkungsvollere Motivation für hohe und gute Leistungen
als Unsicherheit. Dennoch muss man den Sozialstaat den modernen
Bedingungen anpassen."

Das Sozialstaatsvolksbegehren bezeichnete Gusenbauer als sehr
gute Initiative, bei der es aber absichtlich noch keinen
SPÖ-Beschluss bezüglich einer Unterstützung gebe, um das
Volksbegehren nicht zu einem Parteibegehren zu machen und es nicht zu
okkupieren. Zu der im Laufe der Veranstaltung diskutierten
Finanzierung des Gesundheitssystems sagte der SPÖ-Vorsitzende, "eine
eigenständige Sicherung der Finanzierung des Gesundheitssystems muss
gewährleistet werden, damit man nicht bei auftretenden Lücken der
politischen Willkür ausgesetzt ist."

Sallmutter betonte, was die Regierung als Reform verkaufe, sei
tatsächlich eine Streichung sozialstaatlicher Leistungen. "Dabei
dürfen wir nicht zu lange zusehen", warnte der GPA-Chef. Die Wende
sei spürbar bei Umverteilungsfragen auf der einen Seite und bei der
Ordnungspolitik auf der anderen Seite, wo sich zeige, dass es keine
sozialpartnerschaftliche Gespräche mehr gebe.

Mazal gab wie alle Diskutanten ein klares Bekenntnis zu einem
umfassenden Sozialstaat ab. "Ich bin ein Verfechter des Sozialstaates
und stelle ihn nie in Frage. Ich halte es aber für wichtig, ein
Bewusstsein zu schaffen, wer in den Genuss der Leistungen kommt,
damit man darüber Konsens erreichen kann", so Mazal. Der Experte
sprach sich deshalb dafür aus, viele Informationen in die Bevölkerung
zu tragen. Nicht nur Arme sollten in den Genuss von Leistungen
kommen, stellte Mazal klar. Angesprochen auf Lücken im System zählte
Mazal unter anderem folgende auf: die Höhe des Arbeitslosengeldes,
das teilweise fast zur Schwarzarbeit zwinge, die Unterversorgung der
Frauen nach Scheidungen bei der Pension, auch die Krankenfinanzierung
und die Altersversorgung und Pflegeversorgung.

Talos wies darauf hin, dass sich im 20. Jahrhundert bis zum Antritt
der blau-schwarzen Regierung nie die Alternative zwischen Sozialstaat
oder Armenfürsorge gezeigt habe. Diese Alternative sei erst jetzt
wieder geschaffen worden, und dahinter stecke das neoliberale Credo
von mehr Macht, Individualisierung und Privatisierung. Talos: "Aber
den Sozialstaat konnten, können und sollen wir uns leisten.
Bedürftigenvorsorge ist hingegen unnötig und nicht wünschenswert, und
wer am Sozialstaat spart, hat andere Kosten - beispielsweise
überfüllte Gefängnisse." Auch Talos sprach abschließend von
notwendigen Anpassungen an die Realität, aber mit der Verankerung in
der Verfassung, die das Volksbegehren anstrebe, könne man den
Sozialstaat vor neoliberalen Angriffen schützen. (Schluss) ts

Rückfragehinweis: Pressedienst der SPÖ

Tel.: (01) 53427-275
http://www.spoe.at

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