• 22.03.2024, 13:29:13
  • /
  • OTS0106

„kulturMontag“: Ensor-Jubiläum in Belgien, Kušejs Abschied vom Burgtheater, Politik im Spiegel der Leipziger Buchmesse

Danach: „Schreiben gegen die Angst – Robert Schindel im Porträt“ und Schindel-Verfilmung „Gebürtig“ – am 25. März ab 22.30 Uhr, ORF 2

Utl.: Danach: „Schreiben gegen die Angst – Robert Schindel im
Porträt“ und Schindel-Verfilmung „Gebürtig“ – am 25. März ab
22.30 Uhr, ORF 2 =

Wien (OTS) - Der von Peter Schneeberger präsentierte „kulturMontag“
am 25. März 2024 um 22.30 Uhr in ORF 2 widmet sich dem Werk des
belgischen Malers James Ensor, dessen 75. Todestag heuer mit
zahlreichen Ausstellungen und Feierlichkeiten groß begangen wird.
Weiters zieht die Sendung Resümee der Intendanz des scheidenden
Burgtheater-Direktors Martin Kušej, dessen Abschiedsstück „Orpheus
steigt herab“ am 23. März Premiere feiert. Außerdem befasst sich das
Magazin u. a. mit der Rolle der gerade gestarteten Leipziger
Buchmesse als Spiegel gesellschaftlicher wie politischer Debatten.
Anschließend steht die neue Dokumentation „Schreiben gegen die Angst
– Robert Schindel im Porträt“ (23.30 Uhr) zum 80. Geburtstag des
Lyrikers und Autors auf dem Programm.

Meister der Masken – 75. Todestag des belgischen Malers James Ensor

Das Scheinheilige, Hässliche, Bösartige und Hintertriebene wollte er
demaskieren, der Gesellschaft des Fin de Siècle einen Spiegel
vorhalten. Ähnlich wie sein niederländischer Kollege Vincent van Gogh
war der Belgier James Ensor, dessen Bilder im ausgehenden 19.
Jahrhundert aus dem Rahmen der etablierten Salonmalerei fielen, ein
Außenseiter – unverstanden und isoliert. Doch er schaffte mit seinen
makabren Bildwelten den Aufstieg ins Establishment, wurde von König
Albert I. zum Baron geadelt, von prominenten Künstlern, Literaten
oder Wissenschaftern wie etwa Emil Nolde, Stefan Zweig oder Albert
Einstein hofiert. Stilistisch lässt sich James Ensor kaum einordnen,
changiert er doch in seinen Werken gekonnt zwischen Expressionismus,
Surrealismus und Symbolismus. Der Einsatz von fantastischen Elementen
wie Masken hat in seinem Werk eine zentrale Bedeutung, so dass man
ihn oft nur als „Maler der Masken“ bezeichnete. Wer war dieser Mann,
der vor 75 Jahren sogar ein Staatsbegräbnis bekam? Die belgische
Stadt Ostende, wo Ensor 1860 geboren wurde, bis auf einen kurzen
Aufenthalt in Brüssel durchgehend gelebt hat und 1949 starb, feiert
ihren berühmtesten Sohn ausgiebig. Nach diversen Ausstellungen und
Feierlichkeiten im Nordsee-Badeort in den ersten Monaten des
Jubiläumsjahres übernimmt Antwerpen die Ensor-Würdigung.

Der streitbare Theatermacher – Martin Kušejs Abschied vom Burgtheater

Vor fünf Jahren hat der gebürtige Kärntner Slowene Martin Kušej als
künstlerischer Leiter das Wiener Burgtheater übernommen, die
Vorfreude und die Erwartungshaltungen waren groß. Er wollte ein
europäisches Theater präsentieren, extrem kontrovers, zeitgenössisch
und international sollte es sein. Doch dann kam Corona und die
Theaterszene wurde für Monate stillgelegt. Eine Herausforderung für
das renommierte Haus am Ring, das sich in dieser Zeit gegen ein
Streaming-Angebot entschieden hat. Kušej musste dafür von den Medien
heftige Kritik einstecken. Künstlerisch konnte er viele seiner Pläne
nicht umsetzen, er hoffte auf eine Verlängerung seines Vertrages um
weitere fünf Jahre, doch dazu kam es nicht. Ab Herbst 2024 wird der
Schweizer Theatermacher Stefan Bachmann das Wiener Burgtheater
übernehmen. Martin Kušej beendet seine letzte Saison, die er unter
den programmatischen Leitsatz „Aufwachen, bevor es finster wird“ als
deutliches Zeichen gegen den politischen Rechtsruck, Xenophobie und
drohende Gefahren für demokratische Systeme gestellt hat, nun mit
seiner Inszenierung von Tennessee Williams’ Stück „Orpheus steigt
herab“ – ein politisches Drama über eine Gesellschaft, die von
Fremdenhass geprägt ist. Der „kulturMontag“ zieht Resümee der
Intendanz eines streitbaren Theatermannes und Peter Schneeberger
bittet den scheidenden Direktor zum Gespräch.

Der Aufschwung der Rechten – Politik im Spiegel der Leipziger
Buchmesse

Die Leipziger Buchmesse verwandelt die Stadt in Sachsen derzeit
wieder in eine gigantische Lesebühne. Seit jeher versteht sich die
Veranstaltung, die als die wichtigste deutsche Literaturschau nach
Frankfurt gilt, als Zentrum gelebter Demokratie. Auch unter
Neo-Direktorin Astrid Böhmisch, die Themen wie Freiheit, Demokratie
und Diversität als Werte ansieht, um die es immer wieder zu kämpfen
gilt. Buchmessen sind nicht zuletzt Spiegel gesellschaftlicher
Debatten: So wird der Umstand, dass im Jahr 2024 Demokratien weltweit
vor wichtigen Wahlentscheidungen stehen, auch in Leipzig zentrales
Thema sein. Zumal im Herbst auch in Sachsen Landtagswahlen angesetzt
sind, die letzte Wahl 2019 stand ganz im Zeichen hoher Zugewinne der
AfD. Dass Rechtspopulismus wie Rechtsextremismus vor allem im Osten
Deutschlands auf fruchtbaren Boden stoßen, ist weithin bekannt. Warum
das so ist, versucht der „kulturMontag“ u. a. mit dem
israelisch-deutschen Philosophen Omri Boehm oder dem
deutsch-US-amerikanischen Autor und Politikwissenschafter Yascha
Mounk, zu ergründen. Der renommierte Harvard-Politologe untersucht in
seinem aktuellen Buch den Zerfall der Demokratie und legt Ursachen
und Mechanismen offen, die westliche liberale Rechtsstaaten erodieren
lassen. Auf die Rolle der Leipziger Buchmesse in dieser schwierigen
politischen Gemengelage wird in besonderer Weise eingegangen.

Doku „Schreiben gegen die Angst – Robert Schindel im Porträt“ (23.30
Uhr)

Sich selbst bezeichnet Robert Schindel immer wieder gern als
„wienerisch-jüdischen Schriftsteller“: Wien, hier vor allem die
Leopoldstadt, ist für ihn zentraler Schreib- und Lebensort. Wien, die
Stadt, in der er als Kind kommunistischer und deportierter Eltern
versteckt überlebt hat. In seiner Wohnung im zweiten Bezirk, in der
er seit Jahrzehnten lebt, nimmt das Filmporträt des bedeutenden
österreichischen Autors seinen Anfang. An den Wänden lässt sich seine
Familiengeschichte nachvollziehen, nicht zuletzt hängen dort
Fotografien seiner Mutter, die Auschwitz überlebt und ihren Sohn dann
wieder in Wien gefunden hat – sein Vater wurde in Dachau ermordet.
Über die Mutter schreibt Robert Schindel: „Die junge Frau ist nicht
nur ein Untermensch gewesen, sie ist zusätzlich eine Kommunistin
geblieben“. So durchläuft Robert Schindel die Kinder- und
Jugendorganisationen der Kommunistischen Partei, schreibt als
Volksschulkind einen Brief an den kränkelnden Stalin, viel später,
nachdem er auch noch Maoist war, wird er sich schließlich ganz fürs
Renegatentum entscheiden.
Mit Robert Schindel gehen die Regisseurinnen Katja Gasser und Imogena
Doderer auf Spurensuche: Sie besuchen u. a. die Jesuitenwiese, wo man
ihm, der als Kind gern und gut Fußball gespielt hat, „Hoppauf, Herr
Jud!“ nachgebrüllt hat, statten seiner Volkschule einen Besuch ab, in
der er eine „nazistische Volksschullehrerin“ hatte, „die es liebte,
mit dem Lineal auf Fingerspitzen zu schlagen“. Eine weitere Station
ist das Café Hawelka, das Schindel, der Unterschiedliches studiert
hat, als seine „wirkliche Universität“ bezeichnete.
Wie eng Literatur und Leben zusammenwirken, wie wenig das eine vom
anderen zu trennen ist und wie sehr zugleich doch das eine vom
anderen unterschieden werden muss, das versucht der Film zu zeigen.
Dass Angst und Schreiben in Robert Schindels Fall eng miteinander
verwoben sind, hebt der Autor immer wieder hervor, so wie in seinem
1992 erschienenen ersten Roman „Gebürtig“. Ohne die Angst, die mit
dem „großen Judenschmerz“ (Heinrich Heine) unauflösbar zusammenhängt,
wäre Schindel wohl kein Schriftsteller geworden. Dass er einer
geworden ist, ist ein Glück für die deutschsprachige Literatur – von
diesem Glück, das in einem großen Unglück wurzelt, erzählt die
Dokumentation.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NRF

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel