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TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: "Von Waffen und Frieden", von Florian Weißmann, Ausgabe vom Sonntag, 16. April 2023
Was würde der brasilianische Präsident sagen, wenn sein Land angegriffen wird?
Im Ukraine-Konflikt braucht es dringend eine politische Lösung. Die Hilfe an die Ukraine einzustellen, trägt nicht dazu bei.
Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva hat bei einem Besuch in Peking gefordert, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen; diese würden „den Krieg fördern“. Das stimmt insofern, als Waffen der Ukraine ermöglichen, sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands zu wehren. Gedankenspiel: Ein übermächtiger Gegner greift Brasilien an. Wäre Lula in diesem Fall auch der Ansicht, dass die Welt dem Angegriffenen nicht helfen soll, weil das den Krieg fördert?
Allerdings tragen westliche Waffen nur dazu bei, dass die Ukraine weiter existiert und vielleicht ihre Verhandlungsposition verbessert. Sie werden den Konflikt nicht beenden. Und die Aussicht auf einen langen Zermürbungskrieg ist eine furchtbare. Es braucht dringend eine politische Lösung – je früher, desto besser. Lula hat Recht, wenn er zugleich fordert, dass über Frieden gesprochen wird.
Bisher fehlt dafür eine entscheidende Voraussetzung: die Bereitschaft in Moskau, von Kriegszielen abzurücken und den Angriff einzustellen. Der Westen versucht, Russland auch mit nicht militärischen Mitteln dazu zu drängen, nämlich den Sanktionen. Doch Staaten wie China und Indien – und auch Lulas Brasilien – haben sich nicht angeschlossen. Sie profitieren sogar davon, dass Russland sie jetzt noch dringender benötigt.
Unter diesen Umständen bleibt offen, wie der Einstieg in eine politische Lösung gelingen soll. China könnte durch seinen Einfluss auf Russland eine Schlüsselrolle spielen, weshalb auch die Europäer dort verstärkt vorsprechen. Lula regte sogar einen „Friedensclub“ mit China an. Aber ohne ernsthafte Bemühungen bleibt vom Club nur eine anti-westliche Selbstinszenierung. Die Forderung, dem Angegriffenen den Nachschub zu entziehen und damit dem Angreifer einen Vorteil zu verschaffen, dürfte den Frieden kaum näher bringen.
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