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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel", vom 22. April 2022, von Michael Sprenger:"Putins Welt"

Innsbruck (OTS) - Der russische Präsident ist alles, nur kein Staatsmann. Sein Handeln, Denken und Tun trägt Attribute eines Faschisten. Eines Faschisten, der den Westen lange Jahre verachtet hatte und jetzt gegen ihn Krieg führt.

Wladimir Putin war nie ein Demokrat, er verachtete die Demokratie. Der russische Präsident war nie ein Staatsmann. Denn wie lange sein Angriffskrieg auch andauern wird: Er trägt nicht nur für die Zerstörung der Ukraine die Verantwortung, er beraubt Russland auf Jahre einer guten Zukunft. Putin kann sich entscheiden: Entweder er liefert sich China aus oder er schottet sich ab. Nordkorea 2.0.
Der frühere Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB wurde mit den Jahren an der Macht immer mehr zum Despoten. Ob Wladimir Wladimirowitsch Putin schon als Ministerpräsident von Boris Jelzin einen klaren Plan verfolgt hatte, ist einerlei. Entscheidend ist das Ergebnis seiner bisherigen Politik. Putin sah jedenfalls im westlichen Modell nie ein Vorbild für sein Handeln, er verspottete den Westen zusehends, sieht im Lebensentwurf in den Ländern der Europäischen Union und den USA die Ausgeburt der Dekadenz.
Es gehört zu den Dramen einer Heerschar von Politikern des Westens, die seine Absichten nicht erkennen wollten. Schließlich konnte man gute Geschäfte machen mit Russland. Im Nachhinein mag man klüger sein, doch hätte man vieles im Vorhinein nicht erkennen können? Putin unterstützte rechtsextreme Parteien in der EU, überflutete den Westen mit Desinformation und setzte auf Cyberangriffe, um Wahlen zu beeinflussen. Der Einsatz der russischen Luftwaffe in Syrien sollte nicht zuletzt die Flüchtlingskrise in Europa verschärfen, der Angriff auf Georgien und die Annexion der Krim offenbarten seine imperialistischen Absichten. Der Tschetschenien-Konflikt legte Zeugnis ab von die Brutalität seiner Kriegsführung.
Will man bei Putin eine Ideologie ausmachen, dann basiert diese auf einem verordneten völkischen Nationalismus, dem Fehlen von Opposition und kritischen Medien, militärischer Indoktrinierung, Arbeitslagern und Mord an politischen Gegnern. Diese Attribute sind nicht nur eindeutig faschistisch zu nennen, Putin ist auch ein Faschist.
Putin ist kein Wiedergänger von Adolf Hitler, aber sein Weltbild hat viel gemein mit Benito Mussolini. Die faschistische Gedankenwelt von Putins Haus-und-Hof-Philosoph Iwan Iljin geht auf in dem neuen Nationalismus des Kremls – und erfährt von der orthodoxen Kirchenführung breite Unterstützung.
Putins Krieg gegen die Ukraine ist auch ein Krieg gegen die westliche Welt. Eine Welt, der ein auf Wachstum ausgerichtetes System bis zum 24. Februar wichtiger war als die Verteidigung der liberalen Demokratie.

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