Leitartikel "Klotzen, nicht kleckern" vom 20. April 2022 von Manfred Mitterwachauer
Innsbruck (OTS) - Mit der Novelle zum Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz will Schwarz-Grün in Tirol jetzt zum Endspurt in Sachen „Ganzjährig und ganztägig“ ansetzen. Das Ziel ist noch weit. Der Tempomacher ist und bleibt das liebe Geld.
Von Manfred Mitterwachauer
Das Land Tirol und die Kommunen haben letztlich den Schulterschluss geschafft. Das neue Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz (TKKG) ist auf Schiene. Den Weg geebnet hat – wie könnte es auch anders sein – das liebe Geld.
Tirol solle sich zum „familienfreundlichsten Bundesland“ mausern. Ein Ziel, das LH Günther Platter (VP) seit 2008 verfolgt. Mit den ersten absolvierten Kilometern dieses Marathons in der Elementarbildung braucht man sich im Österreichvergleich nicht zu verstecken. Seit das TKKG 2010 in Kraft trat, wurden rund 8000 zusätzliche Plätze in elementarpädagogischen Einrichtungen neu geschaffen. Das Angebot wurde um 37 Kindergärten, 127 Kinderkrippen und 44 Horte ausgebaut. Die Öffnungszeiten erfuhren einen Erweiterungs-Schub, blieben aber die „Achilles-Ferse“ (LR Beate Palfrader).
Die Zielfahne haben Platter und seine schwarz-grüne Koalition freilich bis dato noch nicht gesehen. Noch immer schrammt Tirol bei der Betreuungsquote der unter Dreijährigen (2008: 14,6 %; 2022: 27,7 %) am Barcelona-Ziel (33 %) klar vorbei. Und obwohl in den Semesterferien 2021/22 jeder zweite Kindergarten (in den Sommerferien sogar nur jeder vierte) geöffnet hat, kann auch der Verweis auf die beschämenden Quoten vor zehn Jahren nicht wirklich zufriedenstellend sein.
Nun steht (nach 2016) die bereits zweite Novelle des TKKG am Start. Die Regierung will damit zum Endspurt in Sachen „Ganzjährig und ganztägig“ ansetzen. Noch offene Betreuungslücken sollen geschlossen werden. Weil die Rechnung aus Landessicht eine einfache ist: mehr Geld, mehr Personal, mehr Betreuung. Über 18 Mio. € jährlich gibt es mehr an Personalkostenförderung. Eine Rechnung, die aufgehen kann, aber nicht muss. Gegen den auch von der Wirtschaft geforderten Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr – Stichwort: Vereinbarkeit von Beruf und Familie – stemmen sich Land wie Gemeindeverband mit Verweis auf abschlägige Studien. Stattdessen wird auf den gesetzlich bereits verankerten „Versorgungsauftrag“ der Gemeinden verwiesen. Was Eltern im Ernstfall freilich kaum von ihrer Bittsteller-Rolle befreien kann. Bedarfserhebung hin oder her.
Ausständig ist die Neuregelung der heuer auslaufenden 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik zwischen Bund und Ländern. Es geht um eine deutliche Aufstockung der zuletzt 142,5 Mio. € Zweckzuschuss vom Bund. Gleich drei Ministerien verhandeln mit den Ländervertretern (Vorarlberg, Wien, NÖ). Tirol ist nicht dabei. Heute sollen erstmals innerkoalitionäre Verhandlungen im Bund anstehen. Zur Pandemiebekämpfung wurde geklotzt. Wieso bei der Elementarbildung kleckern?
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