Amnesty International fordert Ende der Haft für europäische Gefangene im Iran, darunter zwei Österreicher
Gestern zumindest zwei Brit*innen vom iranischen Regime freigelassen
Wien / London (OTS) - Nazanin Zaghari-Ratcliffe und Anoosheh Ashoori sind gestern aus der iranischen Haft entlassen worden. Ihre Freilassung erfolgte nach jahrelangen intensiven diplomatischen Verhandlungen zwischen London und Teheran.
Sie wurden beide unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit inhaftiert, eine im Iran übliche Taktik, und befanden sich aufgrund der katastrophalen Haftbedingungen im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran in einem äußerst schlechten gesundheitlichen Zustand.
Nach wie vor unter ähnlichen Bedingungen inhaftiert sind neben weiteren europäischen Staatsbürger*innen die beiden Österreicher Dr. Kamran Ghaderi und Dr. Massud Mossaheb.
Amnesty International fordert von den iranischen Behörden die Aufhebung der Verurteilungen und die unverzügliche Freilassung von Dr. Kamran Ghaderi und Dr. Massud Mossaheb.
Bis zu ihrer Freilassung fordern wir von den iranischen Behörden eine adäquate medizinische Versorgung von Dr. Ghaderi und Dr. Mossaheb. Ebenso fordern wir, dass der Kontakt mit ihren Familien, ihrem Rechtsbeistand sowie die konsularische Unterstützung der österreichischen Behörden sichergestellt ist.
Amnesty International appelliert mit Nachdruck an die internationale Staatengemeinschaft, darunter auch Österreich, sich für die Freilassung von zu Unrecht inhaftierten europäischen Staatsbürger*innen einzusetzen.
Es ist notwendig, dass Staaten deren Staatsbürger*innen zu Unrecht im Iran inhaftiert sind, eine gemeinsame Strategie entwickeln und den internationalen Druck auf die iranischen Behörden zu erhöhen, damit diese Menschen unverzüglich wieder in Freiheit leben können.
Bei den weiteren nach wie vor zu Unrecht inhaftierten europäischen Staatsbürger*innen handelt es sich unter anderem um die beiden deutschen Staatsbürger*innen Jamshid Sharmahd und Nahid Taghavi und den schwedischen Staatsbürger Ahmadreza Djalali.
Iranisches Regime benutzt europäische Gefangene als politische Schachfiguren
"Die Freilassung ist eine lang ersehnte Nachricht, sie kommt keinen Moment zu früh“, sagte Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
"Nazanin und Anoosheh hätten gar nicht erst inhaftiert werden dürfen. Sie wurden zweifellos von den iranischen Behörden als politische Schachfiguren benutzt. Die iranischen Behörden haben mit kalkulierter Grausamkeit gehandelt und versucht, aus ihrer Gefangenschaft den größtmöglichen diplomatischen Nutzen zu ziehen“, fügte sie hinzu.
"Es ist seit Jahren klar, dass die iranischen Behörden ausländische Staatsangehörige mit fadenscheinigen Anschuldigungen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit ins Visier nehmen, um diplomatischen Druck auszuüben. Es ist jetzt wichtiger denn je, dass Europa gemeinsam gegen diese heimtückische Praxis vorgeht."
Zwei betroffene Österreicher: Äußerst schlechter Gesundheitszustand
Kamran Ghaderi verbüßt seit einem grob unfairen Verfahren im August 2016 eine zehnjährige Gefängnisstrafe im Iran. Der Schuldspruch erfolgte aufgrund von erzwungenen „Geständnissen“, die mittels Drohungen und verlängerter Einzelhaft zustande kamen. Der österreichisch-iranische Geschäftsmann wurde der „Zusammenarbeit mit feindlichen Staaten gegen die islamische Republik“ für schuldig befunden, wobei die Anklage sehr weit gefasst und vage war und dadurch dem Legalitätsprinzip widersprach. Seit der Festnahme des 58-Jährigen im Januar 2016 hat sich sein Gesundheitszustand sehr verschlechtert. Er hat einen Tumor im linken Bein, für dessen Behandlung er regelmäßig medizinische Versorgung benötigt. Außerdem befürchtet seine Familie, dass er sich im Winter 2020 mit COVID-19 angesteckt hat, nachdem er wochenlang Symptome zeigte und seinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren hatte.
Massud Mossaheb ist seit über drei Jahren im Teheraner Gefängnis Evin inhaftiert. Dem 75-jährigen Generalsekretär der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft werden vage formulierte Straftaten gegen die iranische „Staatssicherheit“ vorgeworfen und er wurde aufgrund eines – unter Folter zustande gekommenen – Geständnisses zu zehn Jahren Haft verurteilt. Im Dezember 2020 steckte er sich im Gefängnis mit COVID-19 an, doch trotz der Anordnung, 14 Tage in Isolation auf der Krankenstation zu verbringen, wurde er bereits drei Tage später in seine Zelle zurückgebracht. Sein Gesundheitszustand war damals in einem äußerst kritischen Zustand und die Familie bangte um sein Leben. Massud Mossaheb hat die akute Infektion zwar mittlerweile überstanden, aber er leidet seither an Asthma - zusätzlich zu seinen Vorerkrankungen wie u.a. Herzinsuffizienz und Diabetes.
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