„Gemeinsam Lösungen suchen, damit Arbeitslosigkeit vor Armut schützt“
Acht Keyfindings aus der AK Diskussion im Rahmen der „Aktion: Armut abschaffen“ zum Thema „Arbeitslosigkeit: Armut ist nicht zumutbar“
Wien (OTS) - Wo kann, wo muss eine Reform der Arbeitslosenversicherung ansetzen? Die Keyfindings aus der Diskussion im Rahmen der „Aktion: Armut Abschaffen“, an der neben AK Expertin Silvia Hofbauer, Wifo Experte Helmut Mahringer, Gudrun Höfner, Prokuristin von It-works, einem gemeinnützigen Träger im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik und die Journalistin Verena Kainrath teilnahmen:
+ Das Arbeitslosengeld in der derzeitigen Form führt zu Armut. 82 Prozent der Arbeitslosen kommen mit dem Einkommen gerade noch aus, bei Langzeitarbeitslosen sind es 94 Prozent, zeigt der Arbeitsklimaindex. Das heißt, dass normale Ausgaben wie Miete schon ein Problem darstellen. Kommen Extra-Ausgaben dazu – von einer kaputten Waschmaschine bis hin zu einer Schulveranstaltung – führt das in den betroffenen Familien zu dramatischen Situationen. Daher fordert die AK neben der Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70 Prozent, dass der Familienzuschlag, der nur 97 Cent täglich beträgt und seit Jänner 2001 (!) nicht mehr angepasst wurde, erhöht wird.
+ Derzeit ist die Arbeitslosenversicherung in einigen Punkten ungerecht gestaltet. Für Unternehmen ist es beispielsweise einfach, bei Auftragsschwankungen MitarbeiterInnen, für die kurzfristig kein Bedarf besteht, beim AMS zu „parken“. Wenn jemand hingegen selbst kündigt, bekommt er oder sie in den ersten Wochen keine Leistungen aus der Versicherung. Hier gilt es, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.
+ Ein besserer Vermittlungsprozess braucht mehr Beschäftigte fürs AMS. Studien und ein Feldversuch des Wifo zeigen, dass mehr Personal bessere Betreuung und die schnellere Wiederaufnahme von Arbeit bedeuten.
+ Die größte Gefahr ist, dass sich Arbeitslosigkeit verfestigt. Die meisten Menschen finden schnell eine Stelle, aber in Zeiten großer Arbeitslosigkeit sind es vor allem Menschen mit ungünstigeren Chancen (etwa Ältere oder mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen) die keine Möglichkeit mehr bekommen. Für diese Gruppe wären spezielle Unterstützungen – etwa eine Jobgarantie – hilfreich.
+ Hoher Druck auf Arbeitssuchende führt dazu, dass Arbeitssuchende jede Stelle annehmen, egal, ob sie ihrer Qualifikation und dem früheren Lohnniveau entspricht. Dies könnte dazu führen, dass der Niedriglohnsektor massiv wächst – während auf der anderen Seite Fachkräfte fehlen. Diese Entwicklung wäre für den Wirtschaftsstandort schädlich. Daher braucht es eine Weiterentwicklung der Zumutbarkeitsbestimmungen, damit Kompetenzen und Lohnniveau erhalten werden.
+ Geringfügige Beschäftigung kann für Arbeitslose eine Brücke in einen neuen Job sein, wichtig ist, zu versuchen, aus geringfügiger Beschäftigung rasch vollversicherungspflichtige Beschäftigung zu machen. Unternehmen, die viele geringfügig Beschäftigte haben, gehören zudem besser kontrolliert.
+ Wenn ein degressives Arbeitslosengeldmodell überlegt wird, das versucht, mit einer schrittweisen Senkung der Unterstützung Anreize zu bieten, um Jobs anzunehmen, dann muss auch bedacht werden, dass die meisten Menschen, die arbeitslos werden, ohnehin relativ rasch einen Job finden. Ein degressives Arbeitslosengeldmodell würde daher jene unterstützen, die rasch einen Job finden, aber Langzeitarbeitslose verstärkt in Armut drängen. Der mit einem degressiven Arbeitslosengeld verbundene steigende finanzielle Druck auf Arbeitslose bringt nicht mehr Arbeitsaufnahmen. Mehr Arbeitsaufnahmen bringt eine enge und gute Betreuung bei der Jobsuche durch das AMS, das dafür mehr Personal braucht.
+ Wichtig ist es, evidenzbasiert gemeinsam Lösungen zu suchen, damit Arbeitslosigkeit vor Armut schützt, der Wiedereinstieg gut gestaltet wird und Chancen bietet. Das österreichische Arbeitsmarktsystem ist nicht völlig unerfolgreich, wenn man es im internationalen Vergleich ansieht, man muss nicht alles neu machen. Was besonders wirksam ist, ist die Beratung und Vermittlung durch das AMS zu verstärken. Es gibt kein Patentrezept, daher macht auch eine Einzelmaßnahme keinen Sinn, man muss immer das Zusammenwirken berücksichtigen.
Die Diskussion kann nachgesehen werden - unter www.arbeiterkammer.at/AktionArmutAbschaffen
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