TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: "Mehr Gegenwind für die Regierung", von Alois Vahrner, Ausgabe vom Sonntag, 22. November 2020
Nach dem Höhenflug im Frühjahr hat sich die Reiseflughöhe der türkis-grünen Koalition deutlich vermindert.
Innsbruck (OTS) - Zehn Monate ist sie nun im Amt, davon den Großteil im Corona-Ausnahmemodus: Die türkis-grüne Koalition hat mit zunehmend mehr Widerstand zu kämpfen.
Als das „Beste aus beiden Welten“ hatten ÖVP und Grüne ihre vorher für viele fast denkunmöglich scheinende Polit-Ehe selbst angepriesen. Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen schützen, wie auch die innere Sicherheit: Diesen Spagat wollten die ungleichen Partner trotz großer inhaltlicher Differenzen hinkriegen.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie dominierte ab März ohnehin alles. Die Koalition agierte entschlossen und weitgehend einig, die Bevölkerung trug den harten Kurs mit sehr großer Mehrheit mit. In Umfragen gab es lichte Höhenflüge: Die ÖVP näherte sich gar Werten Richtung 50 Prozent, Bundeskanzler Sebastian Kurz und bei den Grünen zuvorderst Gesundheitsminister Rudolf Anschober verbuchten Sensationswerte.
Die Pandemie baute sich nach dem Sommer langsam zu einer zweiten, noch größeren Welle auf, gleichzeitig stieg der Widerstand gegen nötig gewordene neue Corona-Einschnitte. Und auch die Zahl der Regierungs-Fehler und -Pannen, vor allem bei manchen Corona-Regeln, wuchs. In Umfragen ist die Koalition zwar noch immer ungefährdet, die Reiseflughöhe hat sich aber deutlich vermindert. Das zeigte sich auch im neuen Vertrauens-Index, bei dem nahezu alle türkis-grünen Regierungsmitglieder mehr oder minder an Boden einbüßten – am meisten Kanzler Kurz, Anschober und Bildungsminister Heinz Faßmann. Glück für die Koalitionäre: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist weit abgeschlagen, tief im Vertrauens-Minus sind die FPÖ-Spitzen Norbert Hofer und Herbert Kickl. Einzig NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger legt deutlich zu. Wie es mit Türkis-Grün weitergeht, wird sich 2021 zeigen, wenn Corona mit der Impfung hoffentlich abebbt und es an die Bewältigung der massiven Krisenfolgen geht.
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