Zum Inhalt springen

Leitartikel "Nicht nur Spesen sind’s gewesen" vom 25.9.2019 von Karin Leitner

Innsbruck (OTS) - Schon das Ibiza-Video hat gezeigt, dass Anspruch und Wirklichkeit bei den Freiheitlichen zuweilen nicht konform gehen. Nun hat sich ein weiteres Unsittenbild aus den blauen Reihen offenbart.

Von Karin Leitner
Freizügigen Umgang mit der Spesenkassa – das warf Heinz-Christian Strache einst hochrangigen Parteifreunden vor. „In der Vergangenheit sind viele arme Männer in eine reiche Partei gekommen – und haben als reiche Männer eine arme Partei zurückgelassen“, befand er 2005, als er die FPÖ übernahm.
„Unser Geld für unsere Leut’“ war hernach sein Credo. Wie weiland Jörg Haider gerierte er sich als Robin Hood, als Kämpfer für „die Kleinen“ im Lande, deren finanzielle Not er lindern wolle. Viele Bürger beklatschten diese Ansage. Sie nahmen Strache ab, dass das nicht bloß Rhetorik eines Stimmenfängers ist.
Nun scheint es, als hätte Strache besonders auch sein Einkommen im Sinn gehabt. Systematische Veruntreuung von Parteigeld wird ihm vorgehalten. Der Ex-Vizekanzler soll private Kosten über die FPÖ abgerechnet haben. Trotz hohen Politiker-Salärs und eines Spesenkontos, das ihm die Wiener FPÖ gewährt hat – und das mit monatlich 10.000 Euro dotiert gewesen ist. Die Partei prüft Straches Spesen-Handhabe der vergangenen fünf Jahre, die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt.
Strache reagiert auf die Vorwürfe so, wie es Blaue in solchen Fällen oft tun – und wie er es kurz nach dem Mea-culpa-Rücktritt wegen des Ibiza-Videos getan hat. Die erprobte Opferrolle wird eingenommen. Eine „Schmutzkübelkampagne kurz vor der Nationalratswahl“ sei das. Außenfeinde, die gemeinhin als Eimerträger ausgemacht werden, dürften nicht zugange gewesen sein. Der Kübel kommt von einem, der ein Vertrauter Straches und bis gestern FPÖ-Bezirksrat war.
Ja, es gilt die Unschuldsvermutung. Ja, es ist wohl kein Zufall, dass diese Angelegenheit jetzt vor der Wahl publik wird. Es ist aber nicht die einzige im Umfeld Freiheitlicher, die den Eindruck verstärkt, dass Anspruch und Wirklichkeit oft nicht konform gehen. Das auf Ibiza dokumentierte Unsittenbild; ein üppiger Personalstand und üppige Überstunden zu Lasten der Steuerzahler im Kabinett des vormaligen FPÖ-Innenministers; Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit in der Casino-Affäre; Postenschacher bei der Austro Control. Eine Truppe, die stets mit dem Finger auf andere Parteien zeigt, die stets Filz und Machenschaften bei den Polit-Konkurrenten ortet, darf selbst nicht einmal in den Geruch kommen, nicht sauber zu sein. Die FPÖ wertet politische Gegner seit jeher als „Systemparteien“ ab. Dabei haben Skandale in den eigenen Reihen längst System.

Rückfragen & Kontakt:

Tiroler Tageszeitung
0512 5354 5101
chefredaktion@tt.com

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS | PTT0001