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TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: "Bundesrat endlich abschaffen", von Peter Nindler
Ausgabe vom 28. März 2018
Utl.: Ausgabe vom 28. März 2018 =
Innsbruck (OTS) - Die Versorgungsposten-Demokratie degradiert die
Länderkammer zum politischen Wurmfortsatz in Österreich. Weil die
Landeshauptleute gern Förderalismus mit Föderalismus verwechseln,
sind sie auch keine Reformer, sondern System-Betonierer.
Nur weil Österreich den föderalen Staatsgedanken wie einen
Bauchladen vor sich herträgt, schleppt die Republik den Bundesrat
mit. Das Zweikammernsystem mit National- und Bundesrat hat jedoch
einen Haken: Es ist schlichtweg unecht; nicht nur wegen der zahnlosen
Kompetenzen im Vergleich zum Nationalrat. Das Vetorecht gegen
Gesetzesbeschlüsse im Parlament kann akzentuiert als aufschiebender
Protest bezeichnet werden. Außerdem vertritt die Länderkammer nicht
die Interessen der Länder, sondern den Willen der Parteien.
Schließlich bilden ihre 61 Mitglieder gemeinsam mit den 183
Nationalräten die einzelnen Parlamentsklubs.
Die Besetzungen wie jetzt durch die Tiroler ÖVP, die SPÖ und die
FPÖ sprechen jedenfalls Bände über die inhaltlichen Kompetenzen. Nach
föderalen Gesichtspunkten wurde kein Bundesrat ausgewählt, um
vielleicht ein Gegengewicht zu zentralistischen Tendenzen auf
Bundesebene zu sein. Bündischer Ausgleich bei der ÖVP, ein regionaler
bei der SPÖ und schlichtweg ein Trostpflaster für den gescheiterten
FPÖ-Landtagskandidaten bestimmten die Auswahlkriterien. Mit dem
Versorgungsköfferchen in der Hand und dem Tirolerhut auf dem Kopf
dürfen die fünf Bundesräte künftig nach Wien tingeln. Tirol tickt
hier nicht anders als Salzburg oder Kärnten.
Die Abschaffung des Pflegeregresses hat mit zeitlicher Verzögerung
das Jammer-Gen der Landeshauptleute aktiviert. Weil sie Geld kostet,
das die Länder nicht haben. Also Protest. Wenn der Staat anschafft,
soll er zahlen, dramatisiert seit Monaten Tirols LH Günther Platter
(VP). Mit einer funktionierenden Länderkammer, in der wirkliche
Ländervertreter, vielleicht auch Regierungsmitglieder und die
Landeshauptleute sitzen, die an einem Beschluss ihrer Landtage
gebunden sind, hätte das teure Wahlzuckerl vor der Nationalratswahl
blockiert werden können. Doch die Landeschefs springen eher auf
Förderalismus, also Geld vom Staat, an als auf echte
Eigenverantwortung gegenüber dem Bund. Wäre nämlich das der Fall,
stünde die Bundesstaatsreform schon längst als Leuchtturmprojekt in
den politischen Geschichtsbüchern. So verstaubt sie langsam und setzt
Schimmel an wie der Verfassungskonvent 2005.
Gegen die Perspektivenlosigkeit, den mangelnden politischen Mut
der Länderchefs, die mit ihrem Reformeifer eher das System
einbetonieren, und die parteipolitisch motivierten
Versorgungsverfahren für die Länderkammer kann nur eines Abhilfe
schaffen: die ersatzlose Abschaffung des Bundesrats.
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