- 28.12.2017, 22:00:16
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TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" Freitag, 29. Dezember 2017, von Michael Sprenger: "Es grünt nicht mehr so grün"
Innsbruck (OTS) - 2017 war für die Öko-Partei ein Jahr der
Niederlagen. Gelingt es ihr, sich bei den kommenden Landtagswahlen zu
stabilisieren, ist ein Comeback auf Bundesebene vorstellbar. Doch die
Aussichten sind düster.
Mehr als 30 Jahre gehörten die Grünen zum bestimmenden Bild der
Innenpolitik. Damals, 1986, sorgten sie für frischen Wind, sahen sich
als Avantgarde im parlamentarischen Betrieb. Mit den Jahren
etablierten sie sich als wichtige Oppositionspartei. Zweimal waren
sie nahe dran, Regierungsverantwortung zu übernehmen. 2002
scheiterten sie an ihren Grundsätzen – und an den Machtspielen von
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der letzten Endes lieber mit der
massiv dezimierten FPÖ weiterkoalieren wollte. Vier Jahre später
fehlte ihnen der Mut, mit der SPÖ eine Minderheitsregierung zu
bilden.
Und jetzt soll alles vorbei sein? Der Schock nach dem Wahldebakel
vom 15. Oktober sitzt noch tief. Der Absturz am Wahltag war
vorhersehbar, weil selbstverschuldet. Dass die Grünen jedoch an der
Hürde für den Wiedereinzug scheiterten, sorgte dann doch für eine
große Überraschung. Die Gründe für das Fiasko sind vielschichtig.
Dass die Grünen fehlen, ist bereits evident. Nutznießerin davon ist
die neue Bundesregierung.
Für die gescheiterte Öko-Partei ist dies nicht einmal als
schlechter Trost geeignet. Denn was Ingrid Felipe, Ulrike Lunacek und
Co. im Vorfeld der Nationalratswahl nicht wahrhaben wollten, ist
jetzt klar sichtbar: Es geht im kommenden Jahr um das politische
Überleben.
Die anstehenden Landtagswahlen sind schicksalhafte. Die
Ausgangsposition ist ernüchternd. Das wissen auch die Grünen: Weder
in Niederösterreich noch in Tirol, Kärnten und Salzburg ist mit
Zugewinnen zu rechnen. Es geht vielmehr darum, einen Absturz zu
vermeiden. In Niederösterreich ist dabei die Fallhöhe noch am
geringsten. Dort ist ein Wähleranteil von acht Prozent zu
verteidigen. In Tirol, Kärnten und Salzburg droht hingegen der
Rauswurf aus der jeweiligen Landesregierung – in Kärnten, wo sich die
Grünen zuletzt auch in internen Streitigkeiten kräftig übten, sogar
der Abschied aus dem Landtag.
Sollte dieser Fall eintreten, wäre dann selbst ein blauer
Landeshauptmann nicht mehr auszuschließen. Für die Grünen ein
regelrechter GAU, wenn jene Partei, die für die Aufklärung des
milliardenschweren Hypo-Skandals sorgte, aus dem Landtag fliegt und
Jörg Haiders politische Erben dort die Macht wieder übernehmen.
Mag sein, dass mancherorts ein grünes Desaster Freude auslöst, für
die politische Kultur im Lande wäre es zum Weinen.
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