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29. Wiener Gemeinderat (17)

Spezialdebatte: Soziales, Gesundheit und Frauen

Wien (OTS/RK) - GRin Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) bezeichnete es als „schade“, dass die Vorschläge ihrer Fraktion nicht in die neue Wiener Mindestsicherung (WMS) eingeflossen seien. Die NEOS seien gegen eine Kürzung oder Nivellierung der Sozialhilfe nach unten; es brauche aber eine nachhaltige, einheitliche Lösung auf Bundesebene und einen „pragmatischen Zugang“: Emmerling forderte eine bessere Datenerfassung und mehr Sach- statt Geldleistungen, damit die Mindestsicherung treffsicherer und nachhaltiger werde. Auch müsse es eine dreimonatige Wartezeit auf den Bezug von Sozialhilfe geben. Die WMS müsse Sprungbrett sein, insbesondere für Kinder mit sozialer Benachteiligung – das sei etwa durch Bildungsschecks machbar. Zu diesen Forderungen brachte sie drei Anträge ein. Emmerling bezweifelte, dass das Sozialbudget insgesamt halten werde: Die Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses seien zum Beispiel noch nicht einkalkuliert; auch wisse die Stadt noch nicht, welche Kosten diesbezüglich auf sie zukomme.

GRin Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) sagte: Die Novelle der WMS sei ein Zeichen der „Änderungsbereitschaft“ von Rot-Grün. Diese Änderungen gingen ihr aber nicht weit genug. Die Kosten für die Mindestsicherung, ehemals Sozialgeld, seien seit dem Jahr 2010 „rasant gestiegen“. Hungerländer wollte das an der Formel „20-60-80“ festmachen: 20 Prozent der Bevölkerung Österreichs lebten in Wien; 60 Prozent der österreichweiten MindestsicherungsbezieherInnen entfielen auf Wien; die Zahl der Wiener MindestsicherungsbezieherInnen sei seit dem Eintritt der Grünen in die Stadtregierung um 80 Prozent gestiegen. „Das ist keine nachhaltige Sozialpolitik.“ Ihre Forderungen: Erst müsse jemand ins Sozialsystem einzahlen, bevor er Leistungen daraus erhalte; dazu brauche es Anreize zum Wiedereinstieg in den Beruf sowie die Verpflichtung zu gemeinnützigen Tätigkeiten. Man müsse jenen helfen, die Hilfe brauchen – die WMS als „Füllhorn“ zu verstehen, schade aber den „wirklich Bedürftigen“.

GRin Birgit Hebein (Grüne) begann: „Wer die Gleichheit aller Menschen in Frage stellt, riskiert – vorsichtig formuliert – den sozialen Frieden.“ Die Sucht- und Drogenhilfe sei ein heikles und emotional sehr aufgeladenes Thema, das die Opposition im Boulevard leider immer wieder hochspiele. Gerade bei der Unterstützung für Alkoholsüchtige unternehme die Stadt „enorm viel“, etwa durch dezentrale und niederschwellige Kompetenzzentren. Auch habe Wien einen Städtevergleich zum Thema Alkohol im öffentlichen Raum angestellt: Der habe ergeben, dass ein Alkoholverbot nur zu Verdrängung und noch mehr Problemen führe. Dann ging Hebein auf die WMS ein. Die Opposition, besonders die NEOS, agierten hier widersprüchlich: Die NEOS seien immer für das Schaffen von Bildungsanreizen gewesen, nun lehnten sie die vorliegende WMS-Novelle ab - obwohl diese mit dem Fokus auf Ausbildung, Jobs und den Beschäftigungsbonus genau in diese Richtung konzipiert sei. Der FPÖ unterstellte sie „Verbalradikalisierung“, wenn diese von „Dahergelaufenen“ spreche und die Ärmsten unserer Gesellschaft zu Sündenböcken stemple.

GR Dr. Günter Koderhold (FPÖ) ortete das größte Problem im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) bei dessen „Beratern, die vom KAV seit Jahren treu gehalten werden“. Dabei lieferten diese BeraterInnen „seit Jahren dieselben Konzepte, die auf Ärztekongressen in der Luft zerrissen werden“. Der KAV werde die Gangbettenproblematik nicht lösen können, solange er aus strategischer Sicht eine hohe Bettenauslastung anpeile, gleichzeitig aber die Zahl der Akutbetten verringern wolle und die Mittel für die Übergangspflege im Entlassungsmanagement nicht aufstocke. Außerdem brauche es dringend eine Strategie, um die Säuglingssterblichkeit zu verringern. Wien liege hier im Bundesländervergleich an letzter Stelle. Ebenso fehlte es ihm an Konzepten, wie die KAV-Spitäler in der Unfallchirurgie die 17 anderen Krankenanstalten in Wien in der strategischen Planung mitdenken könne, etwa die AUVA-Unfallkrankenhäuser oder das Hanusch-Spital. Weil bereits ein Drittel der ärztlichen Arbeitszeit auf die Bürokratie entfalle, brauche es bei der Ausbildung medizinischer Assistenzberufe ein Forcieren des „Kodierassistenten“, welcher die ÄrztInnen bei der Dokumentationspflicht entlastet.

GRin Gabriele Mörk (SPÖ) sagte: Dass die Stadt Wien „1,8 Milliarden für dieses Ressort ausgibt, zeugt von der sozialen Verantwortung der Stadtregierung“. Rot-Grün sage klar „Nein zu einer Kürzung oder Deckelung“ der WMS; Wien lasse niemanden im Stich, der Hilfe braucht, und gehe einen bewusst anderen Weg als Schwarz-Blau auf Bundesebene. Chancen auf Bildung und „gute Arbeit“ hätten auch mit Verteilungsgerechtigkeit zu tun. Sie brachte einen Antrag ein, der den Bund aufforderte, Schlupflöcher für die Steuerflucht zu schließen. Abschließend zählte sie die „herausragenden Leistungen“ der Abteilungen und Organisationen im vorliegenden Ressort auf: etwa die MA 40, den FSW und seine 180 Partnerorganisationen, die Frauenabteilung, die Wiener Frauenhäuser und den Frauennotruf. Persönlich freute sie sich auf das „Gedenkjahr 2018“, in dem Wien 100 Jahre Frauenwahlrecht feiern werde.

GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) machte die Gleichstellungspolitik von Rot-Grün zum Inhalt ihrer Rede. Genderpolitik sei Querschnittsmaterie, der Gender-Budgeting-Bericht weise transparent aus, was in den einzelnen Ressorts passiert. Um dieses „Tool“ zu verbessern, regte sie eine Ausweitung des Berichtes auf die Bezirke an. Wenngleich die Einkommensschere in keinem Bundesland so eng sei wie in Wien, sei der „Gender Gap“ immer noch ein großes Problem. Österreich rangiere in der EU an viertletzter Stelle. Auch habe sich die Arbeitswelt noch nicht an die Bedürfnisse von Müttern und Vätern angepasst, und es komme durch Teilzeitbeschäftigungen zu prekären Arbeitsverhältnissen und einem realen Einkommensverlust. Ein wichtiges Anliegen sei ihr die Gewaltprävention. Die „#metoo“-Bewegung sei nur die Spitze des Eisberges, sie befürchtete, „dass da noch sehr viel aufkommen wird“. Umso wichtiger seien die Unterstützung von Gewaltbetroffenen und der Opferschutz.

GR Mag. Martin Hobek (FPÖ) brachte fünf Anträge ein. Im ersten Antrag forderte er ein „Wiederbeleben der gemeinderätlichen Behindertenkommission“. Diese „wunderbare Institution“ sei nutzlos, wenn – so wie im heurigen Jahr – keine einzige Sitzung stattfinde. Im zweiten Antrag forderte er die Wiener Linien auf, auf ihrer Website jene barrierefreien Stadt- und Fahrpläne für Sehbehinderte wieder online zu stellen, die von der Seite genommen wurde. Im dritten Antrag forderte er ein Nachahmen des Tiroler Pilotprojekts „IGLU“:
die „inklusive Gehörlosenunterstützung“ sehe vor, dass Taube von ebenfalls Gehörlosen assistiert werden, was zur Inklusion beitrage. Mit dem vierten Antrag wollte er ein Aufstocken der Subvention für das „VOX-Zentrum für Schwerhörige“ von derzeit 40.000 Euro jährlich auf mindestens 60.000 Euro. Im fünften und letzten Antrag forderte er schnellere Übergangslösungen und kürzere Wartezeiten beim Beantragen eines Behinderten-Parkausweises für PKW. (Forts.) esl/lit

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