• 06.10.2016, 15:30:24
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Bundesrat: Volksanwaltschaft zeigt, wie Gesetzgebung wirkt

Außerdem Berichte von Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof sowie Kunst und Kultur als Themen der Länderkammer

Utl.: Außerdem Berichte von Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof
sowie Kunst und Kultur als Themen der Länderkammer =

Wien (PK) - Die Volksanwaltschaft (VA) stand heute im Rampenlicht des
Bundesrats. Intensiv debattierten die LändervertreterInnen anhand des
Volksanwaltschaftsberichts diverse Bürgeranliegen von baurechtlichen
Belangen und Unternehmensgründungen bis hin zu Sachwalterschaft und
menschenrechtlichen Fragen.

Weitere Programmpunkte der Länderkammersitzung waren die vorjährigen
Tätigkeitsberichte des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofs
sowie der Kunst- und Kulturbericht 2015. Vom Verfassungsgerichtshof
wurde eine eklatante Steigerung der Anträge auf Gesetzesprüfung
verzeichnet, der Verwaltungsgerichtshof rechnet mit einem deutlichen
Anstieg von Asylrechts-Verfahren. Im Kunst und Kulturbereich liegt
der Fokus auf der Förderung zeitgenössischen Schaffens. Die Berichte
von Volksanwaltschaft und Verwaltungsgerichtshof wurden einstimmig,
jene des Verfassungsgerichtshofs und des Kulturressorts mehrheitlich
zur Kenntnis genommen.

Volksanwaltschaft als wichtige Kontrollinstanz

Brinek und Fichtenbauer würdigten die Aufmerksamkeit des Bundesrats
für die Arbeit der Volksanwaltschaft, die das gesetzeskonforme
Vorgehen der Behörden überprüft. "Kein Anliegen ist uns zu klein,
keines zu groß", so Brinek, die Ombudsstelle lasse sich nicht
einschüchtern. Mit Erfolg: in Justizanstalten habe etwa das
wiederholte Drängen zu einer Personalaufstockung geführt, ein neues
Maßnahmenvollzugsgesetz sei in Ausarbeitung und die Sachwalterschaft
werde mit Billigung des Parlaments bald durch ein neues
Erwachsenenschutzgesetz ersetzt.

Angesichts der 60%-Steigerung an Individualbeschwerden ersuchte
Kräuter den Gesetzgeber um fortwährende Unterstützung und Austausch
mit den ParlamentarierInnen sowie mit den Mitgliedern aller Landtage.
Für die Bevölkerung sei wichtig, bestimmte Problemfälle auch lokal
umfassend zu diskutieren. So bestehe Tatsächlicher bei der Kinder-
und Jugendpsychiatrie in Österreich ein tatsächlicher "Notstand", dem
auf Länderebene beizukommen sei. Im Einklang mit seinem Kollegen
urgierte Fichtenbauer, drei weitere Planstellen in der
Volksanwaltschaft einzurichten, um den Bürgeranliegen entsprechend
nachkommen zu können. Konkrete Verbesserungen verlangte er von der
Legislative für die Situation chronisch kranker Schulkinder.

Für die Regierungsfraktionen machten Daniela Gruber-Pruner (S/W),
Rene Pfister (S/N), Martin Weber (S/St), Ferdinand Tiefnig (V/O) und
Sonja Ledl-Rossmann (V/T) klar, die Arbeit der Volksanwaltschaft
zeige auf, wie die Gesetzgebung bei der Bevölkerung ankommt und wo
Missstände in den Strukturen bestehen. Menschenrechte, aktuell im
Zusammenhang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, nannte
Tiefnig als Beispiel. Die regelmäßige Überprüfung von Institutionen
und deren Machtstrukturen bzw. Praktiken - beispielsweise
freiheitsentziehende Maßnahmen in Psychiatrien - liegt Gruber-Pruner
besonders am Herzen, wie sie mit Verweis auf die präventive
Menschenrechtskontrolle durch die Volksanwaltschaft ausführte. Sonja
Ledl-Rossmann (V/T) beschrieb in diesem Zusammenhang bei VA-
Erhebungen aufgedeckte Vorfälle in Alten- und Pflegeheimen, wie
überschießende Medikation der BewohnerInnen. Fehlendes Personal und
mangelnde Ressourcen für barrierefreie Umbaumaßnahmen bildeten oft
den Ursprung solcher Missstände, weswegen konkret bei den Heimträgern
Bewusstseinsbildung nötig sei.

Ausweitung der VA-Kontrollkompetenzen bleibt Debattengegenstand

Werner Herbert (F/N) schloss sich dem Lob der Volksanwaltschaft an,
gleichzeitig mahnte er allerdings, die Zusammenarbeit der
Bundesländer mit der Ombudsstelle zu verbessern. Da sich eine weitere
20%-Steigerung von VA-Prüfverfahren abzeichne, sieht der
Freiheitliche die "Decke des finanziell Leistbaren" erreicht, zumal
auch die Kontrolle ausgegliederter Körperschaften geboten sei. Die
Notwendigkeit einer objektiven Beurteilung des politischen Handelns
durch die Volksanwaltschaft betonte Ewa Dziedzic (G/W) einmal mehr,
gerade zum Schutz der Menschenrechte. Der VA-Sonderbericht zum
Schubhaftzentrum Vordernberg ist für die Grünen-Bundesrätin ein Beleg
für die Bedeutung einer parteiunabhängigen Kontrolle.

Ihren Ausgangspunkt nahm die Debatte im vorjährigen Tätigkeitsbericht
der Ombudsstelle (III-235-NR, III-588-BR), den Bundesrat Weber
vorstellte. Für 2015 weist die Volksanwaltschaft (VA) im Gegensatz zu
den Vorjahren einen Beschwerderückgang auf. Mit insgesamt 17.231
Beschwerden über die öffentliche Verwaltung gab es um 2.417 weniger
Beanstandungen als im Jahr davor. Die ersten Plätze im
Beschwerdeaufkommen nehmen aber weiterhin die Bereiche Inneres
(28,16%), Soziales (28,01%) und Justiz (14,31%) ein. In 8.181 Fällen
wurde ein formales Prüfverfahren eingeleitet, 7.850 davon schloss die
Ombudsstelle ab, wobei 1.812 Missstände zutage traten.

Im Rahmen der präventiven Menschenrechtskontrolle waren die
Kommissionen der Volksanwaltschaft 2015 insgesamt 501-mal im Einsatz.
439 der vorjährigen Besuche und Beobachtungen in öffentlichen und
privaten Einrichtungen, die als Orte der Freiheitsentziehung gelten,
erfolgten unangekündigt. Als Nationaler Präventionsmechanismus (NPM)
prüfen Kommissionen der Ombudseinrichtung, ob das Fakultativprotokoll
zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT), sowie Regelungen
der UN- Behindertenrechtskonvention eingehalten werden. Grundlage für
die Besuche und Beobachtungen in Justizanstalten,
Polizeianhaltezentren, Krankenhäusern, Jugend-, Alten- bzw.
Pflegeheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sowie von
Exekutiveinsätzen (Zwangsakte) etwa bei Demonstrationen, ist eine
verfassungsrechtliche Kompetenzerweiterung, die ab heuer auch die
Begleitung von Abschiebeflügen umfasst.

Höchstgerichte mehr beansprucht denn je

Sowohl dem Verfassungs- als auch dem Verwaltungsgerichtshof geht die
Arbeit nicht aus - im Gegenteil. Hauptgrund für die Antragssteigerung
im Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist laut Tätigkeitsbericht (III-273-
NR, III-591-BR) die Einführung der so genannten "Gesetzesbeschwerde",
die es nunmehr auch Verfahrensparteien in Gerichtsverfahren
ermöglicht, sich direkt an den Verfassungsgerichtshof wenden, wenn
sie Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer vom Gericht
anzuwendenden Rechtsvorschrift haben. Erwartet wurden ursprünglich
rund 150 zusätzliche Normenprüfungsverfahren pro Jahr, de facto hat
es 2015 aber 321 Parteianträge, davon 312 gegen Gesetze gegeben.
Gleichzeitig ist auch die Zahl der von den Gerichten selbst
gestellten Anträge deutlich gestiegen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat im vergangenen Jahr 5.393
Verfahren abgeschlossen. In 1.255 Fällen wurde der Beschwerde
stattgegeben, angefochtene Bescheide also aufgehoben bzw. abgeändert,
geht aus seinem jüngsten Tätigkeitsbericht hervor (III-302-NR, III-
599-BR). Damit konnten bereits im siebenten Jahr in Folge mehr Fälle
vom VwGH erledigt werden als neu an ihn herangetragen wurden. Auch
die durchschnittliche Verfahrensdauer entwickelte sich überaus
positiv. Besorgt sind die VwGH-RichterInnen allerdings vor drohenden
Budgetnöten. Sie rechnen vor allem mit einem deutlichen Anstieg von
Asylrechts-Verfahren, die den Aktenrückstand rasch wieder steigen
lassen könnten. Auch den VfGH beschäftigten Asylverfahren massiv,
zeigte Michael Raml (F/O) auf, dennoch sei die Verfahrensdauer mit 89
Tagen relativ kurz. Trotz dieser wertschätzenden Sicht auf den
Verfassungsgerichtshof lehne die FPÖ den VfGH-Bericht ab, erklärte
der FPÖ-Mandatar mit Verweis auf die Äußerungen des Höchstrichters
Johannes Schnizer in Verbindung mit der Bundespräsidentenwahl-
Anfechtung durch die Freiheitliche Partei. Als Konsequenzen dieser
"Causa" verlangte Raml ein Disziplinarverfahren gegen Schnizer und
einen neuen, nicht parteipolitisch bestimmten Bestellmodus der
HöchstricherInnen und fand dabei Übereinstimmung mit seinem
Fraktionskollegen Christoph Längle (F/V), der allerdings die
Zustimmung seiner Fraktion zum VwGH-Bericht zusicherte. Die
"ergänzenden Bemerkungen" des VfGH-Richters Schnizer zum Judikat zur
Stichwahlwiederholung der Bundespräsidentenwahl, führte Reinhard Todt
(S/W) darauf zurück, dass das Höchstgericht vielfach für sein
Erkenntnis kritisiert worden ist. Mehr Transparenz bei der
Urteilsfindung des Gerichtshofs schwebt Todt, ähnlich wie Heidelinde
Reiter (G/S), als taugliches Mittel gegen öffentliche Missstimmung
vor.

Edgar Mayer (V/V) verbat sich, an die FPÖ gewandt, wegen eines
einmaligen Vorfalls den Bericht des Höchstgerichts nicht zur Kenntnis
zu nehmen. "Das ist für niemanden nachzuvollziehbar". Unabhängig
davon prophezeite der ÖVP-Mandatar, die große Zahle an zu erwartenden
Asylverfahren würden beide Gerichtshöfe noch intensiv beschäftigen,
weswegen der geltende Rechtsschutz bei Asylbescheiden zu hinterfragen
sei. "Valide Erfahrungen" der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform liest
Reiter schließlich aus dem VwGH-Bericht heraus, nicht zuletzt, die
Verfahren durch die Entlastung des Höchstgerichts beschleunigt worden
seien. Fortsetzen lassen werde sich diese Entwicklung wohl kaum,
bedauerte sie mit Hinweis auf die kostendämpfenden Maßnahmen im
kommenden Budget.

Erstmals Kunst- und Kulturbericht in einem Band

Auch der Bericht über die österreichische Kulturpolitik und die
Verwendung öffentlicher Mittel für Kunst und Kultur 2015, der heuer
erstmals in einem gemeinsamen Band präsentiert wurde, stand in der
heutigen Bundesratssitzung zur Debatte. Neben einer Auflistung der
wichtigsten geförderten Institutionen werden darin auch die
wesentlichen Förderungsprogramme, die der Bund anbietet, dargestellt
und die Ausgaben im Einzelnen ausgewiesen. Zahlenmäßig waren die
Bundesmittel für Kunst und Kultur 2015 vergleichbar mit jenen
Vorjahrs. Thematisch legten die AutorInnen unter anderem Wert auf die
Herausarbeitung des Genderaspekts der Kunst- und Kulturförderungen.
Das Verhältnis der Förderung von Männern und Frauen sei nach
Abteilungen und Sparten zwar unterschiedlich, zeige sich aber
insgesamt als sehr ausgewogen, besagt der Bericht.

2015 wurden vom Bund Kunst- und Kulturförderungen in der Höhe von
rund 410 Mio. € vergeben. Darin sind auch die Förderungen nach dem
Kunstförderungsgesetz enthalten, diese beliefen sich auf rund 88 Mio.
€. Neben der Stabilisierung der Bundestheater,
Digitalisierungsprojekten und steigenden Besucherzahlen bei
Bundesmuseen und Nationalbibliothek werden unter anderem die
vielfältigen Formen der Förderung des zeitgenössischen Kunst- und
Kulturschaffens und der Gegenwartskunst thematisiert. Die soziale
Absicherung von KünstlerInnen ist ebenfalls im Fokus der
Kulturpolitik. 2015 wird auch als Erfolgsjahr für den
österreichischen Film betrachtet, es gab Neuerungen in der
Literaturförderung, auch der Förderung von Kultur in den Regionen und
von neuen Kunstformen wird entsprechende Bedeutung beigemessen.

Drozda: Bessere Vergleichbarkeit durch LIKUS-Systematik

Kanzleramtsminister Thomas Drozda hob hervor, dass die
Vergleichbarkeit des Budgets durch die aktuelle Umstellung auf die
LIKUS-Systematik wesentlich optimiert wird. LIKUS ist ein
einheitliches kulturstatistisches System, das auch von der Statistik
Austria und den Bundesländern benützt wird, wenn es um Kunst- und
Kulturausgaben geht. Der erstmals gemeinsame Bericht zeige auch, dass
"Kunst und Kultur zusammengehört", so der Minister. Über Verteilung
von Mitteln könne man immer diskutieren, es sei ihm aber jedenfalls
auch ein Anliegen, Schwerpunkte für freie Kunst- und Kulturschaffende
zu setzen. Weiters sei die Transparenzdatenbank in Verhandlung, er
sei optimistisch, dass es bis 2017 zu einer Umsetzung kommen könne.
Dass auch die Bundestheater in Zukunft den "Kulturpass" - der
Menschen mit finanziellen Engpässen Kunst und Kultur ermöglicht -
akzeptieren, hält Minister Drozda grundsätzlich für machbar. Er hofft
diesbezüglich auf einen positiven nächsten Bericht etwaig schon
kommendes Jahr.

Von Rosa Ecker (F/O) wurden die in einer anonymen Anzeige erhobenen
Compliance-Vorwürfe aus der Zeit vor seiner Ministertätigkeit bei den
Vereinigten Bühnen thematisiert. Drozda betonte, er habe sich nichts
vorzuwerfen.

Von Ecker kamen auch Kritikpunkte zum Bericht, unter anderem zur
mangelnden Nachvollziehbarkeit, ob Förderempfänger auch andere
Subventionen bekommen. Sie forderte diesbezüglich, die
Transparenzdatenbank für Kunst und Kultur einzuführen. Ihr
Parteikollege Reinhard Pisec (F/W) bezog sich mit seiner Kritik
hauptsächlich auf den seiner Meinung nach unzureichenden
Denkmalschutz in Wien und forderte, das Bundesdenkmalamt personell
aufzustocken, um für die Erhaltung des kulturellen Erbes die
Entscheidungsträger besser kontrollieren zu können. Begrüßenswert ist
für David Stögmüller (G/O) der gemeinsame Bericht für Kunst und
Kultur und die LIKUS-Systematik. Kritisiert wurde von dem Grünen die
Verteilung der Mittel zugunsten der großen "Kulturtanker", wiewohl er
erkenne, das zumindest der Wille da sei, die Förderungen für
zeitgenössische Kunst zu erhöhen.

Lobend zum Bericht äußerten sich die Koalitionsparteien. Elisabeth
Grimling (S/W) und Rene Pfister (S/N) hoben auch die neue LIKUS-
Systematik und die soziale Unterstützung von in Not geratener
Künstler positiv hervor, und dass speziell der Genderverteilung
Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Für Gregor Hammerl (V/St) zeigt der
Bericht die Vielfalt und Dichte von Kunst und Kultur in Österreich.
Er wünscht sich in seinem Plädoyer für diesen Bereich weiterhin, dass
sowohl der Pflege des kulturellen Erbes als auch dem "Mut, in der
Kunst Neues zu zeigen" entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Der Kunst- und Kulturbericht 2015 wurde vom Bundesrat mehrheitlich
zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Bundesrat) rei/mbu

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

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