- 29.06.2016, 16:11:59
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Bundesrat: Ja zum verbesserten Konsumentenschutz, nein zum Eingriff in nationales Recht
EU-Ausschuss plant Mitteilung zum Verordnungsvorschlag der Kommission
Utl.: EU-Ausschuss plant Mitteilung zum Verordnungsvorschlag der
Kommission =
Wien (PK) - Kritisch bis ablehnend waren heute die Reaktionen im EU-
Ausschuss des Bundesrats auf das Vorhaben der EU-Kommission, die
bestehende grenzüberschreitende Zusammenarbeit der zuständigen
nationalen Behörden zur Durchsetzung des Verbraucherschutzes neu zu
regeln. Die Kommission begründet ihren Vorstoß für den aktuellen
Verordnungsvorschlag damit, dass die derzeit geltenden
diesbezüglichen Bestimmungen (CPC-Verordnung) zwar zu Verbesserungen
geführt hätten, jedoch bestehe weiterhin ein hohes Maß an Verstößen
gegen grundlegende Verbrauchergesetze. Diese beträfen vor allem den
Internet-Handel. Das gehe aus einer 2012 begonnenen externen
Bewertung und aus einer öffentlichen Konsultation hervor.
Während das Sozialministerium weitgehend hinter dem Vorschlag steht,
hagelte es seitens des Wirtschaftsressorts und der Wirtschaftskammer
harte Kritik. Das Vorhaben sei überschießend, greife tief in
nationale Belange ein und trete den Rechtsstaat mit Füßen, so die
Bewertung der Wirtschaft. Auch die Bundesrätinnen und Bundesräte
äußerten teilweise gravierende Bedenken, wobei sie durchaus
Verständnis für einen verbesserten Schutz der KonsumentInnen, vor
allem im Bereich des Internethandels, zeigten. Für Ärger sorgten bei
allen auch die zahlreich ins Auge gefassten delegierten Rechtsakte,
die bei näherer Ausgestaltung der Verordnung das Mitspracherecht der
Mitgliedsländer unterminieren. Man kam daher überein, die Frage
abermals auf die Tagesordnung des nächsten Ausschusses am 13.Juli
2016 zu setzen.
EU-Kommission: Grenzüberschreitender Handel erfordert bessere
Zusammenarbeit der Behörden beim Verbraucherschutz
Die geltende CPC-Verordnung hat ein Netzwerk von Behörden ins Leben
gerufen, die für die Überwachung der Durchsetzung der Gesetze zum
Verbraucherschutz zuständig sind. Sie greift ausschließlich bei
Verstößen, die innerhalb der EU begangen werden, und zielt darauf ab,
die Verletzung von Verbraucherschutzregeln zu vermeiden, falls
VerkäuferInnen und KundInnen in verschiedenen Ländern angesiedelt
sind. Jedes EU-Land benennt die Behörden, die für die Durchsetzung
von Verbraucherschutzgesetzen zuständig sind und sich zu einem
Netzwerk der gegenseitigen Unterstützung zusammenfinden. In jedem
Land stellt eine zentrale Verbindungsstelle die Koordinierung unter
den nationalen Behörden sicher. Das Netzwerk ermöglicht es den
nationalen Behörden, Informationen auszutauschen und mit ihren
KollegInnen in anderen EU-Ländern zusammenzuarbeiten.
Diese Zusammenarbeit bezieht sich auf Verbraucherschutzregelungen,
die eine ganze Reihe von Aspekten abdecken, wie beispielsweise
unlautere Geschäftspraktiken, missbräuchliche Vertragsklauseln,
elektronischer Handel, vergleichende Werbung, Pauschalreisen,
Teilzeitnutzungsrechte, Fernabsatzgeschäfte und Rechte von Reisenden.
Um Verstöße zu unterbinden, die gleichzeitig in mehreren oder allen
EU-Ländern auftreten, ist es den Behörden erlaubt, gemeinsame
Maßnahmen zu ergreifen, wie z. B. sogenannte "Sweep"-Untersuchungen,
die das EU-weite Sichten von Internetseiten eines bestimmten Sektors
(Flugscheine, herunterladbarer digitaler Inhalt usw.) im Rahmen einer
jährlichen Aktion unter Führung der Europäischen Kommission
beinhalten.
Um die grenzüberschreitende Durchsetzung der Verbraucherrechte
effizienter zu gestalten - insbesondere auch im Hinblick auf neue
Herausforderungen im digitalen Bereich -, regt die Kommission eine
Überarbeitung der bestehenden Rechtsvorschriften an. So wird
beispielsweise der Anwendungsbereich ausgedehnt und sämtliche
Passagierrechteverordnungen erfasst. Ebenso sollen die
unionsrechtlichen Vorschriften zu Wohnimmobilienkreditverträgen und
Zahlungskonten von den neuen Bestimmungen berührt sein. Zudem
beabsichtigt man, das Diskriminierungsverbot gemäß der
Dienstleistungsrichtlinie aufzunehmen.
Nun sollen die Behörden weitergehende Mindestbefugnisse erhalten. Das
betrifft Zugangsrechte zu Daten und Dokumenten, die auch durch
Hausdurchsuchungen erzwungen werden können. Erlaubt sein soll auch
Mystery Shopping sowie die Sperre von Webseiten im Fall
betrügerischer Praktiken. Die Behörden sollen zudem Sanktionen,
einschließlich Geldbußen und Zwangsgelder verhängen können.
Unterschiedliche Einschätzung von Sozial-, Wirtschafts- und
Justizministerium
Die Kritik richtete sich vor allem gegen diese Ausdehnung der
Mindestbefugnisse. Geldbußen und Hausdurchsuchungen gehen tief in das
Strafrecht und damit in nationales Recht hinein, merkte etwa
Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) an, der damit das
Subsidiaritätsprinzip verletzt sieht. Die Expertin des
Wirtschaftsministeriums sprach von gravierenden Eingriffen in das
österreichische Behördensystem, womit die Kommission die Grenze weit
überschreite. Das Ganze passe nicht zum heimischen
Vollziehungssystem, die Kommission wolle den Nationalstaaten
Kompetenzen wegnehmen und für sich mehr Machtbefugnisse einräumen,
fasste sie ihre Ablehnung zusammen. Auch das Justizministerium hege
große Bedenken gegen den Vorschlag, sagte sie und zeigte sich zudem
skeptisch, dass man mit dem Vorschlag der Abzocke Herr werde.
Völlige Ablehnung kam auch von der Wirtschaftskammer. Über den Umweg
einer technischen Verordnung würden materiellrechtliche Änderungen
vorgenommen, die nationale Kompetenzen betreffen, sagte der
Wirtschaftsvertreter. Auch er hält es für inakzeptabel, dass die EU-
Kommission in das nationale Strafrecht eingreifen möchte, und ortete
einen Tendenz, dass nur die KosnumentInnen Recht bekommen sollen. Er
warnte davor, dass die Kommission in Zukunft eine Behörde eines
anderen EU-Landes bestimmen könne, in Österreich tätig zu werden.
Selbstverständlich müssten betrügerische Handlungen geahndet werden,
das sei aber Sache der Mitgliedstaaten, betonte er. Außerdem gebe es
einen Unterschied zwischen einer betrügerischen Handlung und einer
kleinen Verletzung einer Informationspflicht. Er widersprach auch dem
Sozialministerium und meinte, für Unternehmen gebe es neue Hürden.
Die Verordnung stelle nämlich nicht nur auf den Internethandel ab.
Die Verhältnismäßigkeit ist seiner Meinung nach nicht gewahrt, der
Rechtsstaat werde mit Füßen getreten.
Ganz anders die Einschätzung der Vertreterin des Sozialministeriums,
die gegenüber der vorgebrachten Kritik in Abrede stellte, dass die
Kommission Durchsetzungsbefugnisse bekomme. Diese bleiben ihr zufolge
bei den nationalen Behörden, die EU-Kommission habe nur eine
Koordinierungsfunktion. Es liege nach wie vor im Ermessen der
Behörde, welche Maßnahmen sie ergreift, warb die Beamtin des
Sozialressorts für die positivere Beurteilung der Vorlage. Sie hält
es für notwendig, gemeinsam gegen grenzüberschreitende
Parallelverstöße vorzugehen. Einzelstaaten hätten keine Handhabe
dagegen.
BundesrätInnen wehren sich gegen Eingriff in nationale Kompetenzen
Verständnis für die Intention der Kommission zeigten Stefan Schennach
(S/W) und Heidelinde Reiter (G/S). Gerade beim Internethandel, der
rasch wachse, ende die Oberhoheit nationaler Behörden, sagte
Schennach. Dennoch hielt er viele Gegenargumente zum Entwurf für
schwerwiegend. Reiter wies darauf hin, dass gerade beim
Internethandel die Verstöße gegen das Verbraucherrecht über 32%
liegen, und das sei "nicht nichts". Sie sieht daher Handlungsbedarf.
Martin Preineder (V/N) zweifelte daran, dass die geplanten Maßnahmen
mehr Rechtssicherheit für die KonsumentInnen bringen. Sicherlich
bringen sie aber eine zusätzliche Belastung der Klein und
Mittelbetriebe, die man so nicht hinnehmen dürfe. Er wandte sich auch
gegen eine Ausweitung der Kompetenzen für die Kommission. Wo
Kriminalität im Spiel ist, sei es notwendig entsprechend vorzugehen,
es gehe aber nicht an, den Rechtsstaat auszuhebeln, meinte Bernhard
Rösch (F/W). Monika Mühlwerth (F/W) brachte die Eigenverantwortung
ins Spiel und warnte davor, die VerbraucherInnen vor sich selbst zu
schützen. BürgerInnen sein auch selbst verantwortlich und mündige
BürgerInnen müssten auch mündige KonsumentInnen sein. Den
Kommissionsvorschlag hält sie daher bei aller Sympathie für den
Verbraucherschutz für überschießend. Derartige Schritte würden die
Menschen nur in ihrer Auffassung bestärken, dass sich die EU in alles
einmischt, anstatt sich um große Dinge zu kümmern. Sie schlug daher
vor, beim nächsten Mal dazu eine Mitteilung zu verabschieden.
(Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan
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