• 29.06.2016, 16:06:34
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KZ-Gedenkstätte Mauthausen wird in Bundesanstalt umgewandelt

Innenausschuss stimmt Regierungsvorschlägen mit S-V-F-T-Mehrheit zu

Utl.: Innenausschuss stimmt Regierungsvorschlägen mit
S-V-F-T-Mehrheit zu =

Wien (PK) - Die KZ-Gedenkstätte Mauthausen wird organisatorisch aus
dem Innenministerium ausgegliedert und in eine gemeinnützige
Bundesanstalt umgewandelt. Der Innenausschuss des Nationalrats hat
heute entsprechenden Regierungsvorschlägen mit breiter Mehrheit seine
Zustimmung erteilt. Ziel ist es, aus der derzeit vorwiegend als
Mahnmal fungierenden Gedenkstätte einen professionellen
Museumsbetrieb mit umfassender Geschichtsvermittlung zu machen. Die
neue Struktur soll mehr Bewegungsspielraum ermöglichen und mehr
Effizienz bringen. Zudem erwartet man sich mehr Zielsicherheit beim
Ressourceneinsatz und Verwaltungsvereinfachungen. Die wirtschaftliche
Kontrolle durch den Bund und die parlamentarische Kontrolle bleiben
jedoch erhalten.

Gegen den Gesetzentwurf (1150 d.B.) stimmten die Grünen und die NEOS.
Sowohl Abgeordneter Harald Walser (G) als auch Abgeordneter Nikolaus
Alm (N) hätten die Einrichtung einer Stiftung bevorzugt. Ihrer
Meinung nach wäre damit die Unabhängigkeit der Gedenkstätte besser
gewährleistet gewesen. Er erkenne an, dass mit der Gesetzesnovelle
etwas Positives bewegt werden solle, sagte Alm, die NEOS hätten sich
aber eine Lösung gewünscht, "die etwas weiter weg ist von der
Realpolitik". Man habe eine große Chance vertan, waren er und Walser
sich einig. Allgemein bedauerte Walser, dass es im Vorfeld der
Ausschusssitzung keine politischen Gespräche gegeben habe, die
Einwände der Grünen sind ihm zufolge bislang ignoriert worden.

Als konkreten Kritikpunkt neben der grundsätzlichen
Organisationsstruktur nannten Walser und Alm die Zusammensetzung des
Kuratoriums, die nach Meinung von Walser einer längst überholten
"Proporzlogik" folgt, bzw., wie Alm monierte, den Sozialpartnern zu
viel Mitbestimmungsmöglichkeiten gibt. Walser hat außerdem kein
Verständnis dafür, dass die Gedenkstätte neben Mauthausen auch noch
einen zweiten Sitz in Wien hat, und vermisst Bestimmungen, die eine
parlamentarische Kontrolle tatsächlich sicherstellen.

Besonders kritisch setzte sich Walser auch mit der Finanzierung
auseinander. Es müsse sichergestellt werden, dass eingenommene
Drittmittel nicht für die Infrastruktur der Gedenkstätte verwendet
werden, forderte er. Dies sei durch die derzeitige Formulierung nicht
gewährleistet. Auch die zugesagte Valorisierung der öffentlichen
Mittel ist ihm zufolge nicht gesetzlich festgeschrieben. Insgesamt
räumte Walser ein, dass sich die Gedenkstätte in den letzten Jahren
trotz chronischer Unterfinanzierung positiv entwickelt habe.

Gedenkstätte erhält erstmals gesetzliche Grundlage

Nicht nachvollziehbar sind die Einwände der beiden
Oppositionsparteien für SPÖ und ÖVP. Abgeordneter Werner Amon (V)
appellierte an Walser, "politische Eitelkeiten" zurückzustellen. Es
sei kleinlich, dass die Grünen nicht bereit seien über ihren Schatten
zu springen, meinte er.

Die gewählte Organisationsform begründete Amon damit, dass sich die
Republik nicht aus ihrer Verantwortung zurückziehen dürfe. Durch die
Regelung in einem Bundesgesetz sei außerdem die parlamentarische
Kontrolle gewährleistet. Die Behauptung, durch die Lukrierung von
Drittmitteln drohe eine Kürzung der öffentlichen Mittel, ist für Amon
"eine bösartige Unterstellung". Dies sei keinesfalls intendiert.

Auch ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl wies darauf hin, dass
die Gedenkstätte Mauthausen nun erstmals eine gesetzliche Grundlage
erhalte. Durch die von der öffentlichen Hand bereitgestellten Mittel
könne nicht nur die Erhaltung der Gedenkstätte, sondern auch ein
regelmäßiger Museumsbetrieb inklusive Forschung finanziert werden.
Gerstl hob in diesem Zusammenhang auch die Bedeutung von
Präventionsarbeit hervor.

Für SPÖ-Abgeordneten Hannes Weninger ist Mauthausen das zentrale
Mahnmal Österreichs für Verbrechen des Nationalsozialismus und für
die Mitverantwortung Österreichs. Er bedankte sich ausdrücklich bei
den vielen engagierten Freiwilligen, die über Generationen hinweg in
Mauthausen wertvolle demokratische Arbeit geleistet haben. Eine
Stiftungslösung hätte sicher ihren Reiz gehabt, meinte Weninger,
vorrangig sei aber, dass es nunmehr eine gesetzliche Grundlage für
die Gedenkstätte gebe. Nichts Negatives kann er an der
Zusatzfinanzierung durch Drittmittel erkennen.

Hinter das Gesetz stellte sich auch Christoph Hagen vom Team
Stronach. Es würden richtige Schritte gesetzt, sagte er.

Sobotka hält Bundesanstalt für bessere Lösung als Stiftung

Innenminister Wolfgang Sobotka äußerte massive Zweifel daran, dass
die Einrichtung einer Stiftung eine bessere Lösung gewesen wäre. Man
habe gute Erfahrungen mit Bundesanstalten gemacht, bekräftigte er.
Außerdem zeige sich bei Stiftungen immer wieder, dass im Laufe der
Zeit von der ursprünglichen Stiftungsidee oft wenig übrig bleibe,
ohne dass man auf die Stiftungsorgane Einfluss nehmen könne. Das
vorliegende Gesetz gebe dem Parlament die Möglichkeit, den Rahmen
klar abzustecken.

"Es ist ein schlankes Gesetz geworden", das versuche, den
Zeiterfordernissen gerecht zu werden, unterstrich Sobotka. Dem
Entwurf seien viele Gespräche vorangegangen. Seiner Ansicht nach hat
Österreich die moralische Verpflichtung, die wirtschaftliche Basis
für die Gedenkstätte zu sichern. Dass im Gesetz auch zusätzliche
Einnahmen durch Drittmitteln vorgesehen seien, sieht Sobotka nicht
als Widerspruch, damit würde die Eigenverantwortung der
Museumsleitung gestärkt. Wichtig ist für ihn die klare Trennung
zwischen kaufmännischer und pädagogisch-didaktischer Verantwortung.

Dass die Gedenkstätte nicht, wie von einigen Seiten gewünscht, den
Namen Mauthausen-Gusen erhält, begründete Sobotka damit, dass es
viele Außenlager von Mauthausen gebe, von Gusen bis Melk, vom
Loiblpass bis Wiener Neustadt. Man wisse nicht einmal, ob man alle
Außenlager kenne. Als sinnvoll erachtet er auch, dass die
Gedenkstätte einen zusätzlichen Sitz in Wien hat, damit sei eine
bessere Anbindung an andere wissenschaftliche Einrichtungen
gewährleistet. Mit der Vertretung mehrerer Ministerium im Kuratorium
bringt die Regierung ihm zufolge ihre Gesamtverantwortung zum
Ausdruck.

Allgemein wies Sobotka darauf hin, dass sich die Gedenkstätte in den
letzten Jahren auch zu einem Ort der wissenschaftlichen
Auseinandersetzung und einem Ort der Kommunikation entwickelt habe.
Sie sei in diesem Sinn für historisches Lernen in Österreich von
großer Bedeutung. Sobotka will die Expertise der Einrichtung auch für
die Ausbildung der Polizei nutzen.

Bundesanstalt wird mit 1. Jänner 2017 eingerichtet

Aufgabe der neuen Bundesanstalt "KZ-Gedenkstätte Mauthausen /
Mauthausen Memorial" ist es unter anderem das Gedenken an die Opfer
des Nationalsozialismus in den Konzentrationslagern Mauthausen und
Gusen sowie deren Außenlagern zu bewahren, Zeugnisse der Geschichte
zu sammeln, die damaligen Geschehnisse einer möglichst breiten
Öffentlichkeit zu vermitteln, wissenschaftliche Forschung zu
betreiben und Überlebende und Angehörige zu betreuen. Auch
Präventionsarbeit gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung und
die Zusammenarbeit mit anderen nationalen und internationalen
Gedenkstätten gehören zum gesetzlichen Aufgabenkatalog. Finanziert
wird die Anstalt aus dem Bundeshaushalt, daneben sind aber auch
eigene Einnahmen, etwa aus Leistungserbringungen, und die Lukrierung
von Drittmittel möglich.

Geleitet wird die Bundesanstalt von einem Direktor, der ebenso wie
ein kaufmännischer und ein pädagogischer Leiter vom Innenminister -
nach Anhörung des 15-köpfigen Kuratoriums - bestellt wird. Diesem
Kuratorium obliegt im Wesentlichen die wirtschaftliche Aufsicht über
die Geschäftsführung. Zudem sind ein wissenschaftlicher Beirat,
bestehend aus fünf bis acht Personen, und ein "Internationaler Beirat
Mauthausen" vorgesehen. Letzterem gehören unter anderem auch
Vertreter von Opferverbänden und Vertreter jener Länder an, deren
Staatsangehörige in Mauthausen bzw. Gusen interniert waren. Auch alle
anerkannten Religionsgemeinschaften und die Interessenvertretungen
können je ein Mitglied in den Internationalen Beirat entsenden. Die
allgemeine Aufsicht über die Bundesanstalt hat das Innenministerium.

Eingerichtet wird die Anstalt mit 1. Jänner 2017, wobei im ersten
Betriebsjahr aus dem Bundeshaushalt 3,83 Mio. € bereitgestellt werden
sollen. Für die Folgejahre geht das Innenministerium von
durchschnittlichen jährlichen Kostensteigerungen von 2,65% aus.
(Schluss Innenausschuss) gs

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